Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauptmann, Gerhart: Fuhrmann Henschel. Berlin, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite
Karlchen. Ich krieg eine Baschlikmütze, Frau Henscheln!
Frau Henschel. Ju ju, kanst's gleeba. Kumm amol
har. Bis stille, bis! Gieb a mol Obacht! Hierschte, wie's
tickt? Hierschte, wie's tickt eim murscha Hulze?
Karlchen, den sie fieberisch am Gelenk festhält. Ich fürcht mich,
Frau Henscheln!
Frau Henschel. Oh, beileibe! Wir missa ju alle
starba! Hierschte, wie's tickt, hä? -- Gell? -- Was is das?
Dr Tutawurm tickt.
Sie fällt zurück. Ees, zwee. -- Ne,
Madel, Madel!
Karlchen, den sie losgelassen, zieht sich ängstlich nach der Thür hin zu-
rück. Wie er die Klinke der Glasthür schon in der Hand hat, überkommt ihn
die Angst; er reißt die Thür auf und schlägt sie hinter sich zu, daß die Scheiben
klirren. Gleich darauf wird draußen heftig mit Peitschen geknallt. Von diesem
Geräusch berührt, fährt Frau Henschel heftig auf.
Frau Henschel. Vater kimmt!!
Henschel, noch nicht sichtbar, draußen im Gange. Dukter, was
macha wir denn mit dam Viehche?
Er und der Tierarzt
Grunert
werden im Thür-Rahmen sichtbar.
Grunert. 's läßt sich ni akumma; mr wer'ns missa
bremsa.
Henschel, athletisch gebauter Mann von etwa 45 Jahren; Pelzmütze,
Schafpelzjacke, darunter blaue Fuhrmannsbluse, lange Wasserstiefel, grüne Jagd-
strümpfe, Peitsche, brennende Laterne.
Ich wiß garne, was mit
dam Viehche is! Ich kumm nechta heem, ich hatte Steen-
kohlen geladt uf dr Fuchsgrube diba, scherr' ob, brenge
de Fare ei a Stal, -- und o glei im Augablick: schmeßt
sich hie und fängt a im sich zu schlan.
Er stellt die Peitsche
in die Ecke und hängt die Mütze auf.
Hanne kommt wieder und nimmt ihre alte Arbeit auf,
jedoch sichtlich verboßt.
Karlchen. Ich krieg eine Baſchlikmütze, Frau Henſcheln!
Frau Henſchel. Ju ju, kanſt’s gleeba. Kumm amol
har. Bis ſtille, bis! Gieb a mol Obacht! Hierſchte, wie’s
tickt? Hierſchte, wie’s tickt eim murſcha Hulze?
Karlchen, den ſie fieberiſch am Gelenk feſthält. Ich fürcht mich,
Frau Henſcheln!
Frau Henſchel. Oh, beileibe! Wir miſſa ju alle
ſtarba! Hierſchte, wie’s tickt, hä? — Gell? — Was is das?
Dr Tutawurm tickt.
Sie fällt zurück. Ees, zwee. — Ne,
Madel, Madel!
Karlchen, den ſie losgelaſſen, zieht ſich ängſtlich nach der Thür hin zu-
rück. Wie er die Klinke der Glasthür ſchon in der Hand hat, überkommt ihn
die Angſt; er reißt die Thür auf und ſchlägt ſie hinter ſich zu, daß die Scheiben
klirren. Gleich darauf wird draußen heftig mit Peitſchen geknallt. Von dieſem
Geräuſch berührt, fährt Frau Henſchel heftig auf.
Frau Henſchel. Vater kimmt!!
Henſchel, noch nicht ſichtbar, draußen im Gange. Dukter, was
macha wir denn mit dam Viehche?
Er und der Tierarzt
Grunert
werden im Thür-Rahmen ſichtbar.
Grunert. ’s läßt ſich ni akumma; mr wer’ns miſſa
bremſa.
Henſchel, athletiſch gebauter Mann von etwa 45 Jahren; Pelzmütze,
Schafpelzjacke, darunter blaue Fuhrmannsbluſe, lange Waſſerſtiefel, grüne Jagd-
ſtrümpfe, Peitſche, brennende Laterne.
