So ist die Seite beschaffen, in welcher das Selbst- bewusstseyn als absolutes Wesen wirklich ist. Das aus dieser Wirklichkeit aber in sich zurückgetriebene Be- wusstseyn denkt diese seine Unwesenheit; wir sahen früher die stoische Selbstständigkeit des reinen Den- kens, durch den Skepticismus hindurch gehen und in dem unglücklichen Bewusstseyn ihre Wahrheit fin- den, -- die Wahrheit, welche Bewandniss es mit sei- nem an und für sich seyn hat. Wenn diss Wissen damals nur als die einzige Ansicht des Pewusstseyns als eines solchen erschien, so ist hier ihre wirkliche Wahrheit eingetreten. Sie besteht darin, dass diss allgemeine Gelten des Selbstbewusstseyns, die ihm ent- fremdete Realität ist. Diss Gelten ist die allgemeine Wirklichkeit des Selbsts, aber sie ist unmittelbar eben so die Verkehrung; sie ist der Verlust seines We- sens. -- Die in der sittlichen Welt nicht vorhandne Wirklichkeit des Selbsts ist durch ihr Zurückgehen in die Person gewonnen worden, was in jener einig war, tritt nun entwickelt aber sich entfremdet auf.
So ist die Seite beschaffen, in welcher das Selbst- bewuſstseyn als absolutes Wesen wirklich ist. Das aus dieser Wirklichkeit aber in sich zurückgetriebene Be- wuſstseyn denkt diese seine Unwesenheit; wir sahen früher die stoische Selbstständigkeit des reinen Den- kens, durch den Skepticismus hindurch gehen und in dem unglücklichen Bewuſstseyn ihre Wahrheit fin- den, — die Wahrheit, welche Bewandniſs es mit sei- nem an und für sich seyn hat. Wenn diſs Wissen damals nur als die einzige Ansicht des Pewuſstseyns als eines solchen erschien, so ist hier ihre wirkliche Wahrheit eingetreten. Sie besteht darin, daſs diſs allgemeine Gelten des Selbstbewuſstseyns, die ihm ent- fremdete Realität ist. Diſs Gelten ist die allgemeine Wirklichkeit des Selbsts, aber sie ist unmittelbar eben so die Verkehrung; sie ist der Verlust seines We- sens. — Die in der sittlichen Welt nicht vorhandne Wirklichkeit des Selbsts ist durch ihr Zurückgehen in die Person gewonnen worden, was in jener einig war, tritt nun entwickelt aber sich entfremdet auf.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0537"n="428"/><p>So ist die Seite beschaffen, in welcher das Selbst-<lb/>
bewuſstseyn als absolutes Wesen <hirendition="#i">wirklich</hi> ist. Das aus<lb/>
dieser Wirklichkeit aber <hirendition="#i">in sich zurückgetriebene Be-<lb/>
wuſstseyn</hi> denkt diese seine Unwesenheit; wir sahen<lb/>
früher die stoische Selbstständigkeit des reinen Den-<lb/>
kens, durch den Skepticismus hindurch gehen und in<lb/>
dem unglücklichen Bewuſstseyn ihre Wahrheit fin-<lb/>
den, — die Wahrheit, welche Bewandniſs es mit sei-<lb/>
nem an und für sich seyn hat. Wenn diſs Wissen<lb/>
damals nur als die einzige Ansicht des Pewuſstseyns<lb/>
als eines solchen erschien, so ist hier ihre <hirendition="#i">wirkliche</hi><lb/>
Wahrheit eingetreten. Sie besteht darin, daſs diſs<lb/><hirendition="#i">allgemeine Gelten</hi> des Selbstbewuſstseyns, die ihm ent-<lb/>
fremdete Realität ist. Diſs <hirendition="#i">Gelten</hi> ist die allgemeine<lb/>
Wirklichkeit des Selbsts, aber sie ist unmittelbar eben<lb/>
so die Verkehrung; sie ist der Verlust seines We-<lb/>
sens. — Die in der sittlichen Welt nicht vorhandne<lb/>
Wirklichkeit des Selbsts ist durch ihr Zurückgehen<lb/>
in die <hirendition="#i">Person</hi> gewonnen worden, was in jener einig<lb/>
war, tritt nun entwickelt aber sich entfremdet auf.</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[428/0537]
So ist die Seite beschaffen, in welcher das Selbst-
bewuſstseyn als absolutes Wesen wirklich ist. Das aus
dieser Wirklichkeit aber in sich zurückgetriebene Be-
wuſstseyn denkt diese seine Unwesenheit; wir sahen
früher die stoische Selbstständigkeit des reinen Den-
kens, durch den Skepticismus hindurch gehen und in
dem unglücklichen Bewuſstseyn ihre Wahrheit fin-
den, — die Wahrheit, welche Bewandniſs es mit sei-
nem an und für sich seyn hat. Wenn diſs Wissen
damals nur als die einzige Ansicht des Pewuſstseyns
als eines solchen erschien, so ist hier ihre wirkliche
Wahrheit eingetreten. Sie besteht darin, daſs diſs
allgemeine Gelten des Selbstbewuſstseyns, die ihm ent-
fremdete Realität ist. Diſs Gelten ist die allgemeine
Wirklichkeit des Selbsts, aber sie ist unmittelbar eben
so die Verkehrung; sie ist der Verlust seines We-
sens. — Die in der sittlichen Welt nicht vorhandne
Wirklichkeit des Selbsts ist durch ihr Zurückgehen
in die Person gewonnen worden, was in jener einig
war, tritt nun entwickelt aber sich entfremdet auf.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/537>, abgerufen am 25.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.