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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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"z. E. noch am bequemsten zu den Wissen-
"schaften bedienen? Diese Frage dörfte al-
"lenfalls eine andre als Vorläuferin haben,
"welche unter denen in Europa recht bekannt
"gewordenen Sprachen der Jdealvollkom-
"menheit einer Sprache, die Worte braucht,
"am nächsten kömmt. Eine gar nicht weit-
"läuftige Metaphysik der Sprache, würde
"uns diese Jdealvollkommenheit wenigstens
"einigermassen kennen lernen." Wir wol-
len zu diesen angegebenen Stücken von Jdeal-
vollkommenheit einige Anwendungen auf die
Deutsche Sprache dazusezzen; erinnern unsern
Leser aber zurück an den Unterschied, den wir
zwischen Jdealschönheit, mittlern Bequemlich-
keit, und wirklichen Vollkommenheit gemacht,
und den der Verfasser dieses Briefes hie und
da verfehlt hat.

"Man kann die Sprache unter zwei Aug-
"punkten betrachten, in sofern sie einmal un-
"verbundene, und unzusammenhängende Be-
"griffe vorstellt; hernach so fern sie diese Be-
"griffe in Verbindungen anzeigt."

"Vom ersten Stücke hängt der Reichthum,
"und der Wohlklang und auch das Bilder-

"reiche
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„z. E. noch am bequemſten zu den Wiſſen-
„ſchaften bedienen? Dieſe Frage doͤrfte al-
„lenfalls eine andre als Vorlaͤuferin haben,
„welche unter denen in Europa recht bekannt
„gewordenen Sprachen der Jdealvollkom-
„menheit einer Sprache, die Worte braucht,
„am naͤchſten koͤmmt. Eine gar nicht weit-
„laͤuftige Metaphyſik der Sprache, wuͤrde
„uns dieſe Jdealvollkommenheit wenigſtens
„einigermaſſen kennen lernen.„ Wir wol-
len zu dieſen angegebenen Stuͤcken von Jdeal-
vollkommenheit einige Anwendungen auf die
Deutſche Sprache dazuſezzen; erinnern unſern
Leſer aber zuruͤck an den Unterſchied, den wir
zwiſchen Jdealſchoͤnheit, mittlern Bequemlich-
keit, und wirklichen Vollkommenheit gemacht,
und den der Verfaſſer dieſes Briefes hie und
da verfehlt hat.

„Man kann die Sprache unter zwei Aug-
„punkten betrachten, in ſofern ſie einmal un-
„verbundene, und unzuſammenhaͤngende Be-
„griffe vorſtellt; hernach ſo fern ſie dieſe Be-
„griffe in Verbindungen anzeigt.„

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[163/0167] „z. E. noch am bequemſten zu den Wiſſen- „ſchaften bedienen? Dieſe Frage doͤrfte al- „lenfalls eine andre als Vorlaͤuferin haben, „welche unter denen in Europa recht bekannt „gewordenen Sprachen der Jdealvollkom- „menheit einer Sprache, die Worte braucht, „am naͤchſten koͤmmt. Eine gar nicht weit- „laͤuftige Metaphyſik der Sprache, wuͤrde „uns dieſe Jdealvollkommenheit wenigſtens „einigermaſſen kennen lernen.„ Wir wol- len zu dieſen angegebenen Stuͤcken von Jdeal- vollkommenheit einige Anwendungen auf die Deutſche Sprache dazuſezzen; erinnern unſern Leſer aber zuruͤck an den Unterſchied, den wir zwiſchen Jdealſchoͤnheit, mittlern Bequemlich- keit, und wirklichen Vollkommenheit gemacht, und den der Verfaſſer dieſes Briefes hie und da verfehlt hat. „Man kann die Sprache unter zwei Aug- „punkten betrachten, in ſofern ſie einmal un- „verbundene, und unzuſammenhaͤngende Be- „griffe vorſtellt; hernach ſo fern ſie dieſe Be- „griffe in Verbindungen anzeigt.„ „Vom erſten Stuͤcke haͤngt der Reichthum, „und der Wohlklang und auch das Bilder- „reiche L 2

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/167>, abgerufen am 29.04.2024.