empfohlen; sollte ein wirkliches Volk Gottes (das andere Geschlecht) weniger diese Sorgfalt verdienen, als das so genannte? -- Liegt der Same der Erbsünde nicht in den Müttern? und lagen die Verhinderungen einer morali- schen Verbesserung des menschlichen Ge- schlechtes -- welche Verbesserung die besten Menschen in der Welt, und unter diesen Friedrich der Zweite, anfänglich so thä- tig bezweckten, nachher aber betrübt aufgaben -- nicht vorzüglich darin, dass man das schöne Geschlecht in seinen Ruinen liess und diesen Tempel bloss aus unserm Geschlecht errichten wollte? Ist es nicht unverzeihlich, die Hälfte der menschlichen Kräfte ungekannt, ungeschätzt und ungebraucht schlummern zu lassen --? Gesellschaft setzt unter den Ver- bundenen eine Gleichheit voraus, wozu es der Urheber der Menschen auch angelegt hat, der die Menschen aufrichtig machte; nur leider! suchen sie viele Künste. In allen Gesellschaf- ten, woran Weiber Theil nehmen, verbreitet sich Anstand; und sollte dies nicht auch der Fall beim Staate seyn, in dessen Geschäfte
B 5
empfohlen; sollte ein wirkliches Volk Gottes (das andere Geschlecht) weniger diese Sorgfalt verdienen, als das so genannte? — Liegt der Same der Erbsünde nicht in den Müttern? und lagen die Verhinderungen einer morali- schen Verbesserung des menschlichen Ge- schlechtes — welche Verbesserung die besten Menschen in der Welt, und unter diesen Friedrich der Zweite, anfänglich so thä- tig bezweckten, nachher aber betrübt aufgaben — nicht vorzüglich darin, daſs man das schöne Geschlecht in seinen Ruinen lieſs und diesen Tempel bloſs aus unserm Geschlecht errichten wollte? Ist es nicht unverzeihlich, die Hälfte der menschlichen Kräfte ungekannt, ungeschätzt und ungebraucht schlummern zu lassen —? Gesellschaft setzt unter den Ver- bundenen eine Gleichheit voraus, wozu es der Urheber der Menschen auch angelegt hat, der die Menschen aufrichtig machte; nur leider! suchen sie viele Künste. In allen Gesellschaf- ten, woran Weiber Theil nehmen, verbreitet sich Anstand; und sollte dies nicht auch der Fall beim Staate seyn, in dessen Geschäfte
B 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0033"n="25"/>
empfohlen; sollte ein <hirendition="#i">wirkliches Volk Gottes</hi><lb/>
(das andere Geschlecht) weniger diese Sorgfalt<lb/>
verdienen, als das <hirendition="#i">so genannte?</hi>— Liegt der<lb/>
Same der Erbsünde nicht in den Müttern?<lb/>
und lagen die Verhinderungen einer morali-<lb/>
schen Verbesserung des menschlichen Ge-<lb/>
schlechtes — welche Verbesserung die besten<lb/>
Menschen in der Welt, und unter diesen<lb/><hirendition="#g"><hirendition="#k">Friedrich der Zweite</hi></hi>, anfänglich so thä-<lb/>
tig bezweckten, nachher aber betrübt aufgaben<lb/>— nicht vorzüglich darin, daſs man das<lb/><hirendition="#i">schöne</hi> Geschlecht in seinen Ruinen lieſs und<lb/>
diesen Tempel bloſs aus <hirendition="#i">unserm</hi> Geschlecht<lb/>
errichten wollte? Ist es nicht unverzeihlich,<lb/>
die Hälfte der menschlichen Kräfte ungekannt,<lb/>
ungeschätzt und ungebraucht schlummern zu<lb/>
lassen —? Gesellschaft setzt unter den Ver-<lb/>
bundenen eine Gleichheit voraus, wozu es der<lb/>
Urheber der Menschen auch angelegt hat, der<lb/>
die Menschen aufrichtig machte; nur leider!<lb/>
suchen sie viele Künste. In allen Gesellschaf-<lb/>
ten, woran Weiber Theil nehmen, verbreitet<lb/>
sich Anstand; und sollte dies nicht auch der<lb/>
Fall beim Staate seyn, in dessen Geschäfte<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B 5</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[25/0033]
empfohlen; sollte ein wirkliches Volk Gottes
(das andere Geschlecht) weniger diese Sorgfalt
verdienen, als das so genannte? — Liegt der
Same der Erbsünde nicht in den Müttern?
und lagen die Verhinderungen einer morali-
schen Verbesserung des menschlichen Ge-
schlechtes — welche Verbesserung die besten
Menschen in der Welt, und unter diesen
Friedrich der Zweite, anfänglich so thä-
tig bezweckten, nachher aber betrübt aufgaben
— nicht vorzüglich darin, daſs man das
schöne Geschlecht in seinen Ruinen lieſs und
diesen Tempel bloſs aus unserm Geschlecht
errichten wollte? Ist es nicht unverzeihlich,
die Hälfte der menschlichen Kräfte ungekannt,
ungeschätzt und ungebraucht schlummern zu
lassen —? Gesellschaft setzt unter den Ver-
bundenen eine Gleichheit voraus, wozu es der
Urheber der Menschen auch angelegt hat, der
die Menschen aufrichtig machte; nur leider!
suchen sie viele Künste. In allen Gesellschaf-
ten, woran Weiber Theil nehmen, verbreitet
sich Anstand; und sollte dies nicht auch der
Fall beim Staate seyn, in dessen Geschäfte
B 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/33>, abgerufen am 10.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.