Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

allgemeinen Vernunft und Huma-
nität beherrschet, ordnet, lenket.

Doch warum spreche ich? und lasse nicht
lieber den menschenfreundlichen Kaiser spre-
chen, der in seinen Betrachtungen
über sich selbst
mehr als in seiner Sta-
tue vor dem Capitol als Gesetzgeber der
Welt dem Menschengeschlecht sanftmüthig-
groß gebietet.

Mark-Antonin über sich selbst.

"Von Apollonius habe ich gelernt, frei
zu seyn, und ohne Wankelmuth unbeweglich;
auf nichts anders, auch mit dem kleinsten
Seitenblick hinzusehen, als auf die Ver-
nunft; immer Derselbe zu seyn, unter den
heftigsten Schmerzen, beym Verlust eines
Kindes, in langwierigen Krankheiten. Wie
in einem lebendigen Muster habe ich an
ihm deutlich ersehen, wie Derselbe Mann

B 5

allgemeinen Vernunft und Huma-
nitaͤt beherrſchet, ordnet, lenket.

Doch warum ſpreche ich? und laſſe nicht
lieber den menſchenfreundlichen Kaiſer ſpre-
chen, der in ſeinen Betrachtungen
uͤber ſich ſelbſt
mehr als in ſeiner Sta-
tue vor dem Capitol als Geſetzgeber der
Welt dem Menſchengeſchlecht ſanftmuͤthig-
groß gebietet.

Mark-Antonin uͤber ſich ſelbſt.

„Von Apollonius habe ich gelernt, frei
zu ſeyn, und ohne Wankelmuth unbeweglich;
auf nichts anders, auch mit dem kleinſten
Seitenblick hinzuſehen, als auf die Ver-
nunft; immer Derſelbe zu ſeyn, unter den
heftigſten Schmerzen, beym Verluſt eines
Kindes, in langwierigen Krankheiten. Wie
in einem lebendigen Muſter habe ich an
ihm deutlich erſehen, wie Derſelbe Mann

B 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0034" n="25"/><hi rendition="#g">allgemeinen Vernunft und Huma</hi>-<lb/><hi rendition="#g">nita&#x0364;t</hi> beherr&#x017F;chet, ordnet, lenket.</p><lb/>
        <p>Doch warum &#x017F;preche ich? und la&#x017F;&#x017F;e nicht<lb/>
lieber den men&#x017F;chenfreundlichen Kai&#x017F;er &#x017F;pre-<lb/>
chen, der in &#x017F;einen <hi rendition="#g">Betrachtungen<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t</hi> mehr als in &#x017F;einer Sta-<lb/>
tue vor dem Capitol als Ge&#x017F;etzgeber der<lb/>
Welt dem Men&#x017F;chenge&#x017F;chlecht &#x017F;anftmu&#x0364;thig-<lb/>
groß gebietet.</p><lb/>
        <p>Mark-Antonin u&#x0364;ber &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Von Apollonius habe ich gelernt, frei<lb/>
zu &#x017F;eyn, und ohne Wankelmuth unbeweglich;<lb/>
auf nichts anders, auch mit dem klein&#x017F;ten<lb/>
Seitenblick hinzu&#x017F;ehen, als auf die Ver-<lb/>
nunft; immer Der&#x017F;elbe zu &#x017F;eyn, unter den<lb/>
heftig&#x017F;ten Schmerzen, beym Verlu&#x017F;t eines<lb/>
Kindes, in langwierigen Krankheiten. Wie<lb/>
in einem lebendigen Mu&#x017F;ter habe ich an<lb/>
ihm deutlich er&#x017F;ehen, wie Der&#x017F;elbe Mann<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 5</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0034] allgemeinen Vernunft und Huma- nitaͤt beherrſchet, ordnet, lenket. Doch warum ſpreche ich? und laſſe nicht lieber den menſchenfreundlichen Kaiſer ſpre- chen, der in ſeinen Betrachtungen uͤber ſich ſelbſt mehr als in ſeiner Sta- tue vor dem Capitol als Geſetzgeber der Welt dem Menſchengeſchlecht ſanftmuͤthig- groß gebietet. Mark-Antonin uͤber ſich ſelbſt. „Von Apollonius habe ich gelernt, frei zu ſeyn, und ohne Wankelmuth unbeweglich; auf nichts anders, auch mit dem kleinſten Seitenblick hinzuſehen, als auf die Ver- nunft; immer Derſelbe zu ſeyn, unter den heftigſten Schmerzen, beym Verluſt eines Kindes, in langwierigen Krankheiten. Wie in einem lebendigen Muſter habe ich an ihm deutlich erſehen, wie Derſelbe Mann B 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/34
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/34>, abgerufen am 19.04.2024.