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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

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III.
Organisation des Erdstrichs schöngebildeter
Völker.


Mitten im Schoos der höchsten Gebürge liegt das Kö-
nigreich Kaschmire, verborgen wie ein Paradies der
Welt. Fruchtbare und schöne Hügel sind mit höhern und
höhern Bergen umschlossen, deren letzte sich mit ewigem
Schnee bedeckt, zu den Wolken erheben. Hier rinnen schö-
ne Bäche und Ströme: das Erdreich schmückt sich mit ge-
sunden Kräutern und Früchten: Jnseln und Gärten stehen
im erquickenden Grün; mit Viehweiden ist alles überdeckt;
giftige und wilde Thiere sind aus diesem Paradiese verban-
net. Man könnte, wie Bernier sagt, diese die unschuldi-
gen Berge nennen, auf denen Milch und Honig fließt und
die Menschengattung daselbst ist der Natur nicht unwerth.
Die Kaschmiren werden für die geistreichsten und witzigsten
Jndier gehalten, zur Poesie und Wissenschaft, zu Hand-
thierungen und Künsten gleich geschickt, die wohlgebildetsten
Menschen und ihre Weiber oft Muster der Schönheita).

Wie
a) Allgem. Reisen Th. II. S. 116. 117. aus Bernier.
III.
Organiſation des Erdſtrichs ſchoͤngebildeter
Voͤlker.


Mitten im Schoos der hoͤchſten Gebuͤrge liegt das Koͤ-
nigreich Kaſchmire, verborgen wie ein Paradies der
Welt. Fruchtbare und ſchoͤne Huͤgel ſind mit hoͤhern und
hoͤhern Bergen umſchloſſen, deren letzte ſich mit ewigem
Schnee bedeckt, zu den Wolken erheben. Hier rinnen ſchoͤ-
ne Baͤche und Stroͤme: das Erdreich ſchmuͤckt ſich mit ge-
ſunden Kraͤutern und Fruͤchten: Jnſeln und Gaͤrten ſtehen
im erquickenden Gruͤn; mit Viehweiden iſt alles uͤberdeckt;
giftige und wilde Thiere ſind aus dieſem Paradieſe verban-
net. Man koͤnnte, wie Bernier ſagt, dieſe die unſchuldi-
gen Berge nennen, auf denen Milch und Honig fließt und
die Menſchengattung daſelbſt iſt der Natur nicht unwerth.
Die Kaſchmiren werden fuͤr die geiſtreichſten und witzigſten
Jndier gehalten, zur Poeſie und Wiſſenſchaft, zu Hand-
thierungen und Kuͤnſten gleich geſchickt, die wohlgebildetſten
Menſchen und ihre Weiber oft Muſter der Schoͤnheita).

Wie
a) Allgem. Reiſen Th. II. S. 116. 117. aus Bernier.
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[24/0036] III. Organiſation des Erdſtrichs ſchoͤngebildeter Voͤlker. Mitten im Schoos der hoͤchſten Gebuͤrge liegt das Koͤ- nigreich Kaſchmire, verborgen wie ein Paradies der Welt. Fruchtbare und ſchoͤne Huͤgel ſind mit hoͤhern und hoͤhern Bergen umſchloſſen, deren letzte ſich mit ewigem Schnee bedeckt, zu den Wolken erheben. Hier rinnen ſchoͤ- ne Baͤche und Stroͤme: das Erdreich ſchmuͤckt ſich mit ge- ſunden Kraͤutern und Fruͤchten: Jnſeln und Gaͤrten ſtehen im erquickenden Gruͤn; mit Viehweiden iſt alles uͤberdeckt; giftige und wilde Thiere ſind aus dieſem Paradieſe verban- net. Man koͤnnte, wie Bernier ſagt, dieſe die unſchuldi- gen Berge nennen, auf denen Milch und Honig fließt und die Menſchengattung daſelbſt iſt der Natur nicht unwerth. Die Kaſchmiren werden fuͤr die geiſtreichſten und witzigſten Jndier gehalten, zur Poeſie und Wiſſenſchaft, zu Hand- thierungen und Kuͤnſten gleich geſchickt, die wohlgebildetſten Menſchen und ihre Weiber oft Muſter der Schoͤnheit a). Wie a) Allgem. Reiſen Th. II. S. 116. 117. aus Bernier.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/36>, abgerufen am 19.04.2024.