Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Viertes Kapitel. Während Ottomar die schönen Räume verließ, überlegte er, was er dem Freunde von dem empfangenen Eindruck mittheilen sollte. Er wußte nicht, trug er den Frühling oder den Herbst mit sich heim, waren es Träume eines Himmels oder der Aufbau der Hölle! Linde Lüfte, die sein Gemüth durchzogen, machten sich ihm wie physisch empfunden geltend. So kehrte er in seine Pflichtenwelt zurück. Die beiden traulichen Stübchen, die er an einem großen Platze der Stadt bewohnte, gingen, da sie hinterwärts lagen, in eine andere stille Straße hinaus. Edwina verschwand bald wie eine Sternschnuppe an seinem Horizont. Er trug nur Adas Bild im Herzen. Dem Zauber, den sie auf ihn geübt, hatte er Rede stehen müssen! Laß der Blume ihre Schmeichelkunst, höre nicht darauf! Laß Frauenreiz nicht auf dich wirken! hatte ihm einst der Vater beim Abschied auf die Universität gesagt, mit einem ihm unvergeßlichen Blick, der in die Tiefe der Seele ging. Er hatte sich diesen Spruch so Viertes Kapitel. Während Ottomar die schönen Räume verließ, überlegte er, was er dem Freunde von dem empfangenen Eindruck mittheilen sollte. Er wußte nicht, trug er den Frühling oder den Herbst mit sich heim, waren es Träume eines Himmels oder der Aufbau der Hölle! Linde Lüfte, die sein Gemüth durchzogen, machten sich ihm wie physisch empfunden geltend. So kehrte er in seine Pflichtenwelt zurück. Die beiden traulichen Stübchen, die er an einem großen Platze der Stadt bewohnte, gingen, da sie hinterwärts lagen, in eine andere stille Straße hinaus. Edwina verschwand bald wie eine Sternschnuppe an seinem Horizont. Er trug nur Adas Bild im Herzen. Dem Zauber, den sie auf ihn geübt, hatte er Rede stehen müssen! Laß der Blume ihre Schmeichelkunst, höre nicht darauf! Laß Frauenreiz nicht auf dich wirken! hatte ihm einst der Vater beim Abschied auf die Universität gesagt, mit einem ihm unvergeßlichen Blick, der in die Tiefe der Seele ging. Er hatte sich diesen Spruch so <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0103" n="97"/> <div n="1"> <head>Viertes Kapitel.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">W</hi>ährend Ottomar die schönen Räume verließ, überlegte er, was er dem Freunde von dem empfangenen Eindruck mittheilen sollte. Er wußte nicht, trug er den Frühling oder den Herbst mit sich heim, waren es Träume eines Himmels oder der Aufbau der Hölle! Linde Lüfte, die sein Gemüth durchzogen, machten sich ihm wie physisch empfunden geltend. So kehrte er in seine Pflichtenwelt zurück. Die beiden traulichen Stübchen, die er an einem großen Platze der Stadt bewohnte, gingen, da sie hinterwärts lagen, in eine andere stille Straße hinaus. Edwina verschwand bald wie eine Sternschnuppe an seinem Horizont. Er trug nur Adas Bild im Herzen. Dem Zauber, den sie auf ihn geübt, hatte er Rede stehen müssen! Laß der Blume ihre Schmeichelkunst, höre nicht darauf! Laß Frauenreiz nicht auf dich wirken! hatte ihm einst der Vater beim Abschied auf die Universität gesagt, mit einem ihm unvergeßlichen Blick, der in die Tiefe der Seele ging. Er hatte sich diesen Spruch so </p> </div> </body> </text> </TEI> [97/0103]
Viertes Kapitel.
Während Ottomar die schönen Räume verließ, überlegte er, was er dem Freunde von dem empfangenen Eindruck mittheilen sollte. Er wußte nicht, trug er den Frühling oder den Herbst mit sich heim, waren es Träume eines Himmels oder der Aufbau der Hölle! Linde Lüfte, die sein Gemüth durchzogen, machten sich ihm wie physisch empfunden geltend. So kehrte er in seine Pflichtenwelt zurück. Die beiden traulichen Stübchen, die er an einem großen Platze der Stadt bewohnte, gingen, da sie hinterwärts lagen, in eine andere stille Straße hinaus. Edwina verschwand bald wie eine Sternschnuppe an seinem Horizont. Er trug nur Adas Bild im Herzen. Dem Zauber, den sie auf ihn geübt, hatte er Rede stehen müssen! Laß der Blume ihre Schmeichelkunst, höre nicht darauf! Laß Frauenreiz nicht auf dich wirken! hatte ihm einst der Vater beim Abschied auf die Universität gesagt, mit einem ihm unvergeßlichen Blick, der in die Tiefe der Seele ging. Er hatte sich diesen Spruch so
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/103>, abgerufen am 01.04.2023. |