Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

bestimmt, dass die reine Einsicht, oder sie, die an sich
Begriff ist, sich verwirklicht; sie thut diss, indem
sie das Andersseyn oder die Bestimmtheit an ihr setzt.
Auf diese Weise ist sie negative reine Einsicht, d. i.
Negation des Begriffs; diese ist ebenso rein; und es
ist damit das reine Ding, das absolute Wesen, das sonst
keine weitere Bestimmung hat, geworden. Diss nä-
her bestimmt, so ist sie als absoluter Begriff, ein
Unterscheiden von Unterschieden, die keine mehr
sind, von Abstractionen oder reinen Begriffen, die
sich selbst nicht mehr tragen, sondern nur durch
das Ganze der Bewegung Halt und Unterscheidung
haben. Dieses Unterscheiden des Nichtunterschied-
nen besteht gerade darin, dass der absolute Begriff
sich selbst zu seinem Gegenstande macht, und jener
Bewegung gegenüber sich als das Wesen setzt. Diss
entbehrt hiedurch der Seite, worin die Abstractionen
oder Unterschiede auseinandergehalten werden, und
wird daher das reine Denken als reines Ding. -- Diss
ist also eben jenes dumpfe bewusstlose Weben des
Geistes in ihm selbst, zu dem der Glauben herab-
sank, indem er den unterschiednen Inhalt verlor; --
es ist zugleich jene Bewegung des reinen Selbstbe-
wusstseyns, der es das absolut fremde Jenseits seyn
soll. Denn weil diss reine Selbstbewusstseyn die Be-
wegung in reinen Begriffen, in Unterscheiden ist,
die keine sind, so fällt es in der That in das bewusst
lose Weben, d. i. in das reine Fühlen oder in die
reine Dingheit zusammen. -- Der sich selbst entfrem-

beſtimmt, daſs die reine Einsicht, oder sie, die an sich
Begriff ist, sich verwirklicht; sie thut diſs, indem
sie das Andersſeyn oder die Beſtimmtheit an ihr setzt.
Auf diese Weiſe ist sie negative reine Einsicht, d. i.
Negation des Begriffs; diese ist ebenſo rein; und es
ist damit das reine Ding, das abſolute Weſen, das ſonſt
keine weitere Beſtimmung hat, geworden. Diſs nä-
her beſtimmt, ſo ist sie als abſoluter Begriff, ein
Unterſcheiden von Unterſchieden, die keine mehr
sind, von Abſtractionen oder reinen Begriffen, die
sich selbſt nicht mehr tragen, sondern nur durch
das Ganze der Bewegung Halt und Unterſcheidung
haben. Dieſes Unterſcheiden des Nichtunterſchied-
nen beſteht gerade darin, daſs der abſolute Begriff
sich ſelbſt zu seinem Gegenſtande macht, und jener
Bewegung gegenüber sich als das Wesen ſetzt. Diſs
entbehrt hiedurch der Seite, worin die Abſtractionen
oder Unterschiede auseinandergehalten werden, und
wird daher das reine Denken als reines Ding. — Diſs
ist alſo eben jenes dumpfe bewuſstlose Weben des
Geiſtes in ihm ſelbſt, zu dem der Glauben herab-
ſank, indem er den unterſchiednen Inhalt verlor; —
es ist zugleich jene Bewegung des reinen Selbstbe-
wuſstseyns, der es das abſolut fremde Jenseits ſeyn
soll. Denn weil diſs reine Selbstbewuſstseyn die Be-
wegung in reinen Begriffen, in Unterſcheiden ist,
die keine sind, ſo fällt es in der That in das bewuſst
lose Weben, d. i. in das reine Fühlen oder in die
reine Dingheit zuſammen. — Der sich ſelbſt entfrem-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0632" n="523"/>
be&#x017F;timmt, da&#x017F;s die reine Einsicht, oder sie, die <hi rendition="#i">an sich</hi><lb/>
Begriff ist, sich verwirklicht; sie thut di&#x017F;s, indem<lb/>
sie das Anders&#x017F;eyn oder die Be&#x017F;timmtheit an ihr setzt.<lb/>
Auf diese Wei&#x017F;e ist sie negative reine Einsicht, d. i.<lb/>
Negation des Begriffs; diese ist eben&#x017F;o rein; und es<lb/>
ist damit das <hi rendition="#i">reine Ding</hi>, das ab&#x017F;olute We&#x017F;en, das &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
