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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 2. Heinrich III. (1039-1056).
er überdies die Ämter eines Herzogs von Spoleto und Markgrafen
von Fermo mit seiner kirchlichen Würde vereinigte und so in
Mittelitalien eine bedeutende Machtstellung einnahm, so war das
allerdings ein rein persönlicher Vertrauensposten im Dienste des
Kaisers, jedoch für zukünftige Ansprüche vielleicht nicht ganz unbe-
denklich.

Immerhin zeigten diese letzten Vorgänge, daß Heinrich die
Zügel noch in der Hand hatte. Die Reichskirche hielt er nach
wie vor in straffer Abhängigkeit, durch das Einsetzungsrecht
vermochte er in kurzen Zwischenräumen stets seinen Einfluß auf
das Papsttum zu erneuern. So lange er lebte, drohte von dieser
Seite kaum eine unmittelbare Gefahr. Aber er hat das Papsttum
doch zur Macht gehoben; noch wuchs es ihm nicht über den Kopf,
aber doch bis zur Schulterhöhe, und einen kindlichen Nachfolger
mußte es bereits überragen. Allzusehr durchdrungen von der Har-
monie zwischen Kaisertum und Papsttum und allzu zukunftsicher,
hat Heinrich III. in seiner Kirchenpolitik doch ein gefährliches
Spiel gespielt. Durch seinen unzeitigen Tod ging es zum Verhängnis
Deutschlands verloren!

Auch für seine sonstige innere Politik bildete das Verhältnis
zur Kirche den Angelpunkt. Die Vergabungen an sie waren nach
dem Stillstande unter Konrad II. aufs neue im Wachsen; die deutschen
Bischöfe waren wieder die hauptsächlichen Vertrauensmänner und
Verwaltungsbeamten der Regierung. Wie, wenn die Reformer ein-
mal diese Doppelstellung als unkanonisch verwerfen würden? War
alsdann für andre Stützen der Reichsverwaltung gesorgt? Man kann
kaum sagen, daß Heinrich die väterliche Politik nach dieser Rich-
tung hin sorgsam weiter gepflegt habe. Das Emporsteigen des
Ministerialenstandes und das Aufblühen der westdeutschen Städte
setzte sich zwar ohne viel Zutun von oben fort. Auf die Mehrung
des unmittelbaren königlichen Besitzes aber verwendete Heinrich
bei weitem nicht die stete Sorgfalt des Vaters. Durch den Ver-
zicht auf die simonistischen Abgaben der Geistlichen sah er sich
gezwungen, die weltlichen Reichsbeamten und Lehensträger bei ihrer
Einsetzung zu ähnlichen Zahlungen heranzuziehen, die ihm dann
wohl den Vorwurf der Habsucht eintrugen. Überhaupt war das
ganze kirchenfreundliche Regiment wenig nach dem Sinne des Laien-
adels, den sich Konrad II. diesseits und jenseits der Alpen eng zu
verbinden gesucht hatte. Die Unzufriedenheit dieser Kreise wuchs
in allen Teilen des Reiches. Im Anfang war nun freilich Hein-
richs Machtstellung überwältigend. Aber die drei heimgefallenen
Herzogtümer Bayern, Schwaben und Kärnthen gab er noch in den
vierziger Jahren aus der Hand. Bei dem weitausgedehnten Pflichten-

§ 2. Heinrich III. (1039‒1056).
er überdies die Ämter eines Herzogs von Spoleto und Markgrafen
von Fermo mit seiner kirchlichen Würde vereinigte und so in
Mittelitalien eine bedeutende Machtstellung einnahm, so war das
allerdings ein rein persönlicher Vertrauensposten im Dienste des
Kaisers, jedoch für zukünftige Ansprüche vielleicht nicht ganz unbe-
denklich.

Immerhin zeigten diese letzten Vorgänge, daß Heinrich die
Zügel noch in der Hand hatte. Die Reichskirche hielt er nach
wie vor in straffer Abhängigkeit, durch das Einsetzungsrecht
vermochte er in kurzen Zwischenräumen stets seinen Einfluß auf
das Papsttum zu erneuern. So lange er lebte, drohte von dieser
Seite kaum eine unmittelbare Gefahr. Aber er hat das Papsttum
doch zur Macht gehoben; noch wuchs es ihm nicht über den Kopf,
aber doch bis zur Schulterhöhe, und einen kindlichen Nachfolger
mußte es bereits überragen. Allzusehr durchdrungen von der Har-
monie zwischen Kaisertum und Papsttum und allzu zukunftsicher,
hat Heinrich III. in seiner Kirchenpolitik doch ein gefährliches
Spiel gespielt. Durch seinen unzeitigen Tod ging es zum Verhängnis
Deutschlands verloren!

