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Heyse, Paul; Kurz, Hermann: Einleitung. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. V–XXIV. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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einem mäßig begabten Naturell in eine erfreuliche Form gebracht zu werden. Für all solche Fälle scheint es wünschenswerth, einen Sammelpunkt zu gründen, wo aufbewahrt wird, was unter der Masse des Eintagslebendigen Dauer verspricht und des Aufhebens werth ist.

Wir haben unsere Sammlung in einer Art von chronologischer Ordnung begonnen, von der wir aber in den folgenden Bänden wieder abzuweichen genöthigt sind. Bei der Unabsehbarkeit des Stoffes würde es noch Jahrzehnte brauchen, ehe wir mit gutem Gewissen beginnen dürften, wenn wir es als eine strenge Gruppirung nach geschichtlichen und ästhetischen Gesichtspunkten anlegen wollten. Und den strengsten wissenschaftlichen Maßstab haben wir von vornherein nicht an unser Unternehmen zu legen beabsichtigt. Vieles wäre zur Charakteristik der Zeit, in der es entstand, des literarischen Geistes und Geschmacks, der es hervorrief und billigte, in einer literarhistorisch geordneten Beispielsammlung am Platz, was der Aufnahme in unsern Novellenschatz nicht gewürdigt werden könnte. Aber wenn wir auch nur wahrhaft Werthvolles, Lebensfähiges und heute noch Erfreuendes zu bieten wünschen, so müssen wir freilich darauf verzichten, sowohl es Allen recht zu machen, als auch nur Vollkommenes zu bringen. Schon die ersten Bände enthalten Manches, was nur mit starken Einschränkungen empfohlen werden konnte,

einem mäßig begabten Naturell in eine erfreuliche Form gebracht zu werden. Für all solche Fälle scheint es wünschenswerth, einen Sammelpunkt zu gründen, wo aufbewahrt wird, was unter der Masse des Eintagslebendigen Dauer verspricht und des Aufhebens werth ist.

Wir haben unsere Sammlung in einer Art von chronologischer Ordnung begonnen, von der wir aber in den folgenden Bänden wieder abzuweichen genöthigt sind. Bei der Unabsehbarkeit des Stoffes würde es noch Jahrzehnte brauchen, ehe wir mit gutem Gewissen beginnen dürften, wenn wir es als eine strenge Gruppirung nach geschichtlichen und ästhetischen Gesichtspunkten anlegen wollten. Und den strengsten wissenschaftlichen Maßstab haben wir von vornherein nicht an unser Unternehmen zu legen beabsichtigt. Vieles wäre zur Charakteristik der Zeit, in der es entstand, des literarischen Geistes und Geschmacks, der es hervorrief und billigte, in einer literarhistorisch geordneten Beispielsammlung am Platz, was der Aufnahme in unsern Novellenschatz nicht gewürdigt werden könnte. Aber wenn wir auch nur wahrhaft Werthvolles, Lebensfähiges und heute noch Erfreuendes zu bieten wünschen, so müssen wir freilich darauf verzichten, sowohl es Allen recht zu machen, als auch nur Vollkommenes zu bringen. Schon die ersten Bände enthalten Manches, was nur mit starken Einschränkungen empfohlen werden konnte,

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[XXII/0022] einem mäßig begabten Naturell in eine erfreuliche Form gebracht zu werden. Für all solche Fälle scheint es wünschenswerth, einen Sammelpunkt zu gründen, wo aufbewahrt wird, was unter der Masse des Eintagslebendigen Dauer verspricht und des Aufhebens werth ist. Wir haben unsere Sammlung in einer Art von chronologischer Ordnung begonnen, von der wir aber in den folgenden Bänden wieder abzuweichen genöthigt sind. Bei der Unabsehbarkeit des Stoffes würde es noch Jahrzehnte brauchen, ehe wir mit gutem Gewissen beginnen dürften, wenn wir es als eine strenge Gruppirung nach geschichtlichen und ästhetischen Gesichtspunkten anlegen wollten. Und den strengsten wissenschaftlichen Maßstab haben wir von vornherein nicht an unser Unternehmen zu legen beabsichtigt. Vieles wäre zur Charakteristik der Zeit, in der es entstand, des literarischen Geistes und Geschmacks, der es hervorrief und billigte, in einer literarhistorisch geordneten Beispielsammlung am Platz, was der Aufnahme in unsern Novellenschatz nicht gewürdigt werden könnte. Aber wenn wir auch nur wahrhaft Werthvolles, Lebensfähiges und heute noch Erfreuendes zu bieten wünschen, so müssen wir freilich darauf verzichten, sowohl es Allen recht zu machen, als auch nur Vollkommenes zu bringen. Schon die ersten Bände enthalten Manches, was nur mit starken Einschränkungen empfohlen werden konnte,

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Zitationshilfe: Heyse, Paul; Kurz, Hermann: Einleitung. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. V–XXIV. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heysekurz_einleitung_1871/22>, abgerufen am 19.04.2024.