Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
Thierische Bewegung. XI. Buch.

Wenn man einer Biene den Stachel ausreist, so be-
mühet sich dieser noch, von den Muskelfasern gereizt, in
die Haut einzudringen (a), und es bewegt sich noch der
Schnekkenrüssel der Sommervögel, wenn man ihn vom
Kopfe trennt, drei oder vier Stunden lang (b).

Man kann auch die verwundernswürdige Bewegung
der Saamenfasern an den Needhamischen Polipen
hieherziehen, welche noch lange nach dem Tode fortfähret,
und die sich wieder von neuem erwekken läst (c). Man
siehet, wie sich die Reizbarkeit an dem abgeschnittnen
Fusse der Schnekke ohne Haus äussert (d). Es ist an
den Eidechsen schon was altes, daß sie sich, wenn man
sie in Stükke zerschneidet, 12 bis 15 Stunden noch regen
(e), welches auch von den Nattern oder Schlangen gilt
(f). Ein aalförmig Thierchen (Wasseraal) (g) läst sich
ebenfalls zerstükken, ohne die Bewegung zu verlieren, wie
man auch, nach des berümten Abraham Trembley Ver-
suchen, von dem Polipus dieses überall eingesteht. Eben
dieses Vorrecht genissen, wenigstens eine Stunde lang,
auch die Aale (h).

Es bewegen sich auch die, so gar aus warmen Thie-
ren, herausgerissene Gedärme (i) noch mit ziemlicher Leb-
haftigkeit, und zwar noch heftiger als im Körper selbst (k).
Jch habe diesen Versuch bis dahin erweitert, daß ich aus
einem Thiere von warmen Blute, das Gedärme heraus-
gezogen, und darauf in vier Theile zerschnitten. Es kro-
chen in dieser Gestalt noch alle Theile wie Würmer und

von
(a) [Spaltenumbruch] SWAMMERDAM
p.
464.
(b) de GEER. p. 77.
(c) Microscop. obs.
(d) ANDREAE. p. 5.
(e) LABAT. voy. d'Ital. T.
V. p.
230.
(f) An der geringelten Natter,
siehe WOODWARD pag 82.
An einer zerschnittnen Blindschlei-
[Spaltenumbruch] che zween Tage lang, ANDREAE
pag.
5.
(g) Der berümte SCHAEFFER
vom Wasseraale, p. 87.
(h) ANDREAE. pag. 4.
(i) WOODWARD. p. 80.
Experim. nostra, 412. 459. T. IV.
Exp. 3. BROKLENSBY. p.
227.
(k) FELIX n. 11.
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

Wenn man einer Biene den Stachel ausreiſt, ſo be-
muͤhet ſich dieſer noch, von den Muſkelfaſern gereizt, in
die Haut einzudringen (a), und es bewegt ſich noch der
Schnekkenruͤſſel der Sommervoͤgel, wenn man ihn vom
Kopfe trennt, drei oder vier Stunden lang (b).

Man kann auch die verwundernswuͤrdige Bewegung
der Saamenfaſern an den Needhamiſchen Polipen
hieherziehen, welche noch lange nach dem Tode fortfaͤhret,
und die ſich wieder von neuem erwekken laͤſt (c). Man
ſiehet, wie ſich die Reizbarkeit an dem abgeſchnittnen
Fuſſe der Schnekke ohne Haus aͤuſſert (d). Es iſt an
den Eidechſen ſchon was altes, daß ſie ſich, wenn man
ſie in Stuͤkke zerſchneidet, 12 bis 15 Stunden noch regen
(e), welches auch von den Nattern oder Schlangen gilt
(f). Ein aalfoͤrmig Thierchen (Waſſeraal) (g) laͤſt ſich
ebenfalls zerſtuͤkken, ohne die Bewegung zu verlieren, wie
man auch, nach des beruͤmten Abraham Trembley Ver-
ſuchen, von dem Polipus dieſes uͤberall eingeſteht. Eben
dieſes Vorrecht geniſſen, wenigſtens eine Stunde lang,
auch die Aale (h).

