Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Gesetzt, sie sey noch so weit gehemmt, daß ihr actives Vor-
stellen nicht mehr betrage, als der kleinste unter den Resten
r, r', r'', u. s. w., so wirkt sie auf die ganze Reihe der
mit ihr verschmolzenen Vorstellungen gleichmäßig, so daß
ein dunkler Gesammt-Eindruck aus allen ins Be-
wußtseyn kommt. Der Grund hievon liegt in (27) verbun-
den mit (12). Die Reste sind nicht verschiedene abgeschnit-
tene Stücke einer und derselben Vorstellung; ist also von
der letzter n ein Weniges im Bewußtseyn, so darf man nicht
erst fragen, ob dieses Wenige wohl einer, und vielleicht ge-
rade der kleinste unter jenen Resten seyn möge, sondern man
muß voraussetzen, er sey es wirklich, zugleich aber sey es
auch ein Theil jedes andern größern Restes. Erhebt sich
nun aber die wirkende Vorstellung allmählig höher ins Be-
wußtseyn, alsdann gewinnen die Reste, von den kleineren zu
den größeren hin, einer nach dem andern ein eigenthümli-
ches Gesetz der Wirkung. Dadurch tritt nun der obige
dunkle Gesammt-Eindruck, in welchem eine ganze Reihe von
Vorstellungen eingewickelt lag, allmählig aus einander.

Anmerkung. Hiemit müssen unter andern die Phä-
nomene verglichen werden, die bei der Uebung und Fer-
tigkeit vorkommen. Daß übrigens nicht jeder Gedan-
kenlauf einmal gebildete Reihen treulich wiederhohlt, davon
liegt zum Theil der Grund in den Größen p und r (25),
auf deren mögliche Verschiedenheit wir uns hier nicht wei-
ter einlassen können. Andre hinzukommende Umstände wird
man aus dem Folgenden entnehmen können.

32. Sind frey steigende Vorstellungen (deren in der
Schluß-Anmerkung zum vorigen Capitel erwähnt worden)
abgestuft verschmolzen: so giebt es für sie andre Repro-
ductionsgesetze, die sich aus der Verschmelzung, und ver-
schieden
nach deren Verschiedenheiten, erzeugen und be-
stimmen. Hieraus entspringt unter Umständen ebenfalls Rei-

Gesetzt, sie sey noch so weit gehemmt, daß ihr actives Vor-
stellen nicht mehr betrage, als der kleinste unter den Resten
r, r‘, r‘‘, u. s. w., so wirkt sie auf die ganze Reihe der
mit ihr verschmolzenen Vorstellungen gleichmäßig, so daß
ein dunkler Gesammt-Eindruck aus allen ins Be-
wußtseyn kommt. Der Grund hievon liegt in (27) verbun-
den mit (12). Die Reste sind nicht verschiedene abgeschnit-
tene Stücke einer und derselben Vorstellung; ist also von
der letzter n ein Weniges im Bewußtseyn, so darf man nicht
erst fragen, ob dieses Wenige wohl einer, und vielleicht ge-
rade der kleinste unter jenen Resten seyn möge, sondern man
muß voraussetzen, er sey es wirklich, zugleich aber sey es
auch ein Theil jedes andern größern Restes. Erhebt sich
nun aber die wirkende Vorstellung allmählig höher ins Be-
wußtseyn, alsdann gewinnen die Reste, von den kleineren zu
den größeren hin, einer nach dem andern ein eigenthümli-
ches Gesetz der Wirkung. Dadurch tritt nun der obige
dunkle Gesammt-Eindruck, in welchem eine ganze Reihe von
Vorstellungen eingewickelt lag, allmählig aus einander.

Anmerkung. Hiemit müssen unter andern die Phä-
nomene verglichen werden, die bei der Uebung und Fer-
tigkeit vorkommen. Daß übrigens nicht jeder Gedan-
kenlauf einmal gebildete Reihen treulich wiederhohlt, davon
liegt zum Theil der Grund in den Größen π und ρ (25),
auf deren mögliche Verschiedenheit wir uns hier nicht wei-
ter einlassen können. Andre hinzukommende Umstände wird
man aus dem Folgenden entnehmen können.

