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Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1744.

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hatte schon vor dem Athenäus44 angemerket, daß Julos ein Lied sey, wel-
ches der Ceres zu Ehren gesungen würde. Da Athenäus45 dem Ursprunge
dieses Namens nachforschet, so bemerket er, daß man der Ceres den Na-
men Julo gegeben, und die Gersten-Garben Uloi oder Juloi genannt;
daß die Lob-Gesänge, welche dieser Göttin zu Ehren verfertiget waren,
mit beiden Namen beleget würden, und ausserdem noch Demetruloi,
oder Calliuloi hiessen, wie diese Schluß-Zeile zeigt, die in einem Liede
immer wiederholet wurde, und an die Ceres gerichtet ist: [fremdsprachliches Material - 2 Wörter fehlen]
[fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt], schick uns reichlich Gersten.

Von der Philelie des Apollons. Die Philelie, sagt Athenäus,46
war ein Lied, das man dem Apollo zu Ehren sang, wie Telesilla berich-
tet. Es hieß so, wie Casaubon bemerket, von einer eben solchen Schluß-
Zeile: [fremdsprachliches Material - 5 Wörter fehlen] geh auf, geh auf, o liebe Sonne. Der
blosse Name dieses Liedes wird also schon die oft aufgeworfene Frage
entscheiden können: Ob in der alten Fabel Apollo und die Sonne
einerley sey?

Von den Upingen der Diana. So heisset sie Athenäus,47 und er
redet noch immer von blossen Liedern. Sie hatten ihren Namen von
dem Worte Upis, welches ein Beyname der Diana war, und von dem
Callimachus in einem Lob-Gesange, den er der Göttin zu Ehren verfer-
tiget, gebraucht worden ist. [fremdsprachliches Material - 3 Wörter fehlen], sagt er, o Diana!
Königin mit den schönen Augen. Paläphatus48 versichert, daß die
Diana bey den Lacedämoniern so geheissen habe. Virgil und Nonnus49
legen einer von den Gespielinnen und Begleiterinnen der Diana den
Namen Upis bey.

Von den Liedern der Verliebten. Die Liebe lehret uns die Musik
und die Poesie. Dieser Spruch war unter den Griechen sehr bekannt,
und ist bey dem Plutarch50 der Jnhalt einer Tisch-Rede. Die Gründe,
womit er beweisen will, daß diese Leidenschaft uns einen Geschmack am
Singen und Dichten beybringe, schicken sich noch besser für die Lieder,
als für die Musik und Poesie.

Die Liebe, sagt er, belebet, erfreuet und begeistert uns, so wie der
Wein. Jn diesem Zustande hat man eine natürliche Neigung zu sin-
gen, eine musicalische Veränderung der Töne, und ein ordentliches Ton-
Maaß in seine Rede zu bringen. Ausserdem, sagt er ferner, brauchen
wir auch, wenn wir lieben, eine verblümte und abgemessene Sprache,
um dadurch dasjenige, was man saget, zu erheben, so wie man das
Gold zur Ausschmückung der Bild-Säulen braucht. Wenn man von

dem
44 Athen. lib. XIV. c. 3.
45 Athen. loc. cit.
46 Idem.
47 Idem.
48 Palaephatus Lib. II.
49 Nonnus Dionys. Lib. XLVIII.
50 Plutarch. Amator. & Sympos. L. I.
Qu. 5.

hatte ſchon vor dem Athenaͤus44 angemerket, daß Julos ein Lied ſey, wel-
ches der Ceres zu Ehren geſungen wuͤrde. Da Athenaͤus45 dem Urſprunge
dieſes Namens nachforſchet, ſo bemerket er, daß man der Ceres den Na-
men Julo gegeben, und die Gerſten-Garben Uloi oder Juloi genannt;
daß die Lob-Geſaͤnge, welche dieſer Goͤttin zu Ehren verfertiget waren,
mit beiden Namen beleget wuͤrden, und auſſerdem noch Demetruloi,
oder Calliuloi hieſſen, wie dieſe Schluß-Zeile zeigt, die in einem Liede
immer wiederholet wurde, und an die Ceres gerichtet iſt: [fremdsprachliches Material – 2 Wörter fehlen]
[fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt], ſchick uns reichlich Gerſten.

Von der Philelie des Apollons. Die Philelie, ſagt Athenaͤus,46
war ein Lied, das man dem Apollo zu Ehren ſang, wie Teleſilla berich-
tet. Es hieß ſo, wie Caſaubon bemerket, von einer eben ſolchen Schluß-
Zeile: [fremdsprachliches Material – 5 Wörter fehlen] geh auf, geh auf, o liebe Sonne. Der
bloſſe Name dieſes Liedes wird alſo ſchon die oft aufgeworfene Frage
entſcheiden koͤnnen: Ob in der alten Fabel Apollo und die Sonne
einerley ſey?

Von den Upingen der Diana. So heiſſet ſie Athenaͤus,47 und er
redet noch immer von bloſſen Liedern. Sie hatten ihren Namen von
dem Worte Upis, welches ein Beyname der Diana war, und von dem
Callimachus in einem Lob-Geſange, den er der Goͤttin zu Ehren verfer-
tiget, gebraucht worden iſt. [fremdsprachliches Material – 3 Wörter fehlen], ſagt er, o Diana!
Koͤnigin mit den ſchoͤnen Augen. Palaͤphatus48 verſichert, daß die
Diana bey den Lacedaͤmoniern ſo geheiſſen habe. Virgil und Nonnus49
legen einer von den Geſpielinnen und Begleiterinnen der Diana den
Namen Upis bey.

