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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 1. Konrad II. (1024-1039).
standes hinwies. Wissen wir auch nur von der trefflichen Besetzung
seiner Hofämter, die er gleich nach seiner Krönung vornahm, so
wird er weiterhin schwerlich an der sonstigen Reichsdienstmannschaft
achtlos vorbeigegangen sein1), um so weniger, als er ihrer zur Ver-
waltung des wachsenden Reichsgutes dringend bedurfte. Denn die
Zeit der Verluste war vorbei. Die kühle Haltung Konrads der
Kirche gegenüber fand in einer auffälligen Abnahme der Schenkungen
von Reichsgut an sie ihren bezeichnenden Ausdruck. Nur für zwei
bedeutendere Stiftungen, die dem Ruhme seines Hauses dienen
sollten, stellte er die Mittel bereit, für das noch als Ruine durch
seine gewaltigen Verhältnisse eindrucksvolle salische Familienkloster
Limburg a. Haardt und für die Grabeskirche der deutschen Könige,
den nach großartigem Entwurfe von ihm begründeten Speyrer Dom.
Im übrigen wußte er durch Rückgewinnungen und Neuerwerbungen
in allen Herzogtümern das Reichsgut ansehnlich zu mehren und
so auch nach dieser Seite hin die Machtgrundlage des deutschen
Königstums auszudehnen.

Die im Innern gesammelte Kraft wirkte alsbald nach außen.
Auf dem von seinem Vorgänger in vieljährigen Mühen neu ge-
festigten Grunde hob Konrad das Kaiserreich wieder zu stolzem
Ansehen ringsum bei den Völkern. Nach zwei Seiten hin glaubte
er den Frieden durch kluges Entgegenkommen sichern zu sollen.
An Ungarn wurde nach einem unglücklichen Feldzuge in einem
von dem Thronfolger Heinrich abgeschlossenen Vertrage (1031)
ein Grenzstreif zwischen Donau, Fischa und Leitha abgetreten. Mit
dem gewaltigen Herrscher des Nordens Kanud dem Großen, der
zu seinem dänischen und englischen Reiche Norwegen (1028) und
Schottland (1031) gewann und seinen Einfluß auch auf die süd-
liche Ostseeküste ausdehnte, schloß Konrad engste Freundschaft,
indem er Kanuds Tochter seinem Sohne verband und die deutschen
Gebietsansprüche auf die Eidergrenze beschränkte.2) Hätte er vor-
aussehen können, daß die dänische Großmachtstellung bald nach
dem unverhofften Tode Kanuds (1035) zusammenbrechen würde,
so hätte er sich vielleicht spröder gezeigt. Indes auch so war der
auf Kosten schwer durchzuführender Ansprüche gesicherte Friede
in der Folgezeit von hoher Bedeutung für das Vordringen deutschen
Einflusses in Mission und Handelsverkehr.

1) In dieser Einschränkung wird wohl die Auffassung von Nitzsch, die
Bresslau in ihrer Bestimmtheit und allgemeinen Fassung ablehnt, festgehalten
werden dürfen.
2) So wird man nach den Ausführungen von Steenstrup (Danmarks
Sydgraense etc., Einlad.-schrift zu Königs Geburtstag, Kopenh. 1900) wohl
richtiger sagen müssen, als von der Abtretung einer damals wirklich noch im
deutschen Besitz befindlichen Mark zwischen Eider und Schlei zu sprechen.

§ 1. Konrad II. (1024‒1039).
standes hinwies. Wissen wir auch nur von der trefflichen Besetzung
seiner Hofämter, die er gleich nach seiner Krönung vornahm, so
wird er weiterhin schwerlich an der sonstigen Reichsdienstmannschaft
achtlos vorbeigegangen sein1), um so weniger, als er ihrer zur Ver-
waltung des wachsenden Reichsgutes dringend bedurfte. Denn die
Zeit der Verluste war vorbei. Die kühle Haltung Konrads der
Kirche gegenüber fand in einer auffälligen Abnahme der Schenkungen
von Reichsgut an sie ihren bezeichnenden Ausdruck. Nur für zwei
bedeutendere Stiftungen, die dem Ruhme seines Hauses dienen
sollten, stellte er die Mittel bereit, für das noch als Ruine durch
seine gewaltigen Verhältnisse eindrucksvolle salische Familienkloster
Limburg a. Haardt und für die Grabeskirche der deutschen Könige,
den nach großartigem Entwurfe von ihm begründeten Speyrer Dom.
Im übrigen wußte er durch Rückgewinnungen und Neuerwerbungen
in allen Herzogtümern das Reichsgut ansehnlich zu mehren und
so auch nach dieser Seite hin die Machtgrundlage des deutschen
Königstums auszudehnen.

