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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.

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Die neunde Stund.
Poet/ welcher diesen Namen mit Ehren schützen
wil, vielmehr als der Redner/ wissen muß. Ja er
hat von nöhten die Kundigung vieler Geschichte
und aller Poetischen Gedichte: Eines Theils die
Poetischen Reden sattsam zuverstehen/ anders
Theils denselben mit Bescheidenheit nachzuah-
men/ wie folgends sol angeführet werden. Von
diesen allen ümständig zu reden/ wil die Kürtze
dieses Büchleins nicht leiden: Es ist aber solche
vielfältige Wissenschaft zu befinden sowol in
der alten und neuen Poeten wolverfassten Schrif-
ten.

3. Hierbey kommet zu erinnern/ daß der Poet
in jeder Kunst und Wissenschaft die eigentlichen/
und der Sachen gemässe Wörter beobachten muß.
Obwol noch der Zeit solche Kunstwörter in kein
gewisses Werk zusammen gebracht/ wie bey den
Frantzosen/ so kan man doch dieselben hin und
wieder finden/ oder von den Meistern dieser oder
jener Arbeit/ meisterlich/ wie sie sagen/ reden lernen.
Wer das Wildschützen Latein nicht kan/ dem
wird man das Weidmesser schlagen: Wer un-
recht von den Bergwerken redet/ muß die Schich-
te zahlen: Wer unverständig von der Mahlerey
redet/ werden die Jungen/ welche die Farbe reiben/
auslachen. Gewißlich ist dieses kein geringes

Stuck

Die neunde Stund.
Poet/ welcher dieſen Namen mit Ehren ſchuͤtzen
wil, vielmehr als der Redner/ wiſſen muß. Ja er
hat von noͤhten die Kundigung vieler Geſchichte
und aller Poetiſchen Gedichte: Eines Theils die
Poetiſchen Reden ſattſam zuverſtehen/ anders
Theils denſelben mit Beſcheidenheit nachzuah-
men/ wie folgends ſol angefuͤhret werden. Von
dieſen allen uͤmſtaͤndig zu reden/ wil die Kuͤrtze
dieſes Buͤchleins nicht leiden: Es iſt aber ſolche
vielfaͤltige Wiſſenſchaft zu befinden ſowol in
der alten und neuen Poeten wolverfaſſten Schrif-
ten.

3. Hierbey kommet zu erinnern/ daß der Poet
in jeder Kunſt und Wiſſenſchaft die eigentlichen/
und der Sachen gemaͤſſe Woͤrter beobachtẽ muß.
Obwol noch der Zeit ſolche Kunſtwoͤrter in kein
gewiſſes Werk zuſammen gebracht/ wie bey den
Frantzoſen/ ſo kan man doch dieſelben hin und
wieder finden/ oder von den Meiſtern dieſer oder
jener Arbeit/ meiſterlich/ wie ſie ſagen/ reden lernẽ.
Wer das Wildſchuͤtzen Latein nicht kan/ dem
wird man das Weidmeſſer ſchlagen: Wer un-
recht von den Bergwerken redet/ muß die Schich-
te zahlen: Wer unverſtaͤndig von der Mahlerey
redet/ werden die Jungen/ welche die Farbe reiben/
auslachen. Gewißlich iſt dieſes kein geringes

Stuck
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[32/0046] Die neunde Stund. Poet/ welcher dieſen Namen mit Ehren ſchuͤtzen wil, vielmehr als der Redner/ wiſſen muß. Ja er hat von noͤhten die Kundigung vieler Geſchichte und aller Poetiſchen Gedichte: Eines Theils die Poetiſchen Reden ſattſam zuverſtehen/ anders Theils denſelben mit Beſcheidenheit nachzuah- men/ wie folgends ſol angefuͤhret werden. Von dieſen allen uͤmſtaͤndig zu reden/ wil die Kuͤrtze dieſes Buͤchleins nicht leiden: Es iſt aber ſolche vielfaͤltige Wiſſenſchaft zu befinden ſowol in der alten und neuen Poeten wolverfaſſten Schrif- ten. 3. Hierbey kommet zu erinnern/ daß der Poet in jeder Kunſt und Wiſſenſchaft die eigentlichen/ und der Sachen gemaͤſſe Woͤrter beobachtẽ muß. Obwol noch der Zeit ſolche Kunſtwoͤrter in kein gewiſſes Werk zuſammen gebracht/ wie bey den Frantzoſen/ ſo kan man doch dieſelben hin und wieder finden/ oder von den Meiſtern dieſer oder jener Arbeit/ meiſterlich/ wie ſie ſagen/ reden lernẽ. Wer das Wildſchuͤtzen Latein nicht kan/ dem wird man das Weidmeſſer ſchlagen: Wer un- recht von den Bergwerken redet/ muß die Schich- te zahlen: Wer unverſtaͤndig von der Mahlerey redet/ werden die Jungen/ welche die Farbe reiben/ auslachen. Gewißlich iſt dieſes kein geringes Stuck

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648/46>, abgerufen am 19.04.2024.