Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Kritische Wälder
"bannen werde, welcher noch in den mehresten ge-
"lehrten Abhandlungen Jtaliens herrschet, daß man
"diese Abhandlungen nur auf dasjenige, was sie
"versprechen, einschränken, und sie von den locis
"communibus
einer scheinbaren Gelehrsamkeit und
"tausendmal wiederholten und überall anzutreffen-
"den Sachen reinigen werde." Jch weiß keinen
meiner Landesleute, dessen Schriften sämmtlich und
sonders ich ein solches critisches Fegefeuer mehr
wünschen dörfte, als den libellis des Autors, über
den ich schreibe. Zwar dörfte von seinen bisherigen
alsdenn wohl wenig übrig bleiben; warum aber
soll man nicht in Zukunft bei ihm noch einmal
die Zeit eines bessern Geschmacks und einer reellern
Gelehrsamkeit hoffen?

2.

Accedit Commentarius in carmina poetae.
Schon einige harduinsche Streitigkeiten können frei-
lich von dem Rächer Horazens Gelegenheit schaffen,
ihn zu erläutern, und ich wollte, daß Hr. Klotz kei-
ne solche Gelegenheit versäumt hätte. Jndessen
wünschte ich den Commentarius immer von den
Vindiciis lieber abgesondert: denn nun, wenn Hr.
Klotz seine Streitigkeiten mit Harduin, und seinen
Commentar über Horaz, und denn noch manche lie-
be Beiseitgedanken unter einander fortlaufen läßt,
die Citationen des Dichters unter hundert andere

Citatio-

Kritiſche Waͤlder
„bannen werde, welcher noch in den mehreſten ge-
„lehrten Abhandlungen Jtaliens herrſchet, daß man
„dieſe Abhandlungen nur auf dasjenige, was ſie
„verſprechen, einſchraͤnken, und ſie von den locis
„communibus
einer ſcheinbaren Gelehrſamkeit und
„tauſendmal wiederholten und uͤberall anzutreffen-
„den Sachen reinigen werde.„ Jch weiß keinen
meiner Landesleute, deſſen Schriften ſaͤmmtlich und
ſonders ich ein ſolches critiſches Fegefeuer mehr
wuͤnſchen doͤrfte, als den libellis des Autors, uͤber
den ich ſchreibe. Zwar doͤrfte von ſeinen bisherigen
alsdenn wohl wenig uͤbrig bleiben; warum aber
ſoll man nicht in Zukunft bei ihm noch einmal
die Zeit eines beſſern Geſchmacks und einer reellern
Gelehrſamkeit hoffen?

2.

Accedit Commentarius in carmina poetae.
Schon einige harduinſche Streitigkeiten koͤnnen frei-
lich von dem Raͤcher Horazens Gelegenheit ſchaffen,
ihn zu erlaͤutern, und ich wollte, daß Hr. Klotz kei-
ne ſolche Gelegenheit verſaͤumt haͤtte. Jndeſſen
wuͤnſchte ich den Commentarius immer von den
Vindiciis lieber abgeſondert: denn nun, wenn Hr.
Klotz ſeine Streitigkeiten mit Harduin, und ſeinen
Commentar uͤber Horaz, und denn noch manche lie-
be Beiſeitgedanken unter einander fortlaufen laͤßt,
die Citationen des Dichters unter hundert andere

