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Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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mit seinen Gulden klappert. Auch war meine Mutter dabei, weißt wohl; wen die anschaut, dem vergeht der Spaß, wie den Mäusen, wenn sie die Katze spüren. Mich wundert's selbst, daß ich noch lustig sein kann. Aber ich wär' längst gestorben, ohne das Lachen, so grauslich ist mir's manches Mal, mit ihr allein droben in der Hütte.

Sie schwiegen eine Weile. -- Magst du den Wecken nicht? sagte das Mädchen. So leg ich ihn da auf die Bank, er kommt schon nicht um. Aber da sind noch ein paar Feigen, von unserm Baum droben, die reifsten. Ich hab' sie für dich abgebrochen. Da! sie sind gut in der Hitze.

Ich dank dir Moidi, erwiderte er. Komm', wir wollen sie zusammen essen, droben im Schatten.

Er schritt voran die Weinbergstufen hinaus, und sie folgte ihm, allerlei plaudernd, worauf er die Antwort schuldig blieb. Auf seinem alten Platz unter dem Rebendach warf er sich nieder, und sie setzte sich neben ihn auf den breiten Stein und nöthigte ihn, die Feigen zu kosten. Mit der Zeit, da keine neue Störung kam, schien ihm wohl zu werden. Ein leichter Wind machte sich auf und trug den Schall einer fernen Mühle an der Etsch und das Geräusch der Passer bis zu ihnen herauf, dann und wann auch einen Knall von den Schützen, die im Schießstande drüben nach der Scheibe schossen. Die Zeit wurde ihnen nicht lang. Er nöthigte sie, von seinem Wein zu trinken, was sie bald wieder

mit seinen Gulden klappert. Auch war meine Mutter dabei, weißt wohl; wen die anschaut, dem vergeht der Spaß, wie den Mäusen, wenn sie die Katze spüren. Mich wundert's selbst, daß ich noch lustig sein kann. Aber ich wär' längst gestorben, ohne das Lachen, so grauslich ist mir's manches Mal, mit ihr allein droben in der Hütte.

Sie schwiegen eine Weile. — Magst du den Wecken nicht? sagte das Mädchen. So leg ich ihn da auf die Bank, er kommt schon nicht um. Aber da sind noch ein paar Feigen, von unserm Baum droben, die reifsten. Ich hab' sie für dich abgebrochen. Da! sie sind gut in der Hitze.

Ich dank dir Moidi, erwiderte er. Komm', wir wollen sie zusammen essen, droben im Schatten.

Er schritt voran die Weinbergstufen hinaus, und sie folgte ihm, allerlei plaudernd, worauf er die Antwort schuldig blieb. Auf seinem alten Platz unter dem Rebendach warf er sich nieder, und sie setzte sich neben ihn auf den breiten Stein und nöthigte ihn, die Feigen zu kosten. Mit der Zeit, da keine neue Störung kam, schien ihm wohl zu werden. Ein leichter Wind machte sich auf und trug den Schall einer fernen Mühle an der Etsch und das Geräusch der Passer bis zu ihnen herauf, dann und wann auch einen Knall von den Schützen, die im Schießstande drüben nach der Scheibe schossen. Die Zeit wurde ihnen nicht lang. Er nöthigte sie, von seinem Wein zu trinken, was sie bald wieder

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[0023] mit seinen Gulden klappert. Auch war meine Mutter dabei, weißt wohl; wen die anschaut, dem vergeht der Spaß, wie den Mäusen, wenn sie die Katze spüren. Mich wundert's selbst, daß ich noch lustig sein kann. Aber ich wär' längst gestorben, ohne das Lachen, so grauslich ist mir's manches Mal, mit ihr allein droben in der Hütte. Sie schwiegen eine Weile. — Magst du den Wecken nicht? sagte das Mädchen. So leg ich ihn da auf die Bank, er kommt schon nicht um. Aber da sind noch ein paar Feigen, von unserm Baum droben, die reifsten. Ich hab' sie für dich abgebrochen. Da! sie sind gut in der Hitze. Ich dank dir Moidi, erwiderte er. Komm', wir wollen sie zusammen essen, droben im Schatten. Er schritt voran die Weinbergstufen hinaus, und sie folgte ihm, allerlei plaudernd, worauf er die Antwort schuldig blieb. Auf seinem alten Platz unter dem Rebendach warf er sich nieder, und sie setzte sich neben ihn auf den breiten Stein und nöthigte ihn, die Feigen zu kosten. Mit der Zeit, da keine neue Störung kam, schien ihm wohl zu werden. Ein leichter Wind machte sich auf und trug den Schall einer fernen Mühle an der Etsch und das Geräusch der Passer bis zu ihnen herauf, dann und wann auch einen Knall von den Schützen, die im Schießstande drüben nach der Scheibe schossen. Die Zeit wurde ihnen nicht lang. Er nöthigte sie, von seinem Wein zu trinken, was sie bald wieder

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:27:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:27:07Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_weinhueter_1910/23>, abgerufen am 29.03.2024.