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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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dem Schnitt, nach der Anwerbung. Es fehlt
nur noch, nach dem Verleger und dem Druck-
orte. Das Druckjahr, worauf am wenig-
sten gesehen wird, würde vielleicht ein Um-
stand seyn, der nicht im mindesten zu verwer-
fen wäre.

Der Professor hängt jezo den Brodkorb
bald zu hoch, bald zu niedrig, und wie oft
vergessen nicht die Speisemeister auf Universi-
täten über der Seele den Leib! Zanket nicht
auf dem Wege, sagte Joseph zu seinen lieben
Brüdern, da er ihnen den Zehrpfennig gab,
und wahrlich dies sollte die Losung aller Uni-
versitäten seyn. Durchs Zanken wird zwar
die Schale polirt; der Kern aber trocknet ein
in diesem fein geschlifnen Gehäuse!

Kann ich doch auf keine Universität kom-
men, ohne mir ihren Ton eigen zu machen.
Ein guter Ton! wenn die Angeber weniger
quid est fragen, und alle Wissenschaften zu
Experimental-Wissenschaften zu bringen be-
mühet sind, wie es jezt am Tage ist. --

In einigen Dingen kann man Universi-
tätsgebrauch lassen. Da man einsieht, wie
wenig man weiß, will man lieber irren, als
unthätig seyn. Wir ehren einen paradoxen
Mann und blößen unser Haupt nicht vor ge-

meiner

dem Schnitt, nach der Anwerbung. Es fehlt
nur noch, nach dem Verleger und dem Druck-
orte. Das Druckjahr, worauf am wenig-
ſten geſehen wird, wuͤrde vielleicht ein Um-
ſtand ſeyn, der nicht im mindeſten zu verwer-
fen waͤre.

Der Profeſſor haͤngt jezo den Brodkorb
bald zu hoch, bald zu niedrig, und wie oft
vergeſſen nicht die Speiſemeiſter auf Univerſi-
taͤten uͤber der Seele den Leib! Zanket nicht
auf dem Wege, ſagte Joſeph zu ſeinen lieben
Bruͤdern, da er ihnen den Zehrpfennig gab,
und wahrlich dies ſollte die Loſung aller Uni-
verſitaͤten ſeyn. Durchs Zanken wird zwar
die Schale polirt; der Kern aber trocknet ein
in dieſem fein geſchlifnen Gehaͤuſe!

Kann ich doch auf keine Univerſitaͤt kom-
men, ohne mir ihren Ton eigen zu machen.
Ein guter Ton! wenn die Angeber weniger
quid eſt fragen, und alle Wiſſenſchaften zu
Experimental-Wiſſenſchaften zu bringen be-
muͤhet ſind, wie es jezt am Tage iſt. —

In einigen Dingen kann man Univerſi-
taͤtsgebrauch laſſen. Da man einſieht, wie
wenig man weiß, will man lieber irren, als
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Mann und bloͤßen unſer Haupt nicht vor ge-

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[8/0016] dem Schnitt, nach der Anwerbung. Es fehlt nur noch, nach dem Verleger und dem Druck- orte. Das Druckjahr, worauf am wenig- ſten geſehen wird, wuͤrde vielleicht ein Um- ſtand ſeyn, der nicht im mindeſten zu verwer- fen waͤre. Der Profeſſor haͤngt jezo den Brodkorb bald zu hoch, bald zu niedrig, und wie oft vergeſſen nicht die Speiſemeiſter auf Univerſi- taͤten uͤber der Seele den Leib! Zanket nicht auf dem Wege, ſagte Joſeph zu ſeinen lieben Bruͤdern, da er ihnen den Zehrpfennig gab, und wahrlich dies ſollte die Loſung aller Uni- verſitaͤten ſeyn. Durchs Zanken wird zwar die Schale polirt; der Kern aber trocknet ein in dieſem fein geſchlifnen Gehaͤuſe! Kann ich doch auf keine Univerſitaͤt kom- men, ohne mir ihren Ton eigen zu machen. Ein guter Ton! wenn die Angeber weniger quid eſt fragen, und alle Wiſſenſchaften zu Experimental-Wiſſenſchaften zu bringen be- muͤhet ſind, wie es jezt am Tage iſt. — In einigen Dingen kann man Univerſi- taͤtsgebrauch laſſen. Da man einſieht, wie wenig man weiß, will man lieber irren, als unthaͤtig ſeyn. Wir ehren einen paradoxen Mann und bloͤßen unſer Haupt nicht vor ge- meiner

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/16>, abgerufen am 25.04.2024.