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Herzl, Theodor: Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage. Leipzig u. a., 1896.

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können, welche Chancen bevorstehen. Die Society of Jews
wird nämlich im Besitze aller Belege und Behelfe sein, aus
denen sich die Aussichten der Jewish Company erkennen lassen.
Die Society of Jews wird insbesondere den Umfang der neuen
Judenbewegung genau erforscht haben und den Gründern der
Company auf eine vollkommen verlässliche Weise mittheilen
können, mit welcher Betheiligung diese rechnen darf. Durch
die Herstellung der Alles umfassenden modernen Judenstatistik
wird die Society für die Company die Arbeiten einer societe
d'etudes besorgen, wie man diese in Frankreich zu machen
pflegt, bevor man an die Financirung eines sehr grossen Unternehmens
herangeht.

Die Sache wird dennoch vielleicht nicht den kostbaren
Beifall der jüdischen Geldmagnaten finden. Diese werden sogar
vielleicht durch ihre geheimen Knechte und Agenten den Kampf
gegen unsere Judenbewegung einzuleiten versuchen. Einen solchen
Kampf werden wir, wie jeden anderen, der uns aufgezwungen
wird, mit schonungsloser Härte führen.

Die Geldmagnaten werden sich vielleicht auch nur begnügen,
die Sache mit einem ablehnenden Lächeln abzuthun.

Ist sie damit erledigt?

Nein.

Dann geht die Geldbeschaffung auf die zweite Stufe, an
die mittelreichen Juden. Die jüdische Mittelbank müsste im
Namen der Volksidee gegen die Hochbank zusammengerafft
werden zu einer zweiten formidablen Geldmacht. Das hätte den
Uebelstand, dass zunächst nur ein Geldgeschäft daraus würde,
denn die Milliarde müsste voll eingezahlt werden - sonst darf
man nicht anfangen - und da dies Geld erst langsam in Verwendung
träte, so würde man in den ersten Jahren allerlei
Bank- und Anleihegeschäfte machen. Es ist nicht ausgeschlossen,
dass so allmälig der ursprüngliche Zweck in Vergessenheit geriethe,
die mittelreichen Juden hätten ein neues grosses Geschäft
gefunden und die Judenwanderung würde versumpfen.

Phantastisch ist die Idee dieser Geldbeschaffung durchaus
nicht, das weiss man. Verschiedenemale wurde ja versucht, das
katholische Geld gegen die Hochbank zusammenzuraffen. Dass
man sie auch mit jüdischem bekämpfen könne, hat man bisher
nicht bedacht.

Aber welche Krisen hätte das Alles zur Folge. Wie würden
die Länder, wo solche Geldkämpfe spielten, geschädigt werden,
wie müsste der Antisemitismus dabei überhandnehmen.

Mir ist das also nicht sympathisch, ich erwähne es nur,
weil es in der logischen Entwicklung des Gedankens liegt.

können, welche Chancen bevorstehen. Die Society of Jews
wird nämlich im Besitze aller Belege und Behelfe sein, aus
denen sich die Aussichten der Jewish Company erkennen lassen.
Die Society of Jews wird insbesondere den Umfang der neuen
Judenbewegung genau erforscht haben und den Gründern der
Company auf eine vollkommen verlässliche Weise mittheilen
können, mit welcher Betheiligung diese rechnen darf. Durch
die Herstellung der Alles umfassenden modernen Judenstatistik
wird die Society für die Company die Arbeiten einer société
d'études besorgen, wie man diese in Frankreich zu machen
pflegt, bevor man an die Financirung eines sehr grossen Unternehmens
herangeht.

Die Sache wird dennoch vielleicht nicht den kostbaren
Beifall der jüdischen Geldmagnaten finden. Diese werden sogar
vielleicht durch ihre geheimen Knechte und Agenten den Kampf
gegen unsere Judenbewegung einzuleiten versuchen. Einen solchen
Kampf werden wir, wie jeden anderen, der uns aufgezwungen
wird, mit schonungsloser Härte führen.

Die Geldmagnaten werden sich vielleicht auch nur begnügen,
die Sache mit einem ablehnenden Lächeln abzuthun.

Ist sie damit erledigt?

Nein.

Dann geht die Geldbeschaffung auf die zweite Stufe, an
die mittelreichen Juden. Die jüdische Mittelbank müsste im
Namen der Volksidee gegen die Hochbank zusammengerafft
werden zu einer zweiten formidablen Geldmacht. Das hätte den
Uebelstand, dass zunächst nur ein Geldgeschäft daraus würde,
denn die Milliarde müsste voll eingezahlt werden – sonst darf
man nicht anfangen – und da dies Geld erst langsam in Verwendung
träte, so würde man in den ersten Jahren allerlei
Bank- und Anleihegeschäfte machen. Es ist nicht ausgeschlossen,
dass so allmälig der ursprüngliche Zweck in Vergessenheit geriethe,
die mittelreichen Juden hätten ein neues grosses Geschäft
gefunden und die Judenwanderung würde versumpfen.

Phantastisch ist die Idee dieser Geldbeschaffung durchaus
nicht, das weiss man. Verschiedenemale wurde ja versucht, das
katholische Geld gegen die Hochbank zusammenzuraffen. Dass
man sie auch mit jüdischem bekämpfen könne, hat man bisher
nicht bedacht.

Aber welche Krisen hätte das Alles zur Folge. Wie würden
die Länder, wo solche Geldkämpfe spielten, geschädigt werden,
wie müsste der Antisemitismus dabei überhandnehmen.

Mir ist das also nicht sympathisch, ich erwähne es nur,
weil es in der logischen Entwicklung des Gedankens liegt.

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Zitationshilfe: Herzl, Theodor: Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage. Leipzig u. a., 1896, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herzl_judenstaat_1896/51>, abgerufen am 23.04.2024.