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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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Vielleicht hat ihn also der ehrliche Fulbert
Kulmius,
umsonst zum Schüler der Baum-
gartenschen Aesthetik zu machen gesucht, und
vielleicht hätte ihn der 254ste Litteraturbrief
nicht eben nach allen Regeln zum Verbrecher
des Stils machen dörfen. Erfindung und
Zeichnung sind Früchte der Denk- und Seh-
art, die vielleicht einer gewissen Sokratischen
Unwissenheit ähnlich seyn mögen, wie er sie
beschreibt. Eine Zunge kann stammlen,
wenn die Seele gewisse Jdeen nicht zu ver-
knüpfen und auszudrücken weiß. -- Baroc-
ci
malte grünes Fleisch: und Guercius
ein trauriges Colorit: Von den Schriften
dieses Verfassers gilt es also vermuthlich,
was Plinius vom Maler Eutykrates sagt:
austero maluit genere, quam iucundo
placere.

Seine Nahrung von ferne gebracht:) oft
woher und wo es niemand vermuthete, und
dachte. Wo der ehrwürdige Satyr, Swift,
leichtfertige Träumer und fromme Seleni-
ten fand; im Monde; da findet ein anderer
Ritter und Riesen:

Jch
L

Vielleicht hat ihn alſo der ehrliche Fulbert
Kulmius,
umſonſt zum Schuͤler der Baum-
gartenſchen Aeſthetik zu machen geſucht, und
vielleicht haͤtte ihn der 254ſte Litteraturbrief
nicht eben nach allen Regeln zum Verbrecher
des Stils machen doͤrfen. Erfindung und
Zeichnung ſind Fruͤchte der Denk- und Seh-
art, die vielleicht einer gewiſſen Sokratiſchen
Unwiſſenheit aͤhnlich ſeyn moͤgen, wie er ſie
beſchreibt. Eine Zunge kann ſtammlen,
wenn die Seele gewiſſe Jdeen nicht zu ver-
knuͤpfen und auszudruͤcken weiß. — Baroc-
ci
malte gruͤnes Fleiſch: und Guercius
ein trauriges Colorit: Von den Schriften
dieſes Verfaſſers gilt es alſo vermuthlich,
was Plinius vom Maler Eutykrates ſagt:
auſtero maluit genere, quam iucundo
placere.

Seine Nahrung von ferne gebracht:) oft
woher und wo es niemand vermuthete, und
dachte. Wo der ehrwuͤrdige Satyr, Swift,
leichtfertige Traͤumer und fromme Seleni-
ten fand; im Monde; da findet ein anderer
Ritter und Rieſen:

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[161/0165] Vielleicht hat ihn alſo der ehrliche Fulbert Kulmius, umſonſt zum Schuͤler der Baum- gartenſchen Aeſthetik zu machen geſucht, und vielleicht haͤtte ihn der 254ſte Litteraturbrief nicht eben nach allen Regeln zum Verbrecher des Stils machen doͤrfen. Erfindung und Zeichnung ſind Fruͤchte der Denk- und Seh- art, die vielleicht einer gewiſſen Sokratiſchen Unwiſſenheit aͤhnlich ſeyn moͤgen, wie er ſie beſchreibt. Eine Zunge kann ſtammlen, wenn die Seele gewiſſe Jdeen nicht zu ver- knuͤpfen und auszudruͤcken weiß. — Baroc- ci malte gruͤnes Fleiſch: und Guercius ein trauriges Colorit: Von den Schriften dieſes Verfaſſers gilt es alſo vermuthlich, was Plinius vom Maler Eutykrates ſagt: auſtero maluit genere, quam iucundo placere. Seine Nahrung von ferne gebracht:) oft woher und wo es niemand vermuthete, und dachte. Wo der ehrwuͤrdige Satyr, Swift, leichtfertige Traͤumer und fromme Seleni- ten fand; im Monde; da findet ein anderer Ritter und Rieſen: Jch L

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/165>, abgerufen am 29.04.2024.