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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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das Schwert und durch das Gift des Adels und
der Pfaffen. Es ist als ob diese Kasten den
Fürstenmord ebenfalls zu ihren Privilegien rech¬
neten, und deßhalb den Tod Ludwig XVI. und
Carl I. um so eigennütziger beklagten. O, daß
die Könige endlich einsähen, daß sie, als Könige
des Volkes, im Schutze der Gesetze, viel sicherer
leben können, als unter der Guarde ihrer adligen
Leibmörder!


Aber nicht bloß die Helden der Revoluzion
und die Revoluzion selbst, sondern sogar unser
ganzes Zeitalter hat man verläumdet, die ganze
Liturgie unserer heiligsten Ideen hat man parodirt,
mit unerhörtem Frevel, und wenn man sie hört
oder lies't, unsere schnöden Verächter, so heißt
das Volk die Canaille, die Freyheit heißt Frech¬

das Schwert und durch das Gift des Adels und
der Pfaffen. Es iſt als ob dieſe Kaſten den
Fuͤrſtenmord ebenfalls zu ihren Privilegien rech¬
neten, und deßhalb den Tod Ludwig XVI. und
Carl I. um ſo eigennuͤtziger beklagten. O, daß
die Koͤnige endlich einſaͤhen, daß ſie, als Koͤnige
des Volkes, im Schutze der Geſetze, viel ſicherer
leben koͤnnen, als unter der Guarde ihrer adligen
Leibmoͤrder!


Aber nicht bloß die Helden der Revoluzion
und die Revoluzion ſelbſt, ſondern ſogar unſer
ganzes Zeitalter hat man verlaͤumdet, die ganze
Liturgie unſerer heiligſten Ideen hat man parodirt,
mit unerhoͤrtem Frevel, und wenn man ſie hoͤrt
oder lieſ't, unſere ſchnoͤden Veraͤchter, ſo heißt
das Volk die Canaille, die Freyheit heißt Frech¬

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[312/0326] das Schwert und durch das Gift des Adels und der Pfaffen. Es iſt als ob dieſe Kaſten den Fuͤrſtenmord ebenfalls zu ihren Privilegien rech¬ neten, und deßhalb den Tod Ludwig XVI. und Carl I. um ſo eigennuͤtziger beklagten. O, daß die Koͤnige endlich einſaͤhen, daß ſie, als Koͤnige des Volkes, im Schutze der Geſetze, viel ſicherer leben koͤnnen, als unter der Guarde ihrer adligen Leibmoͤrder! Aber nicht bloß die Helden der Revoluzion und die Revoluzion ſelbſt, ſondern ſogar unſer ganzes Zeitalter hat man verlaͤumdet, die ganze Liturgie unſerer heiligſten Ideen hat man parodirt, mit unerhoͤrtem Frevel, und wenn man ſie hoͤrt oder lieſ't, unſere ſchnoͤden Veraͤchter, ſo heißt das Volk die Canaille, die Freyheit heißt Frech¬

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/326>, abgerufen am 28.03.2024.