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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795.

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Theil nach, (denn es giebt auch grobe
böse Faunen) gutartig, dienstfertig, wohl-
gefällig, freundlich. Warum sollte man
diesen Geschöpfen, die einst die Besitzer
der jungen Welt waren, ihre Freuden
und Spiele stören? Warum sollte man
diesem Satyrus, der mit so unendlichem
Appetit die süße Traube kostet, jenem
Faunchen, das die Nymphe belauscht oder
haschet, jenem andern, der mit kindischer
Freude die Flöte bläset, oder gaukelnd auf-
hüpfet, ihre jugendliche Freude, ihre uner-
fahrne Lüsternheit und Neugier rauben?
Vergnügungen oder Lustkeime dieser Art ma-
chen ja einen so großen Theil der Jugend-
Freuden aus, die man unschuldige Freu-
den zu nennen gewohnt ist; und manche
Charaktere haften daran Zeitlebens. Also
bemächtige sich auch die Kunst dieser Clas-
se der Menschheit; nur sie sondre sie

ab,

Theil nach, (denn es giebt auch grobe
boͤſe Faunen) gutartig, dienſtfertig, wohl-
gefaͤllig, freundlich. Warum ſollte man
dieſen Geſchoͤpfen, die einſt die Beſitzer
der jungen Welt waren, ihre Freuden
und Spiele ſtoͤren? Warum ſollte man
dieſem Satyrus, der mit ſo unendlichem
Appetit die ſuͤße Traube koſtet, jenem
Faunchen, das die Nymphe belauſcht oder
haſchet, jenem andern, der mit kindiſcher
Freude die Floͤte blaͤſet, oder gaukelnd auf-
huͤpfet, ihre jugendliche Freude, ihre uner-
fahrne Luͤſternheit und Neugier rauben?
Vergnuͤgungen oder Luſtkeime dieſer Art ma-
chen ja einen ſo großen Theil der Jugend-
Freuden aus, die man unſchuldige Freu-
den zu nennen gewohnt iſt; und manche
Charaktere haften daran Zeitlebens. Alſo
bemaͤchtige ſich auch die Kunſt dieſer Claſ-
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[64/0079] Theil nach, (denn es giebt auch grobe boͤſe Faunen) gutartig, dienſtfertig, wohl- gefaͤllig, freundlich. Warum ſollte man dieſen Geſchoͤpfen, die einſt die Beſitzer der jungen Welt waren, ihre Freuden und Spiele ſtoͤren? Warum ſollte man dieſem Satyrus, der mit ſo unendlichem Appetit die ſuͤße Traube koſtet, jenem Faunchen, das die Nymphe belauſcht oder haſchet, jenem andern, der mit kindiſcher Freude die Floͤte blaͤſet, oder gaukelnd auf- huͤpfet, ihre jugendliche Freude, ihre uner- fahrne Luͤſternheit und Neugier rauben? Vergnuͤgungen oder Luſtkeime dieſer Art ma- chen ja einen ſo großen Theil der Jugend- Freuden aus, die man unſchuldige Freu- den zu nennen gewohnt iſt; und manche Charaktere haften daran Zeitlebens. Alſo bemaͤchtige ſich auch die Kunſt dieſer Claſ- ſe der Menſchheit; nur ſie ſondre ſie ab,

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/79>, abgerufen am 28.03.2024.