keine weitere Be&#x017F;timmung hat, geworden. Di&#x017F;s nä-<lb/>
her be&#x017F;timmt, &#x017F;o ist sie als ab&#x017F;oluter Begriff, ein<lb/>
Unter&#x017F;cheiden von Unter&#x017F;chieden, die keine mehr<lb/>
sind, von Ab&#x017F;tractionen oder reinen Begriffen, die<lb/>
sich selb&#x017F;t nicht mehr tragen, sondern nur durch<lb/><hi rendition="#i">das Ganze der Bewegung</hi> Halt und Unter&#x017F;cheidung<lb/>
haben. Die&#x017F;es Unter&#x017F;cheiden des Nichtunter&#x017F;chied-<lb/>
nen be&#x017F;teht gerade darin, da&#x017F;s der ab&#x017F;olute Begriff<lb/>
sich &#x017F;elb&#x017F;t zu seinem <hi rendition="#i">Gegen&#x017F;tande</hi> macht, und jener<lb/><hi rendition="#i">Bewegung</hi> gegenüber sich als das <hi rendition="#i">Wesen</hi> &#x017F;etzt. Di&#x017F;s<lb/>
entbehrt hiedurch der Seite, worin die Ab&#x017F;tractionen<lb/>
oder Unterschiede <hi rendition="#i">auseinandergehalten</hi> werden, und<lb/>
wird daher das <hi rendition="#i">reine Denken</hi> als <hi rendition="#i">reines Ding</hi>. &#x2014; Di&#x017F;s<lb/>
ist al&#x017F;o eben jenes dumpfe bewu&#x017F;stlose Weben des<lb/>
Gei&#x017F;tes in ihm &#x017F;elb&#x017F;t, zu dem der Glauben herab-<lb/>
&#x017F;ank, indem er den unter&#x017F;chiednen Inhalt verlor; &#x2014;<lb/>
es ist zugleich jene <hi rendition="#i">Bewegung</hi> des reinen Selbstbe-<lb/>
wu&#x017F;stseyns, der es das ab&#x017F;olut fremde Jenseits &#x017F;eyn<lb/>
soll. Denn weil di&#x017F;s reine Selbstbewu&#x017F;stseyn die Be-<lb/>
wegung in reinen Begriffen, in Unter&#x017F;cheiden ist,<lb/>
die keine sind, &#x017F;o fällt es in der That in das bewu&#x017F;st<lb/>
lose Weben, d. i. in das reine <hi rendition="#i">Fühlen</hi> oder in die<lb/>
reine <hi rendition="#i">Dingheit</hi> zu&#x017F;ammen. &#x2014; Der sich &#x017F;elb&#x017F;t entfrem-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[523/0632] beſtimmt, daſs die reine Einsicht, oder sie, die an sich Begriff ist, sich verwirklicht; sie thut diſs, indem sie das Andersſeyn oder die Beſtimmtheit an ihr setzt. Auf diese Weiſe ist sie negative reine Einsicht, d. i. Negation des Begriffs; diese ist ebenſo rein; und es ist damit das reine Ding, das abſolute Weſen, das ſonſt keine weitere Beſtimmung hat, geworden. Diſs nä- her beſtimmt, ſo ist sie als abſoluter Begriff, ein Unterſcheiden von Unterſchieden, die keine mehr sind, von Abſtractionen oder reinen Begriffen, die sich selbſt nicht mehr tragen, sondern nur durch das Ganze der Bewegung Halt und Unterſcheidung haben. Dieſes Unterſcheiden des Nichtunterſchied- nen beſteht gerade darin, daſs der abſolute Begriff sich ſelbſt zu seinem Gegenſtande macht, und jener Bewegung gegenüber sich als das Wesen ſetzt. Diſs entbehrt hiedurch der Seite, worin die Abſtractionen oder Unterschiede auseinandergehalten werden, und wird daher das reine Denken als reines Ding. — Diſs ist alſo eben jenes dumpfe bewuſstlose Weben des Geiſtes in ihm ſelbſt, zu dem der Glauben herab- ſank, indem er den unterſchiednen Inhalt verlor; — es ist zugleich jene Bewegung des reinen Selbstbe- wuſstseyns, der es das abſolut fremde Jenseits ſeyn soll. Denn weil diſs reine Selbstbewuſstseyn die Be- wegung in reinen Begriffen, in Unterſcheiden ist, die keine sind, ſo fällt es in der That in das bewuſst lose Weben, d. i. in das reine Fühlen oder in die reine Dingheit zuſammen. — Der sich ſelbſt entfrem-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/632
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/632>, abgerufen am 29.03.2024.