Ich wiß garne, was mit
dam Viehche is! Ich kumm nechta heem, ich hatte Steen-
kohlen geladt uf dr Fuchsgrube diba, ſcherr’ ob, brenge
de Fare ei a Stal, — und o glei im Augablick: ſchmeßt
ſich hie und fängt a im ſich zu ſchlan.
Er ſtellt die Peitſche
in die Ecke und hängt die Mütze auf.
Hanne kommt wieder und nimmt ihre alte Arbeit auf,
jedoch ſichtlich verboßt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0016" n="6"/>
        <sp who="#KAR">
          <speaker> <hi rendition="#b">Karlchen.</hi> </speaker>
          <p>Ich krieg eine Ba&#x017F;chlikmütze, Frau Hen&#x017F;cheln!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FHENSCHEL">
          <speaker> <hi rendition="#b">Frau Hen&#x017F;chel.</hi> </speaker>
          <p>Ju ju, k<hi rendition="#aq">a</hi>n&#x017F;t&#x2019;s gleeba. Kumm amol<lb/>
har. Bis &#x017F;tille, bis! Gieb a mol Obacht! Hier&#x017F;chte, wie&#x2019;s<lb/>
tickt? Hier&#x017F;chte, wie&#x2019;s tickt eim mur&#x017F;cha Hulze?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KAR">
          <speaker> <hi rendition="#b">Karlchen,</hi> </speaker>
          <stage>den &#x017F;ie fieberi&#x017F;ch am Gelenk fe&#x017F;thält.</stage>
          <p>Ich fürcht mich,<lb/>
Frau Hen&#x017F;cheln!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FHENSCHEL">
          <speaker> <hi rendition="#b">Frau Hen&#x017F;chel.</hi> </speaker>
          <p>Oh, beileibe! Wir mi&#x017F;&#x017F;a ju <hi rendition="#aq">a</hi>lle<lb/>
&#x017F;tarba! Hier&#x017F;chte, wie&#x2019;s tickt, hä? &#x2014; Gell? &#x2014; W<hi rendition="#aq">a</hi>s is d<hi rendition="#aq">a</hi>s?<lb/>
Dr Tutawurm tickt.</p>
          <stage>Sie fällt zurück.</stage>
          <p>Ees, zwee. &#x2014; Ne,<lb/>
Madel, Madel!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KAR">
          <speaker> <hi rendition="#b">Karlchen,</hi> </speaker>
          <stage>den &#x017F;ie losgela&#x017F;&#x017F;en, zieht &#x017F;ich äng&#x017F;tlich nach der Thür hin zu-<lb/>
rück. Wie er die Klinke der Glasthür &#x017F;chon in der Hand hat, überkommt ihn<lb/>
die Ang&#x017F;t; er reißt die Thür auf und &#x017F;chlägt &#x017F;ie hinter &#x017F;ich zu, daß die Scheiben<lb/>
klirren. Gleich darauf wird draußen heftig mit Peit&#x017F;chen geknallt. Von die&#x017F;em<lb/>
Geräu&#x017F;ch berührt, fährt Frau Hen&#x017F;chel heftig auf.</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FHENSCHEL">
          <speaker> <hi rendition="#b">Frau Hen&#x017F;chel.</hi> </speaker>
          <p>V<hi rendition="#aq">a</hi>ter kimmt!!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HENSCHEL">
          <speaker> <hi rendition="#b">Hen&#x017F;chel,</hi> </speaker>
          <stage>noch nicht &#x017F;ichtbar, draußen im Gange.</stage>
          <p>Dukter, w<hi rendition="#aq">a</hi>s<lb/>
macha wir denn mit dam Viehche?</p>
          <stage>Er und der <hi rendition="#b">Tierarzt<lb/>
Grunert</hi> werden im Thür-Rahmen &#x017F;ichtbar.</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GRU">
          <speaker> <hi rendition="#b">Grunert.</hi> </speaker>
          <p>&#x2019;s läßt &#x017F;ich ni <hi rendition="#aq">a</hi>kumma; mr wer&#x2019;ns mi&#x017F;&#x017F;a<lb/>
