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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

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mals dachtest du freilich nicht daran, daß du
einst selbst Bücher machen werdest!

Tauchet auch ihr auf, aus dem Nebel
verschwundener Jahre, ihr Mauern des alten
Schlosses; wie oft dienten deine halbverfal¬
lenen Gänge, dein Keller, dein Zwinger,
deine Verließe der fröhlichen Schaar zum Tum¬
melplatz ihrer Spiele! Soldaten und Räuber,
Nomaden und Caravanen! Wie wohl war
uns oft in der untergeordneten Rolle eines
Kosacken, während Andere -- Generale, Pla¬
tow's, Blücher's, Napoleon und dergleichen
vorstellten und sich prügelten? Ja, waren
wir nicht zu Zeiten sogar ein Pferd, dem
Freunde zu gefallen? O Himmel, wie schön
ließ es sich dort spielen!

Wo sind sie hin, die Gespielen deiner
Kindheit, die Genoßen jener goldenen Tage,
wo kein Rang, kein Stand, kein Ansehn
gilt; Grafen und Barone machen jetzt wohl

mals dachteſt du freilich nicht daran, daß du
einſt ſelbſt Buͤcher machen werdeſt!

Tauchet auch ihr auf, aus dem Nebel
verſchwundener Jahre, ihr Mauern des alten
Schloſſes; wie oft dienten deine halbverfal¬
lenen Gaͤnge, dein Keller, dein Zwinger,
deine Verließe der froͤhlichen Schaar zum Tum¬
melplatz ihrer Spiele! Soldaten und Raͤuber,
Nomaden und Caravanen! Wie wohl war
uns oft in der untergeordneten Rolle eines
Koſacken, waͤhrend Andere — Generale, Pla¬
tow's, Bluͤcher's, Napoleon und dergleichen
vorſtellten und ſich pruͤgelten? Ja, waren
wir nicht zu Zeiten ſogar ein Pferd, dem
Freunde zu gefallen? O Himmel, wie ſchoͤn
ließ es ſich dort ſpielen!

Wo ſind ſie hin, die Geſpielen deiner
Kindheit, die Genoßen jener goldenen Tage,
wo kein Rang, kein Stand, kein Anſehn
gilt; Grafen und Barone machen jetzt wohl

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[36/0042] mals dachteſt du freilich nicht daran, daß du einſt ſelbſt Buͤcher machen werdeſt! Tauchet auch ihr auf, aus dem Nebel verſchwundener Jahre, ihr Mauern des alten Schloſſes; wie oft dienten deine halbverfal¬ lenen Gaͤnge, dein Keller, dein Zwinger, deine Verließe der froͤhlichen Schaar zum Tum¬ melplatz ihrer Spiele! Soldaten und Raͤuber, Nomaden und Caravanen! Wie wohl war uns oft in der untergeordneten Rolle eines Koſacken, waͤhrend Andere — Generale, Pla¬ tow's, Bluͤcher's, Napoleon und dergleichen vorſtellten und ſich pruͤgelten? Ja, waren wir nicht zu Zeiten ſogar ein Pferd, dem Freunde zu gefallen? O Himmel, wie ſchoͤn ließ es ſich dort ſpielen! Wo ſind ſie hin, die Geſpielen deiner Kindheit, die Genoßen jener goldenen Tage, wo kein Rang, kein Stand, kein Anſehn gilt; Grafen und Barone machen jetzt wohl

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/42>, abgerufen am 28.04.2024.