Es bewegen ſich auch die, ſo gar aus warmen Thie-
ren, herausgeriſſene Gedaͤrme (i) noch mit ziemlicher Leb-
haftigkeit, und zwar noch heftiger als im Koͤrper ſelbſt (k).
Jch habe dieſen Verſuch bis dahin erweitert, daß ich aus
einem Thiere von warmen Blute, das Gedaͤrme heraus-
gezogen, und darauf in vier Theile zerſchnitten. Es kro-
chen in dieſer Geſtalt noch alle Theile wie Wuͤrmer und

von
(a) [Spaltenumbruch] SWAMMERDAM
p.
464.
(b) de GEER. p. 77.
(c) Microſcop. obſ.
(d) ANDREÆ. p. 5.
(e) LABAT. voy. d’Ital. T.
V. p.
230.
(f) An der geringelten Natter,
ſiehe WOODWARD pag 82.
An einer zerſchnittnen Blindſchlei-
[Spaltenumbruch] che zween Tage lang, ANDREÆ
pag.
5.
(g) Der beruͤmte SCHÆFFER
vom Waſſeraale, p. 87.
(h) ANDREÆ. pag. 4.
(i) WOODWARD. p. 80.
Experim. noſtra, 412. 459. T. IV.
Exp. 3. BROKLENSBY. p.
227.
(k) FELIX n. 11.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0038" n="20"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Thieri&#x017F;che Bewegung. <hi rendition="#aq">XI.</hi> Buch.</hi> </fw><lb/>
          <p>Wenn man einer Biene den Stachel ausrei&#x017F;t, &#x017F;o be-<lb/>
mu&#x0364;het &#x017F;ich die&#x017F;er noch, von den Mu&#x017F;kelfa&#x017F;ern gereizt, in<lb/>
die Haut einzudringen <note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SWAMMERDAM</hi><lb/>
p.</hi> 464.</note>, und es bewegt &#x017F;ich noch der<lb/>
Schnekkenru&#x0364;&#x017F;&#x017F;el der Sommervo&#x0364;gel, wenn man ihn vom<lb/>
Kopfe trennt, drei oder vier Stunden lang <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">de</hi> GEER.</hi> p.</hi> 77.</note>.</p><lb/>
          <p>Man kann auch die verwundernswu&#x0364;rdige Bewegung<lb/>
der Saamenfa&#x017F;ern an den <hi rendition="#fr">Needhami&#x017F;chen</hi> Polipen<lb/>
hieherziehen, welche noch lange nach dem Tode fortfa&#x0364;hret,<lb/>
und die &#x017F;ich wieder von neuem erwekken la&#x0364;&#x017F;t <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Micro&#x017F;cop. ob&#x017F;.</hi></note>. Man<lb/>
&#x017F;iehet, wie &#x017F;ich die Reizbarkeit an dem abge&#x017F;chnittnen<lb/>
Fu&#x017F;&#x017F;e der Schnekke ohne Haus a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ert <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ANDREÆ.</hi> p.</hi> 5.</note>. Es i&#x017F;t an<lb/>
den Eidech&#x017F;en &#x017F;chon was altes, daß &#x017F;ie &#x017F;ich, wenn man<lb/>
&#x017F;ie in Stu&#x0364;kke zer&#x017F;chneidet, 12 bis 15 Stunden noch regen<lb/><note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">LABAT.</hi> voy. d&#x2019;Ital. T.<lb/>
V. p.</hi> 230.</note>, welches auch von den Nattern oder Schlangen gilt<lb/><note place="foot" n="(f)">An der geringelten Natter,<lb/>
&#x017F;iehe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">WOODWARD</hi> pag</hi> 82.<lb/>
An einer zer&#x017F;chnittnen Blind&#x017F;chlei-<lb/><cb/>
che zween Tage lang, <hi rendition="#aq">ANDREÆ<lb/>
pag.</hi> 5.</note>. Ein aalfo&#x0364;rmig Thierchen (Wa&#x017F;&#x017F;eraal) <note place="foot" n="(g)">Der beru&#x0364;mte <hi rendition="#aq">SCHÆFFER</hi><lb/>
vom Wa&#x017F;&#x017F;eraale, <hi rendition="#aq">p.</hi> 87.</note> la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich<lb/>
ebenfalls zer&#x017F;tu&#x0364;kken, ohne die Bewegung zu verlieren, wie<lb/>