Von den Liedern der Verliebten. Die Liebe lehret uns die Muſik
und die Poeſie. Dieſer Spruch war unter den Griechen ſehr bekannt,
und iſt bey dem Plutarch50 der Jnhalt einer Tiſch-Rede. Die Gruͤnde,
womit er beweiſen will, daß dieſe Leidenſchaft uns einen Geſchmack am
Singen und Dichten beybringe, ſchicken ſich noch beſſer fuͤr die Lieder,
als fuͤr die Muſik und Poeſie.

Die Liebe, ſagt er, belebet, erfreuet und begeiſtert uns, ſo wie der
Wein. Jn dieſem Zuſtande hat man eine natuͤrliche Neigung zu ſin-
gen, eine muſicaliſche Veraͤnderung der Toͤne, und ein ordentliches Ton-
Maaß in ſeine Rede zu bringen. Auſſerdem, ſagt er ferner, brauchen
wir auch, wenn wir lieben, eine verbluͤmte und abgemeſſene Sprache,
um dadurch dasjenige, was man ſaget, zu erheben, ſo wie man das
Gold zur Ausſchmuͤckung der Bild-Saͤulen braucht. Wenn man von

dem
44 Athen. lib. XIV. c. 3.
45 Athen. loc. cit.
46 Idem.
47 Idem.
48 Palæphatus Lib. II.
49 Nonnus Dionyſ. Lib. XLVIII.
50 Plutarch. Amator. & Sympoſ. L. I.
Qu. 5.
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[36/0046] hatte ſchon vor dem Athenaͤus 44 angemerket, daß Julos ein Lied ſey, wel- ches der Ceres zu Ehren geſungen wuͤrde. Da Athenaͤus 45 dem Urſprunge dieſes Namens nachforſchet, ſo bemerket er, daß man der Ceres den Na- men Julo gegeben, und die Gerſten-Garben Uloi oder Juloi genannt; daß die Lob-Geſaͤnge, welche dieſer Goͤttin zu Ehren verfertiget waren, mit beiden Namen beleget wuͤrden, und auſſerdem noch Demetruloi, oder Calliuloi hieſſen, wie dieſe Schluß-Zeile zeigt, die in einem Liede immer wiederholet wurde, und an die Ceres gerichtet iſt: __ _, ſchick uns reichlich Gerſten. Von der Philelie des Apollons. Die Philelie, ſagt Athenaͤus, 46 war ein Lied, das man dem Apollo zu Ehren ſang, wie Teleſilla berich- tet. Es hieß ſo, wie Caſaubon bemerket, von einer eben ſolchen Schluß- Zeile: _____ geh auf, geh auf, o liebe Sonne. Der bloſſe Name dieſes Liedes wird alſo ſchon die oft aufgeworfene Frage entſcheiden koͤnnen: Ob in der alten Fabel Apollo und die Sonne einerley ſey? Von den Upingen der Diana. So heiſſet ſie Athenaͤus, 47 und er redet noch immer von bloſſen Liedern. Sie hatten ihren Namen von dem Worte Upis, welches ein Beyname der Diana war, und von dem Callimachus in einem Lob-Geſange, den er der Goͤttin zu Ehren verfer- tiget, gebraucht worden iſt. ___, ſagt er, o Diana! Koͤnigin mit den ſchoͤnen Augen. Palaͤphatus 48 verſichert, daß die Diana bey den Lacedaͤmoniern ſo geheiſſen habe. Virgil und Nonnus 49 legen einer von den Geſpielinnen und Begleiterinnen der Diana den Namen Upis bey. Von den Liedern der Verliebten. Die Liebe lehret uns die Muſik und die Poeſie. Dieſer Spruch war unter den Griechen ſehr bekannt, und iſt bey dem Plutarch 50 der Jnhalt einer Tiſch-Rede. Die Gruͤnde, womit er beweiſen will, daß dieſe Leidenſchaft uns einen Geſchmack am Singen und Dichten beybringe, ſchicken ſich noch beſſer fuͤr die Lieder, als fuͤr die Muſik und Poeſie. Die Liebe, ſagt er, belebet, erfreuet und begeiſtert uns, ſo wie der Wein. Jn dieſem Zuſtande hat man eine natuͤrliche Neigung zu ſin- gen, eine muſicaliſche Veraͤnderung der Toͤne, und ein ordentliches Ton- Maaß in ſeine Rede zu bringen. Auſſerdem, ſagt er ferner, brauchen wir auch, wenn wir lieben, eine verbluͤmte und abgemeſſene Sprache, um dadurch dasjenige, was man ſaget, zu erheben, ſo wie man das Gold zur Ausſchmuͤckung der Bild-Saͤulen braucht. Wenn man von dem 44 Athen. lib. XIV. c. 3. 45 Athen. loc. cit. 46 Idem. 47 Idem. 48 Palæphatus Lib. II. 49 Nonnus Dionyſ. Lib. XLVIII. 50 Plutarch. Amator. & Sympoſ. L. I. Qu. 5.

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Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1744, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung02_1744/46>, abgerufen am 24.04.2024.