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Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

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So lang geglaubet wird/ daß die limitirte und in den
Schrancken einer
confusen Unvollkommenheit genugsam
eingeschlossene Heiligkeit und Erueuerung der
Orthodoxen
nur beständig als eine Frucht oder Folge der bereits er-
langten und durch den Glauben nur Zurechnungs-Weise
gegenwärtigen Seligkeit angegeben und aufgestängelt wird:
so kan es nicht fehlen/ es müssen die hieraus nohtwendig ent-
stehende gistige und Seelen-verderbliche Jrrthümer/ die si-
chern Gemühter von dem einigen nohtwendigen und vorge-
sieckten wahren Ziel der wahren Seligkeit unaufhörlich ab-
kehren und selbige gleichsam zwingen/ es bey dem vermeyn-
ten Besitz solcher eitlen und bloß in leerer Einbildung be-
stehenden Güter bewenden zu lassen.
J. C. Dippel ist ley-
der! confus genug/ ob er gleich nicht weiß/ was
man eigentlich confus nennen könne/ so wenig als
er einen Begriff von dem Vollenkommenen und
Unvollenkommenen hat. Daher schreibt er seine
ersten Einfälle in den Tag hinein/ es mag begreif-
lich oder unbegreiflich/ wahr oder falsch seyn. Wo
lehrt doch die Evangelische Kirche eine limitirte
und in den Schrancken einer confusen Unvollen-
kommenheit eingeschlossene Heiligkeit und Erneue-
rung? lasset sich solches wohl aus nachfolgenden
Worten schliessen? cum autem homo per Spiritum
S. renatus atque a lege, hoc est, a coactione legis li-
beratus est, jamque Spiritu Dei agitur; tum secun-
dum immutabilem Dei voluntatem in lege revela-
tam vivit, & omnia, quatenus renatus est, libero &
promto Spiritu agit, f, c. VI. p. m.
722. Heist das
die Heiligkeit in den Schrancken einer confusen
Unvollenkommenheit einschliessen/ wenn man sagt/
der Mensch sey nicht vermögend/ dasjenige zu thun/

was



So lang geglaubet wird/ daß die limitirte und in den
Schrancken einer
confuſen Unvollkommenheit genugſam
eingeſchloſſene Heiligkeit und Erueuerung der
Orthodoxen
nur beſtaͤndig als eine Frucht oder Folge der bereits er-
langten und durch den Glauben nur Zurechnungs-Weiſe
gegenwaͤrtigen Seligkeit angegeben und aufgeſtaͤngelt wird:
ſo kan es nicht fehlen/ es muͤſſen die hieraus nohtwendig ent-
ſtehende giſtige und Seelen-verderbliche Jrrthuͤmer/ die ſi-
chern Gemuͤhter von dem einigen nohtwendigen und vorge-
ſieckten wahren Ziel der wahren Seligkeit unaufhoͤrlich ab-
kehren und ſelbige gleichſam zwingen/ es bey dem vermeyn-
ten Beſitz ſolcher eitlen und bloß in leerer Einbildung be-
ſtehenden Guͤter bewenden zu laſſen.
J. C. Dippel iſt ley-
der! confus genug/ ob er gleich nicht weiß/ was
man eigentlich confus nennen koͤnne/ ſo wenig als
er einen Begriff von dem Vollenkommenen und
Unvollenkommenen hat. Daher ſchreibt er ſeine
erſten Einfaͤlle in den Tag hinein/ es mag begreif-
lich oder unbegreiflich/ wahr oder falſch ſeyn. Wo
lehrt doch die Evangeliſche Kirche eine limitirte
und in den Schrancken einer confuſen Unvollen-
kommenheit eingeſchloſſene Heiligkeit und Erneue-
rung? laſſet ſich ſolches wohl aus nachfolgenden
Worten ſchlieſſen? cum autem homo per Spiritum
S. renatus atque a lege, hoc eſt, a coactione legis li-
beratus eſt, jamque Spiritu Dei agitur; tum ſecun-
dum immutabilem Dei voluntatem in lege revela-
tam vivit, & omnia, quatenus renatus eſt, libero &
promto Spiritu agit, f, c. VI. p. m.
722. Heiſt das
die Heiligkeit in den Schrancken einer confuſen
Unvollenkommenheit einſchlieſſen/ wenn man ſagt/
der Menſch ſey nicht vermoͤgend/ dasjenige zu thun/

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[171/0223] So lang geglaubet wird/ daß die limitirte und in den Schrancken einer confuſen Unvollkommenheit genugſam eingeſchloſſene Heiligkeit und Erueuerung der Orthodoxen nur beſtaͤndig als eine Frucht oder Folge der bereits er- langten und durch den Glauben nur Zurechnungs-Weiſe gegenwaͤrtigen Seligkeit angegeben und aufgeſtaͤngelt wird: ſo kan es nicht fehlen/ es muͤſſen die hieraus nohtwendig ent- ſtehende giſtige und Seelen-verderbliche Jrrthuͤmer/ die ſi- chern Gemuͤhter von dem einigen nohtwendigen und vorge- ſieckten wahren Ziel der wahren Seligkeit unaufhoͤrlich ab- kehren und ſelbige gleichſam zwingen/ es bey dem vermeyn- ten Beſitz ſolcher eitlen und bloß in leerer Einbildung be- ſtehenden Guͤter bewenden zu laſſen. J. C. Dippel iſt ley- der! confus genug/ ob er gleich nicht weiß/ was man eigentlich confus nennen koͤnne/ ſo wenig als er einen Begriff von dem Vollenkommenen und Unvollenkommenen hat. Daher ſchreibt er ſeine erſten Einfaͤlle in den Tag hinein/ es mag begreif- lich oder unbegreiflich/ wahr oder falſch ſeyn. Wo lehrt doch die Evangeliſche Kirche eine limitirte und in den Schrancken einer confuſen Unvollen- kommenheit eingeſchloſſene Heiligkeit und Erneue- rung? laſſet ſich ſolches wohl aus nachfolgenden Worten ſchlieſſen? cum autem homo per Spiritum S. renatus atque a lege, hoc eſt, a coactione legis li- beratus eſt, jamque Spiritu Dei agitur; tum ſecun- dum immutabilem Dei voluntatem in lege revela- tam vivit, & omnia, quatenus renatus eſt, libero & promto Spiritu agit, f, c. VI. p. m. 722. Heiſt das die Heiligkeit in den Schrancken einer confuſen Unvollenkommenheit einſchlieſſen/ wenn man ſagt/ der Menſch ſey nicht vermoͤgend/ dasjenige zu thun/ was

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Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/223>, abgerufen am 28.03.2024.