man auch, nach des beru&#x0364;mten Abraham <hi rendition="#fr">Trembley</hi> Ver-<lb/>
&#x017F;uchen, von dem Polipus die&#x017F;es u&#x0364;berall einge&#x017F;teht. Eben<lb/>
die&#x017F;es Vorrecht geni&#x017F;&#x017F;en, wenig&#x017F;tens eine Stunde lang,<lb/>
auch die Aale <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ANDREÆ.</hi> pag.</hi> 4.</note>.</p><lb/>
          <p>Es bewegen &#x017F;ich auch die, &#x017F;o gar aus warmen Thie-<lb/>
ren, herausgeri&#x017F;&#x017F;ene Geda&#x0364;rme <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">WOODWARD.</hi> p. 80.<lb/>
Experim. no&#x017F;tra, 412. 459. T. IV.<lb/>
Exp. 3. BROKLENSBY. p.</hi> 227.</note> noch mit ziemlicher Leb-<lb/>
haftigkeit, und zwar noch heftiger als im Ko&#x0364;rper &#x017F;elb&#x017F;t <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">FELIX</hi> n.</hi> 11.</note>.<lb/>
Jch habe die&#x017F;en Ver&#x017F;uch bis dahin erweitert, daß ich aus<lb/>
einem Thiere von warmen Blute, das Geda&#x0364;rme heraus-<lb/>
gezogen, und darauf in vier Theile zer&#x017F;chnitten. Es kro-<lb/>
chen in die&#x017F;er Ge&#x017F;talt noch alle Theile wie Wu&#x0364;rmer und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0038] Thieriſche Bewegung. XI. Buch. Wenn man einer Biene den Stachel ausreiſt, ſo be- muͤhet ſich dieſer noch, von den Muſkelfaſern gereizt, in die Haut einzudringen (a), und es bewegt ſich noch der Schnekkenruͤſſel der Sommervoͤgel, wenn man ihn vom Kopfe trennt, drei oder vier Stunden lang (b). Man kann auch die verwundernswuͤrdige Bewegung der Saamenfaſern an den Needhamiſchen Polipen hieherziehen, welche noch lange nach dem Tode fortfaͤhret, und die ſich wieder von neuem erwekken laͤſt (c). Man ſiehet, wie ſich die Reizbarkeit an dem abgeſchnittnen Fuſſe der Schnekke ohne Haus aͤuſſert (d). Es iſt an den Eidechſen ſchon was altes, daß ſie ſich, wenn man ſie in Stuͤkke zerſchneidet, 12 bis 15 Stunden noch regen (e), welches auch von den Nattern oder Schlangen gilt (f). Ein aalfoͤrmig Thierchen (Waſſeraal) (g) laͤſt ſich ebenfalls zerſtuͤkken, ohne die Bewegung zu verlieren, wie man auch, nach des beruͤmten Abraham Trembley Ver- ſuchen, von dem Polipus dieſes uͤberall eingeſteht. Eben dieſes Vorrecht geniſſen, wenigſtens eine Stunde lang, auch die Aale (h). Es bewegen ſich auch die, ſo gar aus warmen Thie- ren, herausgeriſſene Gedaͤrme (i) noch mit ziemlicher Leb- haftigkeit, und zwar noch heftiger als im Koͤrper ſelbſt (k). Jch habe dieſen Verſuch bis dahin erweitert, daß ich aus einem Thiere von warmen Blute, das Gedaͤrme heraus- gezogen, und darauf in vier Theile zerſchnitten. Es kro- chen in dieſer Geſtalt noch alle Theile wie Wuͤrmer und von (a) SWAMMERDAM p. 464. (b) de GEER. p. 77. (c) Microſcop. obſ. (d) ANDREÆ. p. 5. (e) LABAT. voy. d’Ital. T. V. p. 230. (f) An der geringelten Natter, ſiehe WOODWARD pag 82. An einer zerſchnittnen Blindſchlei- che zween Tage lang, ANDREÆ pag. 5. (g) Der beruͤmte SCHÆFFER vom Waſſeraale, p. 87. (h) ANDREÆ. pag. 4. (i) WOODWARD. p. 80. Experim. noſtra, 412. 459. T. IV. Exp. 3. BROKLENSBY. p. 227. (k) FELIX n. 11.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/38
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/38>, abgerufen am 28.03.2024.