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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.

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32.

Aus Ihren Briefen, meine Freunde, ziehe
ich mir folgendes:

1. Das weiche Mitgefühl mit den
Schwächen unsres Geschlechts, das wir
gewöhnlicher Weise Menschlichkeit nen-
nen, macht die ganze Humanität nicht aus.
Zu rechter Zeit, am rechten Ort ziert es
den Menschen allerdings; da Sympathie
in reinem Verstande, d. i. eine lebhafte,
schnelle Versetzung in den Zustand des
Fehlenden, Irrenden, Leidenden, Gequäl-
ten, der zarteste Kitt der Vereinigung ähn-
licher Geschöpfe, und unter Menschen das
lindeste Band ihrer Verbindung ist. Nichts

Dritte Samml. D
32.

Aus Ihren Briefen, meine Freunde, ziehe
ich mir folgendes:

1. Das weiche Mitgefuͤhl mit den
Schwaͤchen unſres Geſchlechts, das wir
gewoͤhnlicher Weiſe Menſchlichkeit nen-
nen, macht die ganze Humanitaͤt nicht aus.
Zu rechter Zeit, am rechten Ort ziert es
den Menſchen allerdings; da Sympathie
in reinem Verſtande, d. i. eine lebhafte,
ſchnelle Verſetzung in den Zuſtand des
Fehlenden, Irrenden, Leidenden, Gequaͤl-
ten, der zarteſte Kitt der Vereinigung aͤhn-
licher Geſchoͤpfe, und unter Menſchen das
lindeſte Band ihrer Verbindung iſt. Nichts

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[49/0058] 32. Aus Ihren Briefen, meine Freunde, ziehe ich mir folgendes: 1. Das weiche Mitgefuͤhl mit den Schwaͤchen unſres Geſchlechts, das wir gewoͤhnlicher Weiſe Menſchlichkeit nen- nen, macht die ganze Humanitaͤt nicht aus. Zu rechter Zeit, am rechten Ort ziert es den Menſchen allerdings; da Sympathie in reinem Verſtande, d. i. eine lebhafte, ſchnelle Verſetzung in den Zuſtand des Fehlenden, Irrenden, Leidenden, Gequaͤl- ten, der zarteſte Kitt der Vereinigung aͤhn- licher Geſchoͤpfe, und unter Menſchen das lindeſte Band ihrer Verbindung iſt. Nichts Dritte Samml. D

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/58>, abgerufen am 28.03.2024.