Die im Innern gesammelte Kraft wirkte alsbald nach außen.
Auf dem von seinem Vorgänger in vieljährigen Mühen neu ge-
festigten Grunde hob Konrad das Kaiserreich wieder zu stolzem
Ansehen ringsum bei den Völkern. Nach zwei Seiten hin glaubte
er den Frieden durch kluges Entgegenkommen sichern zu sollen.
An Ungarn wurde nach einem unglücklichen Feldzuge in einem
von dem Thronfolger Heinrich abgeschlossenen Vertrage (1031)
ein Grenzstreif zwischen Donau, Fischa und Leitha abgetreten. Mit
dem gewaltigen Herrscher des Nordens Kanud dem Großen, der
zu seinem dänischen und englischen Reiche Norwegen (1028) und
Schottland (1031) gewann und seinen Einfluß auch auf die süd-
liche Ostseeküste ausdehnte, schloß Konrad engste Freundschaft,
indem er Kanuds Tochter seinem Sohne verband und die deutschen
Gebietsansprüche auf die Eidergrenze beschränkte.2) Hätte er vor-
aussehen können, daß die dänische Großmachtstellung bald nach
dem unverhofften Tode Kanuds (1035) zusammenbrechen würde,
so hätte er sich vielleicht spröder gezeigt. Indes auch so war der
auf Kosten schwer durchzuführender Ansprüche gesicherte Friede
in der Folgezeit von hoher Bedeutung für das Vordringen deutschen
Einflusses in Mission und Handelsverkehr.

1) In dieser Einschränkung wird wohl die Auffassung von Nitzsch, die
Bresslau in ihrer Bestimmtheit und allgemeinen Fassung ablehnt, festgehalten
werden dürfen.
2) So wird man nach den Ausführungen von Steenstrup (Danmarks
Sydgraense etc., Einlad.-schrift zu Königs Geburtstag, Kopenh. 1900) wohl
richtiger sagen müssen, als von der Abtretung einer damals wirklich noch im
deutschen Besitz befindlichen Mark zwischen Eider und Schlei zu sprechen.
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[11/0019] § 1. Konrad II. (1024‒1039). standes hinwies. Wissen wir auch nur von der trefflichen Besetzung seiner Hofämter, die er gleich nach seiner Krönung vornahm, so wird er weiterhin schwerlich an der sonstigen Reichsdienstmannschaft achtlos vorbeigegangen sein 1), um so weniger, als er ihrer zur Ver- waltung des wachsenden Reichsgutes dringend bedurfte. Denn die Zeit der Verluste war vorbei. Die kühle Haltung Konrads der Kirche gegenüber fand in einer auffälligen Abnahme der Schenkungen von Reichsgut an sie ihren bezeichnenden Ausdruck. Nur für zwei bedeutendere Stiftungen, die dem Ruhme seines Hauses dienen sollten, stellte er die Mittel bereit, für das noch als Ruine durch seine gewaltigen Verhältnisse eindrucksvolle salische Familienkloster Limburg a. Haardt und für die Grabeskirche der deutschen Könige, den nach großartigem Entwurfe von ihm begründeten Speyrer Dom. Im übrigen wußte er durch Rückgewinnungen und Neuerwerbungen in allen Herzogtümern das Reichsgut ansehnlich zu mehren und so auch nach dieser Seite hin die Machtgrundlage des deutschen Königstums auszudehnen. Die im Innern gesammelte Kraft wirkte alsbald nach außen. Auf dem von seinem Vorgänger in vieljährigen Mühen neu ge- festigten Grunde hob Konrad das Kaiserreich wieder zu stolzem Ansehen ringsum bei den Völkern. Nach zwei Seiten hin glaubte er den Frieden durch kluges Entgegenkommen sichern zu sollen. An Ungarn wurde nach einem unglücklichen Feldzuge in einem von dem Thronfolger Heinrich abgeschlossenen Vertrage (1031) ein Grenzstreif zwischen Donau, Fischa und Leitha abgetreten. Mit dem gewaltigen Herrscher des Nordens Kanud dem Großen, der zu seinem dänischen und englischen Reiche Norwegen (1028) und Schottland (1031) gewann und seinen Einfluß auch auf die süd- liche Ostseeküste ausdehnte, schloß Konrad engste Freundschaft, indem er Kanuds Tochter seinem Sohne verband und die deutschen Gebietsansprüche auf die Eidergrenze beschränkte. 2) Hätte er vor- aussehen können, daß die dänische Großmachtstellung bald nach dem unverhofften Tode Kanuds (1035) zusammenbrechen würde, so hätte er sich vielleicht spröder gezeigt. Indes auch so war der auf Kosten schwer durchzuführender Ansprüche gesicherte Friede in der Folgezeit von hoher Bedeutung für das Vordringen deutschen Einflusses in Mission und Handelsverkehr. 1) In dieser Einschränkung wird wohl die Auffassung von Nitzsch, die Bresslau in ihrer Bestimmtheit und allgemeinen Fassung ablehnt, festgehalten werden dürfen. 2) So wird man nach den Ausführungen von Steenstrup (Danmarks Sydgraense etc., Einlad.-schrift zu Königs Geburtstag, Kopenh. 1900) wohl richtiger sagen müssen, als von der Abtretung einer damals wirklich noch im deutschen Besitz befindlichen Mark zwischen Eider und Schlei zu sprechen.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/19>, abgerufen am 16.04.2024.