Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

hier nicht Prädicat, sondern das Wesen seyn;
dadurch scheint Gott aufzuhören das zu seyn,
was er durch die Stellung des Satzes ist, nem-
lich das feste Subject. -- Das Denken, statt im
Uebergange von Subjecte zum Prädicate weiter
zu kommen, fühlt sich, da das Subject verlo-
ren geht, vielmehr gehemmt, und zu dem Ge-
danken des Subjects, weil es dasselbe vermisst,
zurückgeworfen; oder es findet, da das Prädi-
cat selbst als ein Subject, als das Seyn, als das
Wesen ausgesprochen ist, welches die Natur des
Subjects erschöpft, das Subject unmittelbar auch
im Prädicate; und nun statt dass es im Prädi-
cate in sich gegangen die freye Stellung des
Räsonnirens erhielte, ist es in den Inhalt noch
vertieft oder wenigstens ist die Foderung vor-
handen, in ihn vertiest zu seyn. -- So auch
wenn gesagt wird, das Wirkliche ist das Allge-
meine
, so vergeht das Wirkliche als Subject, in
seinem Prädicate. Das Allgemeine soll nicht
nur die Bedeutung des Prädicats haben, so dass
der Satz diss aussagte, das Wirkliche sey all-
gemein, sondern das Allgemeine soll das Wesen
des Wirklichen ausdrücken. -- Das Denken ver-
liert daher so sehr seinen festen gegenständli-
chen Boden, den es am Subjecte hatte, als es
in Prädicate darauf zurückgeworfen wird, und

hier nicht Prädicat, sondern das Wesen seyn;
dadurch scheint Gott aufzuhören das zu seyn,
was er durch die Stellung des Satzes ist, nem-
lich das feſte Subject. — Das Denken, statt im
Uebergange von Subjecte zum Prädicate weiter
zu kommen, fühlt sich, da das Subject verlo-
ren geht, vielmehr gehemmt, und zu dem Ge-
danken des Subjects, weil es daſſelbe vermiſst,
zurückgeworfen; oder es findet, da das Prädi-
cat selbst als ein Subject, als das Seyn, als das
Weſen ausgesprochen ist, welches die Natur des
Subjects erschöpft, das Subject unmittelbar auch
im Prädicate; und nun statt daſs es im Prädi-
cate in sich gegangen die freye Stellung des
Räsonnirens erhielte, ist es in den Inhalt noch
vertieft oder wenigſtens ist die Foderung vor-
handen, in ihn vertieſt zu seyn. — So auch
wenn gesagt wird, das Wirkliche ist das Allge-
meine
, so vergeht das Wirkliche als Subject, in
seinem Prädicate. Das Allgemeine soll nicht
nur die Bedeutung des Prädicats haben, so daſs
der Satz diſs ausſagte, das Wirkliche ſey all-
gemein, ſondern das Allgemeine ſoll das Weſen
des Wirklichen ausdrücken. — Das Denken ver-
liert daher ſo ſehr ſeinen festen gegenständli-
chen Boden, den es am Subjecte hatte, als es
in Prädicate darauf zurückgeworfen wird, und

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0093" n="LXXVIII"/>
hier nicht Prädicat, sondern das Wesen seyn;<lb/>
dadurch scheint Gott aufzuhören das zu seyn,<lb/>
was er durch die Stellung des Satzes ist, nem-<lb/>
lich das fe&#x017F;te Subject. &#x2014; Das Denken, statt im<lb/>
Uebergange von Subjecte zum Prädicate weiter<lb/>
zu kommen, fühlt sich, da das Subject verlo-<lb/>
ren geht, vielmehr gehemmt, und zu dem Ge-<lb/>
danken des Subjects, weil es da&#x017F;&#x017F;elbe vermi&#x017F;st,<lb/>
zurückgeworfen; oder es findet, da das Prädi-<lb/>
cat selbst als ein Subject, als <hi rendition="#i">das</hi> Seyn, als das<lb/><hi rendition="#i">We&#x017F;en</hi> ausgesprochen ist, welches die Natur des<lb/>
Subjects erschöpft, das Subject unmittelbar auch<lb/>
im Prädicate; und nun statt da&#x017F;s es im Prädi-<lb/>
cate in sich gegangen die freye Stellung des<lb/>
Räsonnirens erhielte, ist es in den Inhalt noch<lb/>
vertieft oder wenig&#x017F;tens ist die Foderung vor-<lb/>
handen, in ihn vertie&#x017F;t zu seyn. &#x2014; So auch<lb/>
wenn gesagt wird, das <hi rendition="#i">Wirkliche</hi> ist das <hi rendition="#i">Allge-<lb/>
meine</hi>, so vergeht das Wirkliche als Subject, in<lb/>
seinem Prädicate. Das Allgemeine soll nicht<lb/>
nur die Bedeutung des Prädicats haben, so da&#x017F;s<lb/>
der Satz di&#x017F;s aus&#x017F;agte, das Wirkliche &#x017F;ey all-<lb/>
gemein, &#x017F;ondern das Allgemeine &#x017F;oll das We&#x017F;en<lb/>
des Wirklichen ausdrücken. &#x2014; Das Denken ver-<lb/>
liert daher &#x017F;o &#x017F;ehr &#x017F;einen festen gegenständli-<lb/>
chen Boden, den es am Subjecte hatte, als es<lb/>
in Prädicate darauf zurückgeworfen wird, und<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[LXXVIII/0093] hier nicht Prädicat, sondern das Wesen seyn; dadurch scheint Gott aufzuhören das zu seyn, was er durch die Stellung des Satzes ist, nem- lich das feſte Subject. — Das Denken, statt im Uebergange von Subjecte zum Prädicate weiter zu kommen, fühlt sich, da das Subject verlo- ren geht, vielmehr gehemmt, und zu dem Ge- danken des Subjects, weil es daſſelbe vermiſst, zurückgeworfen; oder es findet, da das Prädi- cat selbst als ein Subject, als das Seyn, als das Weſen ausgesprochen ist, welches die Natur des Subjects erschöpft, das Subject unmittelbar auch im Prädicate; und nun statt daſs es im Prädi- cate in sich gegangen die freye Stellung des Räsonnirens erhielte, ist es in den Inhalt noch vertieft oder wenigſtens ist die Foderung vor- handen, in ihn vertieſt zu seyn. — So auch wenn gesagt wird, das Wirkliche ist das Allge- meine, so vergeht das Wirkliche als Subject, in seinem Prädicate. Das Allgemeine soll nicht nur die Bedeutung des Prädicats haben, so daſs der Satz diſs ausſagte, das Wirkliche ſey all- gemein, ſondern das Allgemeine ſoll das Weſen des Wirklichen ausdrücken. — Das Denken ver- liert daher ſo ſehr ſeinen festen gegenständli- chen Boden, den es am Subjecte hatte, als es in Prädicate darauf zurückgeworfen wird, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/93
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. LXXVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/93>, abgerufen am 18.04.2024.