Auch für seine sonstige innere Politik bildete das Verhältnis
zur Kirche den Angelpunkt. Die Vergabungen an sie waren nach
dem Stillstande unter Konrad II. aufs neue im Wachsen; die deutschen
Bischöfe waren wieder die hauptsächlichen Vertrauensmänner und
Verwaltungsbeamten der Regierung. Wie, wenn die Reformer ein-
mal diese Doppelstellung als unkanonisch verwerfen würden? War
alsdann für andre Stützen der Reichsverwaltung gesorgt? Man kann
kaum sagen, daß Heinrich die väterliche Politik nach dieser Rich-
tung hin sorgsam weiter gepflegt habe. Das Emporsteigen des
Ministerialenstandes und das Aufblühen der westdeutschen Städte
setzte sich zwar ohne viel Zutun von oben fort. Auf die Mehrung
des unmittelbaren königlichen Besitzes aber verwendete Heinrich
bei weitem nicht die stete Sorgfalt des Vaters. Durch den Ver-
zicht auf die simonistischen Abgaben der Geistlichen sah er sich
gezwungen, die weltlichen Reichsbeamten und Lehensträger bei ihrer
Einsetzung zu ähnlichen Zahlungen heranzuziehen, die ihm dann
wohl den Vorwurf der Habsucht eintrugen. Überhaupt war das
ganze kirchenfreundliche Regiment wenig nach dem Sinne des Laien-
adels, den sich Konrad II. diesseits und jenseits der Alpen eng zu
verbinden gesucht hatte. Die Unzufriedenheit dieser Kreise wuchs
in allen Teilen des Reiches. Im Anfang war nun freilich Hein-
richs Machtstellung überwältigend. Aber die drei heimgefallenen
Herzogtümer Bayern, Schwaben und Kärnthen gab er noch in den
vierziger Jahren aus der Hand. Bei dem weitausgedehnten Pflichten-

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[25/0033] § 2. Heinrich III. (1039‒1056). er überdies die Ämter eines Herzogs von Spoleto und Markgrafen von Fermo mit seiner kirchlichen Würde vereinigte und so in Mittelitalien eine bedeutende Machtstellung einnahm, so war das allerdings ein rein persönlicher Vertrauensposten im Dienste des Kaisers, jedoch für zukünftige Ansprüche vielleicht nicht ganz unbe- denklich. Immerhin zeigten diese letzten Vorgänge, daß Heinrich die Zügel noch in der Hand hatte. Die Reichskirche hielt er nach wie vor in straffer Abhängigkeit, durch das Einsetzungsrecht vermochte er in kurzen Zwischenräumen stets seinen Einfluß auf das Papsttum zu erneuern. So lange er lebte, drohte von dieser Seite kaum eine unmittelbare Gefahr. Aber er hat das Papsttum doch zur Macht gehoben; noch wuchs es ihm nicht über den Kopf, aber doch bis zur Schulterhöhe, und einen kindlichen Nachfolger mußte es bereits überragen. Allzusehr durchdrungen von der Har- monie zwischen Kaisertum und Papsttum und allzu zukunftsicher, hat Heinrich III. in seiner Kirchenpolitik doch ein gefährliches Spiel gespielt. Durch seinen unzeitigen Tod ging es zum Verhängnis Deutschlands verloren! Auch für seine sonstige innere Politik bildete das Verhältnis zur Kirche den Angelpunkt. Die Vergabungen an sie waren nach dem Stillstande unter Konrad II. aufs neue im Wachsen; die deutschen Bischöfe waren wieder die hauptsächlichen Vertrauensmänner und Verwaltungsbeamten der Regierung. Wie, wenn die Reformer ein- mal diese Doppelstellung als unkanonisch verwerfen würden? War alsdann für andre Stützen der Reichsverwaltung gesorgt? Man kann kaum sagen, daß Heinrich die väterliche Politik nach dieser Rich- tung hin sorgsam weiter gepflegt habe. Das Emporsteigen des Ministerialenstandes und das Aufblühen der westdeutschen Städte setzte sich zwar ohne viel Zutun von oben fort. Auf die Mehrung des unmittelbaren königlichen Besitzes aber verwendete Heinrich bei weitem nicht die stete Sorgfalt des Vaters. Durch den Ver- zicht auf die simonistischen Abgaben der Geistlichen sah er sich gezwungen, die weltlichen Reichsbeamten und Lehensträger bei ihrer Einsetzung zu ähnlichen Zahlungen heranzuziehen, die ihm dann wohl den Vorwurf der Habsucht eintrugen. Überhaupt war das ganze kirchenfreundliche Regiment wenig nach dem Sinne des Laien- adels, den sich Konrad II. diesseits und jenseits der Alpen eng zu verbinden gesucht hatte. Die Unzufriedenheit dieser Kreise wuchs in allen Teilen des Reiches. Im Anfang war nun freilich Hein- richs Machtstellung überwältigend. Aber die drei heimgefallenen Herzogtümer Bayern, Schwaben und Kärnthen gab er noch in den vierziger Jahren aus der Hand. Bei dem weitausgedehnten Pflichten-

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/33>, abgerufen am 19.04.2024.