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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

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tert ihre Gräutzen zum Masslosen, und lösst ihre
zur Pracht gesteigerte Schönheit in ihrer Erhaben-
heit auf.

Der Inhalt, den diss reine Seyn entwickelt, oder
sein Wahrnehmen ist daher ein wesenloses Beyher-
spielen an dieser Substanz, die nur aufgeht, ohne in
sich niederzugehen, Subject zu werden und durch das
Selbst ihre Unterschiede zu befestigen Ihre Bestim-
mungen sind nur Attribute, die nicht zur Selbst-
ständigkeit gedeihen, sondern nur Nahmen des viel-
nahmigen Einen bleiben. Dieses ist mit den man-
nichfachen Kräfften des Daseyns und den Gestalten
der Wirklichkeit als mit einem selbstlosen Schmucke
angekleidet; sie sind nur eignen Willens entbehren-
de Boten seiner Macht, Anschauungen seiner Herr-
lichkeit und Stimmen seines Preises.

Diss taumelnde Leben aber muss sich zum Für-
sichseyn
bestimmen, und seinen verschwindenden Ge-
stalten Bestehen geben. Das unmittelbare Seyn, in
welchem es sich seinem Bewusstseyn gegenüberstellt,
ist selbst die negative Macht, die seine Unterschiede
auflöst. Es ist also in Wahrheit das Selbst; und der
Geist geht darum dazu über sich in der Form des
Selbsts zu wissen. Das reine Licht wirft seine Ein-
fachheit als eine Unendlichkeit von Formen ausein-
ander und gibt sie dem Fürsichseyn zum Opfer
dar, dass das Einzelne sich das Bestehen an seiner
Substanz sich nehme.


tert ihre Gräutzen zum Maſslosen, und löſst ihre
zur Pracht geſteigerte Schönheit in ihrer Erhaben-
heit auf.

Der Inhalt, den diſs reine Seyn entwickelt, oder
sein Wahrnehmen iſt daher ein wesenloses Beyher-
spielen an dieser Substanz, die nur aufgeht, ohne in
sich niederzugehen, Subject zu werden und durch das
Selbst ihre Unterschiede zu befestigen Ihre Bestim-
mungen sind nur Attribute, die nicht zur Selbst-
ständigkeit gedeihen, sondern nur Nahmen des viel-
nahmigen Einen bleiben. Dieses ist mit den man-
nichfachen Kräfften des Daseyns und den Geſtalten
der Wirklichkeit als mit einem selbstlosen Schmucke
angekleidet; sie sind nur eignen Willens entbehren-
de Boten seiner Macht, Anschauungen seiner Herr-
lichkeit und Stimmen seines Preises.

Diſs taumelnde Leben aber muſs sich zum Für-
ſichseyn
beſtimmen, und seinen verschwindenden Ge-
stalten Bestehen geben. Das unmittelbare Seyn, in
welchem es sich seinem Bewuſstseyn gegenüberſtellt,
iſt selbſt die negative Macht, die seine Unterschiede
auflöst. Es ist also in Wahrheit das Selbſt; und der
Geist geht darum dazu über sich in der Form des
Selbsts zu wiſſen. Das reine Licht wirft seine Ein-
fachheit als eine Unendlichkeit von Formen ausein-
ander und gibt sie dem Fürsichseyn zum Opfer
dar, daſs das Einzelne sich das Bestehen an seiner
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[642/0751] tert ihre Gräutzen zum Maſslosen, und löſst ihre zur Pracht geſteigerte Schönheit in ihrer Erhaben- heit auf. Der Inhalt, den diſs reine Seyn entwickelt, oder sein Wahrnehmen iſt daher ein wesenloses Beyher- spielen an dieser Substanz, die nur aufgeht, ohne in sich niederzugehen, Subject zu werden und durch das Selbst ihre Unterschiede zu befestigen Ihre Bestim- mungen sind nur Attribute, die nicht zur Selbst- ständigkeit gedeihen, sondern nur Nahmen des viel- nahmigen Einen bleiben. Dieses ist mit den man- nichfachen Kräfften des Daseyns und den Geſtalten der Wirklichkeit als mit einem selbstlosen Schmucke angekleidet; sie sind nur eignen Willens entbehren- de Boten seiner Macht, Anschauungen seiner Herr- lichkeit und Stimmen seines Preises. Diſs taumelnde Leben aber muſs sich zum Für- ſichseyn beſtimmen, und seinen verschwindenden Ge- stalten Bestehen geben. Das unmittelbare Seyn, in welchem es sich seinem Bewuſstseyn gegenüberſtellt, iſt selbſt die negative Macht, die seine Unterschiede auflöst. Es ist also in Wahrheit das Selbſt; und der Geist geht darum dazu über sich in der Form des Selbsts zu wiſſen. Das reine Licht wirft seine Ein- fachheit als eine Unendlichkeit von Formen ausein- ander und gibt sie dem Fürsichseyn zum Opfer dar, daſs das Einzelne sich das Bestehen an seiner Substanz sich nehme.

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/751>, abgerufen am 20.04.2024.