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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

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ein Stillschweigen auflegen, wo er nicht zu
loben vermöchte. Und doch war es eben
und einzig diese Liebe und Achtung für
Wissenschaften, die den Zeiten aufhalf,
ohne welche wir noch in der Barbarei lä-
gen. Wer siehet nicht noch jetzt das Bild
des Königes Roberts von Neapel,
der edlen Colonna's und so mancher
andern seiner großen Freunde in Petrarca's
Schriften mit Liebe und Bewunderung an?
Wie in einem Traum lieset man ihre freund-
schaftlichen Briefe und hört Petrarca's Zeug-
nisse von ihnen; bis man durch Zeugnisse
von andern, die nicht so dachten, eben auch
in denselben Briefen unangenehm aus dem
Traume geweckt wird.

Endlich ist das Ideal von Liebe,
das Petrarca mit sich trug und in seinen
Gedichten mit unglaublicher Kunst und
Sorgfalt ausbildete, gewiß die kleinfügige

Idee

ein Stillſchweigen auflegen, wo er nicht zu
loben vermoͤchte. Und doch war es eben
und einzig dieſe Liebe und Achtung fuͤr
Wiſſenſchaften, die den Zeiten aufhalf,
ohne welche wir noch in der Barbarei laͤ-
gen. Wer ſiehet nicht noch jetzt das Bild
des Koͤniges Roberts von Neapel,
der edlen Colonna's und ſo mancher
andern ſeiner großen Freunde in Petrarca's
Schriften mit Liebe und Bewunderung an?
Wie in einem Traum lieſet man ihre freund-
ſchaftlichen Briefe und hoͤrt Petrarca's Zeug-
niſſe von ihnen; bis man durch Zeugniſſe
von andern, die nicht ſo dachten, eben auch
in denſelben Briefen unangenehm aus dem
Traume geweckt wird.

Endlich iſt das Ideal von Liebe,
das Petrarca mit ſich trug und in ſeinen
Gedichten mit unglaublicher Kunſt und
Sorgfalt ausbildete, gewiß die kleinfuͤgige

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[16/0031] ein Stillſchweigen auflegen, wo er nicht zu loben vermoͤchte. Und doch war es eben und einzig dieſe Liebe und Achtung fuͤr Wiſſenſchaften, die den Zeiten aufhalf, ohne welche wir noch in der Barbarei laͤ- gen. Wer ſiehet nicht noch jetzt das Bild des Koͤniges Roberts von Neapel, der edlen Colonna's und ſo mancher andern ſeiner großen Freunde in Petrarca's Schriften mit Liebe und Bewunderung an? Wie in einem Traum lieſet man ihre freund- ſchaftlichen Briefe und hoͤrt Petrarca's Zeug- niſſe von ihnen; bis man durch Zeugniſſe von andern, die nicht ſo dachten, eben auch in denſelben Briefen unangenehm aus dem Traume geweckt wird. Endlich iſt das Ideal von Liebe, das Petrarca mit ſich trug und in ſeinen Gedichten mit unglaublicher Kunſt und Sorgfalt ausbildete, gewiß die kleinfuͤgige Idee

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/31>, abgerufen am 25.04.2024.