brem&#x017F;a.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HENSCHEL">
          <speaker> <hi rendition="#b">Hen&#x017F;chel,</hi> </speaker>
          <stage>athleti&#x017F;ch gebauter Mann von etwa 45 Jahren; Pelzmütze,<lb/>
Schafpelzjacke, darunter blaue Fuhrmannsblu&#x017F;e, lange Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;tiefel, grüne Jagd-<lb/>
&#x017F;trümpfe, Peit&#x017F;che, brennende Laterne.</stage>
          <p>Ich wiß g<hi rendition="#aq">a</hi>rne, w<hi rendition="#aq">a</hi>s mit<lb/>
dam Viehche is! Ich kumm nechta heem, ich h<hi rendition="#aq">a</hi>tte Steen-<lb/>
kohlen gel<hi rendition="#aq">a</hi>dt uf dr Fuchsgrube diba, &#x017F;cherr&#x2019; ob, brenge<lb/>
de Fare ei a St<hi rendition="#aq">a</hi>l, &#x2014; und o glei im Augablick: &#x017F;chmeßt<lb/>
&#x017F;ich hie und fängt <hi rendition="#aq">a</hi> im &#x017F;ich zu &#x017F;chl<hi rendition="#aq">a</hi>n.</p>
          <stage>Er &#x017F;tellt die Peit&#x017F;che<lb/>
in die Ecke und hängt die Mütze auf.</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HAN">
          <speaker> <hi rendition="#b">Hanne</hi> </speaker>
          <stage>kommt wieder und nimmt ihre alte Arbeit auf,<lb/>
jedoch &#x017F;ichtlich verboßt.</stage>
        </sp><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0016] Karlchen. Ich krieg eine Baſchlikmütze, Frau Henſcheln! Frau Henſchel. Ju ju, kanſt’s gleeba. Kumm amol har. Bis ſtille, bis! Gieb a mol Obacht! Hierſchte, wie’s tickt? Hierſchte, wie’s tickt eim murſcha Hulze? Karlchen, den ſie fieberiſch am Gelenk feſthält. Ich fürcht mich, Frau Henſcheln! Frau Henſchel. Oh, beileibe! Wir miſſa ju alle ſtarba! Hierſchte, wie’s tickt, hä? — Gell? — Was is das? Dr Tutawurm tickt. Sie fällt zurück. Ees, zwee. — Ne, Madel, Madel! Karlchen, den ſie losgelaſſen, zieht ſich ängſtlich nach der Thür hin zu- rück. Wie er die Klinke der Glasthür ſchon in der Hand hat, überkommt ihn die Angſt; er reißt die Thür auf und ſchlägt ſie hinter ſich zu, daß die Scheiben klirren. Gleich darauf wird draußen heftig mit Peitſchen geknallt. Von dieſem Geräuſch berührt, fährt Frau Henſchel heftig auf. Frau Henſchel. Vater kimmt!! Henſchel, noch nicht ſichtbar, draußen im Gange. Dukter, was macha wir denn mit dam Viehche? Er und der Tierarzt Grunert werden im Thür-Rahmen ſichtbar. Grunert. ’s läßt ſich ni akumma; mr wer’ns miſſa bremſa. Henſchel, athletiſch gebauter Mann von etwa 45 Jahren; Pelzmütze, Schafpelzjacke, darunter blaue Fuhrmannsbluſe, lange Waſſerſtiefel, grüne Jagd- ſtrümpfe, Peitſche, brennende Laterne. Ich wiß garne, was mit dam Viehche is! Ich kumm nechta heem, ich hatte Steen- kohlen geladt uf dr Fuchsgrube diba, ſcherr’ ob, brenge de Fare ei a Stal, — und o glei im Augablick: ſchmeßt ſich hie und fängt a im ſich zu ſchlan. Er ſtellt die Peitſche in die Ecke und hängt die Mütze auf. Hanne kommt wieder und nimmt ihre alte Arbeit auf, jedoch ſichtlich verboßt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_henschel_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_henschel_1899/16
Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Fuhrmann Henschel. Berlin, 1899, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_henschel_1899/16>, abgerufen am 19.04.2024.