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Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Ist nach Lodi geritten, Euer Gnaden, ich bin...ganz allein zu Hause, setzte er stockend hinzu.

Da war nichts zu machen, als in Ruhe zu warten, bis die Pferde der kaiserlichen Post zurückkommen würden. Wenn nur die Post mitten im Dorfe gewesen wäre, da hätte man vielleicht in dem Cafe eine alte Zeitung und etwas Kaffee gefunden, aber hier in den einsamen Gebäuden, die so schwarz und ohne Leben in der Nacht dalagen! Es war in der That langweilig. Der Postillion von Lodi zog seine Pferde in den Stall, worauf er so wie der Husar und der Stalliere sich plaudernd auf eine Bank vor dem Stallgebäude niederließen.

Selbst die herrliche Nacht vermochte nicht die Ungeduld des Reisenden über dies unangenehme Warten zu beschwichtigen. Vergeblich schlugen die Nachtigallen schmelzender als den ganzen Abend in den dichten Gebüschen, welche Posthalterei und Wohnhaus umgaben, vergeblich funkelten die Sterne so freundlich und beruhigend von dem dunklen Himmel, vergeblich athmete die ganze Natur eine so wohlthuende Stille, summten Insekten aller Art behaglich und glückselig in den Freuden ihres kurzen Sommerdaseins, -- der junge Reisende war ungeduldig und verstimmt, gelangweilt und hätte in diesem Augenblicke viel um eine Konversation mit irgend Jemand gegeben, den er sonst gewiß nicht beachtet. Schon mehrere Mal hatte er die Stallgebäude umschritten und näherte sich jetzt dem einsamen Wohn-

Ist nach Lodi geritten, Euer Gnaden, ich bin...ganz allein zu Hause, setzte er stockend hinzu.

Da war nichts zu machen, als in Ruhe zu warten, bis die Pferde der kaiserlichen Post zurückkommen würden. Wenn nur die Post mitten im Dorfe gewesen wäre, da hätte man vielleicht in dem Cafe eine alte Zeitung und etwas Kaffee gefunden, aber hier in den einsamen Gebäuden, die so schwarz und ohne Leben in der Nacht dalagen! Es war in der That langweilig. Der Postillion von Lodi zog seine Pferde in den Stall, worauf er so wie der Husar und der Stalliere sich plaudernd auf eine Bank vor dem Stallgebäude niederließen.

Selbst die herrliche Nacht vermochte nicht die Ungeduld des Reisenden über dies unangenehme Warten zu beschwichtigen. Vergeblich schlugen die Nachtigallen schmelzender als den ganzen Abend in den dichten Gebüschen, welche Posthalterei und Wohnhaus umgaben, vergeblich funkelten die Sterne so freundlich und beruhigend von dem dunklen Himmel, vergeblich athmete die ganze Natur eine so wohlthuende Stille, summten Insekten aller Art behaglich und glückselig in den Freuden ihres kurzen Sommerdaseins, — der junge Reisende war ungeduldig und verstimmt, gelangweilt und hätte in diesem Augenblicke viel um eine Konversation mit irgend Jemand gegeben, den er sonst gewiß nicht beachtet. Schon mehrere Mal hatte er die Stallgebäude umschritten und näherte sich jetzt dem einsamen Wohn-

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[0020] Ist nach Lodi geritten, Euer Gnaden, ich bin...ganz allein zu Hause, setzte er stockend hinzu. Da war nichts zu machen, als in Ruhe zu warten, bis die Pferde der kaiserlichen Post zurückkommen würden. Wenn nur die Post mitten im Dorfe gewesen wäre, da hätte man vielleicht in dem Cafe eine alte Zeitung und etwas Kaffee gefunden, aber hier in den einsamen Gebäuden, die so schwarz und ohne Leben in der Nacht dalagen! Es war in der That langweilig. Der Postillion von Lodi zog seine Pferde in den Stall, worauf er so wie der Husar und der Stalliere sich plaudernd auf eine Bank vor dem Stallgebäude niederließen. Selbst die herrliche Nacht vermochte nicht die Ungeduld des Reisenden über dies unangenehme Warten zu beschwichtigen. Vergeblich schlugen die Nachtigallen schmelzender als den ganzen Abend in den dichten Gebüschen, welche Posthalterei und Wohnhaus umgaben, vergeblich funkelten die Sterne so freundlich und beruhigend von dem dunklen Himmel, vergeblich athmete die ganze Natur eine so wohlthuende Stille, summten Insekten aller Art behaglich und glückselig in den Freuden ihres kurzen Sommerdaseins, — der junge Reisende war ungeduldig und verstimmt, gelangweilt und hätte in diesem Augenblicke viel um eine Konversation mit irgend Jemand gegeben, den er sonst gewiß nicht beachtet. Schon mehrere Mal hatte er die Stallgebäude umschritten und näherte sich jetzt dem einsamen Wohn-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:37:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:37:05Z)

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Zitationshilfe: Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/20>, abgerufen am 19.04.2024.