32. Sind frey steigende Vorstellungen (deren in der
Schluß-Anmerkung zum vorigen Capitel erwähnt worden)
abgestuft verschmolzen: so giebt es für sie andre Repro-
ductionsgesetze, die sich aus der Verschmelzung, und ver-
schieden
nach deren Verschiedenheiten, erzeugen und be-
stimmen. Hieraus entspringt unter Umständen ebenfalls Rei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0033" n="25"/>
          <p>Gesetzt, sie sey noch so weit gehemmt, daß ihr actives Vor-<lb/>
stellen nicht mehr
             betrage, als der kleinste unter den Resten<lb/><hi rendition="#aq">r, r&#x2018;, r&#x2018;&#x2018;,</hi> u. s. w., so wirkt sie auf die ganze Reihe der<lb/>
mit ihr verschmolzenen Vorstellungen gleichmäßig, so daß<lb/>
ein <hi rendition="#g">dunkler Gesammt-Eindruck</hi> aus allen ins Be-<lb/>
wußtseyn kommt.
             Der Grund hievon liegt in (27) verbun-<lb/>
den mit (12). Die Reste sind nicht
             verschiedene abgeschnit-<lb/>
tene Stücke einer und derselben Vorstellung; ist also von<lb/>
der letzter n ein Weniges im Bewußtseyn, so darf man nicht<lb/>
erst fragen, ob
             dieses Wenige wohl einer, und vielleicht ge-<lb/>
rade der kleinste unter jenen Resten
             seyn möge, sondern man<lb/>
muß voraussetzen, er sey es wirklich, zugleich aber sey es<lb/>
auch ein Theil jedes andern größern Restes. Erhebt sich<lb/>
nun aber die
             wirkende Vorstellung allmählig höher ins Be-<lb/>
wußtseyn, alsdann gewinnen die Reste,
             von den kleineren zu<lb/>
den größeren hin, einer nach dem andern ein eigenthümli-<lb/>
ches Gesetz der Wirkung. Dadurch tritt nun der obige<lb/>
dunkle Gesammt-Eindruck, in
             welchem eine ganze Reihe von<lb/>
Vorstellungen eingewickelt lag, allmählig aus
             einander.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Anmerkung</hi>. Hiemit müssen unter andern die Phä-<lb/>
nomene
             verglichen werden, die bei der <hi rendition="#g">Uebung</hi> und Fer-<lb/>
tigkeit
             vorkommen. Daß übrigens nicht <hi rendition="#g">jeder</hi> Gedan-<lb/>
kenlauf einmal
             gebildete Reihen treulich wiederhohlt, davon<lb/>
liegt zum Theil der Grund in den
             Größen &#x03C0; und &#x03C1; (25),<lb/>
auf deren mögliche Verschiedenheit wir uns hier
             nicht wei-<lb/>
ter einlassen können. Andre hinzukommende Umstände wird<lb/>
man aus
             dem Folgenden entnehmen können.</p><lb/>
          <p>32. Sind frey steigende Vorstellungen (deren in der<lb/>
Schluß-Anmerkung zum vorigen
             Capitel erwähnt worden)<lb/>
abgestuft verschmolzen: so giebt es für sie andre
             Repro-<lb/>
ductionsgesetze, die sich aus der Verschmelzung, und <hi rendition="#g">ver-<lb/>
schieden</hi> nach deren Verschiedenheiten, <hi rendition="#g">erzeugen</hi> und be-<lb/>
stimmen. Hieraus entspringt unter Umständen ebenfalls
               Rei-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0033] Gesetzt, sie sey noch so weit gehemmt, daß ihr actives Vor- stellen nicht mehr betrage, als der kleinste unter den Resten r, r‘, r‘‘, u. s. w., so wirkt sie auf die ganze Reihe der mit ihr verschmolzenen Vorstellungen gleichmäßig, so daß ein dunkler Gesammt-Eindruck aus allen ins Be- wußtseyn kommt. Der Grund hievon liegt in (27) verbun- den mit (12). Die Reste sind nicht verschiedene abgeschnit- tene Stücke einer und derselben Vorstellung; ist also von der letzter n ein Weniges im Bewußtseyn, so darf man nicht erst fragen, ob dieses Wenige wohl einer, und vielleicht ge- rade der kleinste unter jenen Resten seyn möge, sondern man muß voraussetzen, er sey es wirklich, zugleich aber sey es auch ein Theil jedes andern größern Restes. Erhebt sich nun aber die wirkende Vorstellung allmählig höher ins Be- wußtseyn, alsdann gewinnen die Reste, von den kleineren zu den größeren hin, einer nach dem andern ein eigenthümli- ches Gesetz der Wirkung. Dadurch tritt nun der obige dunkle Gesammt-Eindruck, in welchem eine ganze Reihe von Vorstellungen eingewickelt lag, allmählig aus einander. Anmerkung. Hiemit müssen unter andern die Phä- nomene verglichen werden, die bei der Uebung und Fer- tigkeit vorkommen. Daß übrigens nicht jeder Gedan- kenlauf einmal gebildete Reihen treulich wiederhohlt, davon liegt zum Theil der Grund in den Größen π und ρ (25), auf deren mögliche Verschiedenheit wir uns hier nicht wei- ter einlassen können. Andre hinzukommende Umstände wird man aus dem Folgenden entnehmen können. 32. Sind frey steigende Vorstellungen (deren in der Schluß-Anmerkung zum vorigen Capitel erwähnt worden) abgestuft verschmolzen: so giebt es für sie andre Repro- ductionsgesetze, die sich aus der Verschmelzung, und ver- schieden nach deren Verschiedenheiten, erzeugen und be- stimmen. Hieraus entspringt unter Umständen ebenfalls Rei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-05T12:13:38Z)
Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-05T12:13:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Umwandlung in DTABf-konformes Markup. (2013-07-05T12:13:38Z)
Stefanie Seim: Nachkorrekturen. (2013-07-05T12:13:38Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/33
Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/33>, abgerufen am 24.04.2024.