Citatio-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0214" n="208"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kriti&#x017F;che Wa&#x0364;lder</hi></fw><lb/>
&#x201E;bannen werde, welcher noch in den mehre&#x017F;ten ge-<lb/>
&#x201E;lehrten Abhandlungen Jtaliens herr&#x017F;chet, daß man<lb/>
&#x201E;die&#x017F;e Abhandlungen nur auf dasjenige, was &#x017F;ie<lb/>
&#x201E;ver&#x017F;prechen, ein&#x017F;chra&#x0364;nken, und &#x017F;ie von den <hi rendition="#aq">locis<lb/>
&#x201E;communibus</hi> einer &#x017F;cheinbaren Gelehr&#x017F;amkeit und<lb/>
&#x201E;tau&#x017F;endmal wiederholten und u&#x0364;berall anzutreffen-<lb/>
&#x201E;den Sachen reinigen werde.&#x201E; Jch weiß keinen<lb/>
meiner Landesleute, de&#x017F;&#x017F;en Schriften &#x017F;a&#x0364;mmtlich und<lb/>
&#x017F;onders ich ein &#x017F;olches criti&#x017F;ches Fegefeuer mehr<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chen do&#x0364;rfte, als den <hi rendition="#aq">libellis</hi> des Autors, u&#x0364;ber<lb/>
den ich &#x017F;chreibe. Zwar do&#x0364;rfte von &#x017F;einen bisherigen<lb/>
alsdenn wohl wenig u&#x0364;brig bleiben; warum aber<lb/>
&#x017F;oll man nicht in Zukunft bei ihm noch einmal<lb/>
die Zeit eines be&#x017F;&#x017F;ern Ge&#x017F;chmacks und einer reellern<lb/>
Gelehr&#x017F;amkeit hoffen?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>2.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Accedit Commentarius in carmina poetae.</hi><lb/>
Schon einige harduin&#x017F;che Streitigkeiten ko&#x0364;nnen frei-<lb/>
lich von dem Ra&#x0364;cher Horazens Gelegenheit &#x017F;chaffen,<lb/>
ihn zu erla&#x0364;utern, und ich wollte, daß Hr. Klotz kei-<lb/>
ne &#x017F;olche Gelegenheit ver&#x017F;a&#x0364;umt ha&#x0364;tte. Jnde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chte ich den <hi rendition="#aq">Commentarius</hi> immer von den<lb/><hi rendition="#aq">Vindiciis</hi> lieber abge&#x017F;ondert: denn nun, wenn Hr.<lb/>
Klotz &#x017F;eine Streitigkeiten mit Harduin, und &#x017F;einen<lb/>
Commentar u&#x0364;ber Horaz, und denn noch manche lie-<lb/>
be Bei&#x017F;eitgedanken unter einander fortlaufen la&#x0364;ßt,<lb/>
die Citationen des Dichters unter hundert andere<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Citatio-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0214] Kritiſche Waͤlder „bannen werde, welcher noch in den mehreſten ge- „lehrten Abhandlungen Jtaliens herrſchet, daß man „dieſe Abhandlungen nur auf dasjenige, was ſie „verſprechen, einſchraͤnken, und ſie von den locis „communibus einer ſcheinbaren Gelehrſamkeit und „tauſendmal wiederholten und uͤberall anzutreffen- „den Sachen reinigen werde.„ Jch weiß keinen meiner Landesleute, deſſen Schriften ſaͤmmtlich und ſonders ich ein ſolches critiſches Fegefeuer mehr wuͤnſchen doͤrfte, als den libellis des Autors, uͤber den ich ſchreibe. Zwar doͤrfte von ſeinen bisherigen alsdenn wohl wenig uͤbrig bleiben; warum aber ſoll man nicht in Zukunft bei ihm noch einmal die Zeit eines beſſern Geſchmacks und einer reellern Gelehrſamkeit hoffen? 2. Accedit Commentarius in carmina poetae. Schon einige harduinſche Streitigkeiten koͤnnen frei- lich von dem Raͤcher Horazens Gelegenheit ſchaffen, ihn zu erlaͤutern, und ich wollte, daß Hr. Klotz kei- ne ſolche Gelegenheit verſaͤumt haͤtte. Jndeſſen wuͤnſchte ich den Commentarius immer von den Vindiciis lieber abgeſondert: denn nun, wenn Hr. Klotz ſeine Streitigkeiten mit Harduin, und ſeinen Commentar uͤber Horaz, und denn noch manche lie- be Beiſeitgedanken unter einander fortlaufen laͤßt, die Citationen des Dichters unter hundert andere Citatio-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische02_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische02_1769/214
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische02_1769/214>, abgerufen am 19.04.2024.