Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

tät zu Paris, zu der man eben so gewal-
tig hinströmte, hat in Vielem eben also die
Welt getäuschet.

Als endlich die Sonne des Französi-
schen Hofes in ihrem Mittage strahlte, als

deutenden Mannes vom Adel der damaligen
Zeiten finden, wo nicht seiner gethanen Rei-
sen Erwähnung geschähe. Fremde Sprachen,
Sitten und Moden waren dasjenige, wor-
aus ihre Landesleute nach der Heimkunft
schließen sollten, was sie für einen Mann vor
sich hätten. Selbst die vielen vom Adel so-
wohl als dem Volk, die wegen der Kriegs-
dienste so häufig nach Frankreich und den
Niederlanden zogen, brachten meistens anstatt
des fremden Geldes, das sie zu erhaschen ge-
glaubt, nichts zurück als fremde Moden und
Grimassen. Dadurch ward der Abstand von
den vorigen Sitten in kurzer Zeit so groß,
daß mehrere Deutsche Fürsten selbst in ihren
Testamenten ihre Söhne vor fremder Pracht
warnten. Schmidts Geschichte der Deut-
schen, Th. 9. S. 129.

taͤt zu Paris, zu der man eben ſo gewal-
tig hinſtroͤmte, hat in Vielem eben alſo die
Welt getaͤuſchet.

Als endlich die Sonne des Franzoͤſi-
ſchen Hofes in ihrem Mittage ſtrahlte, als

deutenden Mannes vom Adel der damaligen
Zeiten finden, wo nicht ſeiner gethanen Rei-
ſen Erwaͤhnung geſchaͤhe. Fremde Sprachen,
Sitten und Moden waren dasjenige, wor-
aus ihre Landesleute nach der Heimkunft
ſchließen ſollten, was ſie fuͤr einen Mann vor
ſich haͤtten. Selbſt die vielen vom Adel ſo-
wohl als dem Volk, die wegen der Kriegs-
dienſte ſo haͤufig nach Frankreich und den
Niederlanden zogen, brachten meiſtens anſtatt
des fremden Geldes, das ſie zu erhaſchen ge-
glaubt, nichts zuruͤck als fremde Moden und
Grimaſſen. Dadurch ward der Abſtand von
den vorigen Sitten in kurzer Zeit ſo groß,
daß mehrere Deutſche Fuͤrſten ſelbſt in ihren
Teſtamenten ihre Soͤhne vor fremder Pracht
warnten. Schmidts Geſchichte der Deut-
ſchen, Th. 9. S. 129.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0032" n="25"/>
ta&#x0364;t zu Paris, zu der man eben &#x017F;o gewal-<lb/>
tig hin&#x017F;tro&#x0364;mte, hat in Vielem eben al&#x017F;o die<lb/>
Welt geta&#x0364;u&#x017F;chet.</p><lb/>
        <p>Als endlich die Sonne des Franzo&#x0364;&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chen Hofes in ihrem Mittage &#x017F;trahlte, als<lb/><note xml:id="note-0032" prev="#note-0031" place="foot" n="*)">deutenden Mannes vom Adel der damaligen<lb/>
Zeiten finden, wo nicht &#x017F;einer gethanen Rei-<lb/>
&#x017F;en Erwa&#x0364;hnung ge&#x017F;cha&#x0364;he. Fremde Sprachen,<lb/>
Sitten und Moden waren dasjenige, wor-<lb/>
aus ihre Landesleute nach der Heimkunft<lb/>
&#x017F;chließen &#x017F;ollten, was &#x017F;ie fu&#x0364;r einen Mann vor<lb/>
&#x017F;ich ha&#x0364;tten. Selb&#x017F;t die vielen vom Adel &#x017F;o-<lb/>
wohl als dem Volk, die wegen der Kriegs-<lb/>
dien&#x017F;te &#x017F;o ha&#x0364;ufig nach Frankreich und den<lb/>
Niederlanden zogen, brachten mei&#x017F;tens an&#x017F;tatt<lb/>
des fremden Geldes, das &#x017F;ie zu erha&#x017F;chen ge-<lb/>
glaubt, nichts zuru&#x0364;ck als fremde Moden und<lb/>
Grima&#x017F;&#x017F;en. Dadurch ward der Ab&#x017F;tand von<lb/>
den vorigen Sitten in kurzer Zeit &#x017F;o groß,<lb/>
daß mehrere Deut&#x017F;che Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;elb&#x017F;t in ihren<lb/>
Te&#x017F;tamenten ihre So&#x0364;hne vor fremder Pracht<lb/>
warnten. <hi rendition="#g">Schmidts</hi> Ge&#x017F;chichte der Deut-<lb/>
&#x017F;chen, Th. 9. S. 129.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0032] taͤt zu Paris, zu der man eben ſo gewal- tig hinſtroͤmte, hat in Vielem eben alſo die Welt getaͤuſchet. Als endlich die Sonne des Franzoͤſi- ſchen Hofes in ihrem Mittage ſtrahlte, als *) *) deutenden Mannes vom Adel der damaligen Zeiten finden, wo nicht ſeiner gethanen Rei- ſen Erwaͤhnung geſchaͤhe. Fremde Sprachen, Sitten und Moden waren dasjenige, wor- aus ihre Landesleute nach der Heimkunft ſchließen ſollten, was ſie fuͤr einen Mann vor ſich haͤtten. Selbſt die vielen vom Adel ſo- wohl als dem Volk, die wegen der Kriegs- dienſte ſo haͤufig nach Frankreich und den Niederlanden zogen, brachten meiſtens anſtatt des fremden Geldes, das ſie zu erhaſchen ge- glaubt, nichts zuruͤck als fremde Moden und Grimaſſen. Dadurch ward der Abſtand von den vorigen Sitten in kurzer Zeit ſo groß, daß mehrere Deutſche Fuͤrſten ſelbſt in ihren Teſtamenten ihre Soͤhne vor fremder Pracht warnten. Schmidts Geſchichte der Deut- ſchen, Th. 9. S. 129.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/32
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/32>, abgerufen am 28.03.2024.