Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

ein andres Licht und Leben kommen würde,
wenn Weiber den Zutritt hätten, in ihnen ihr
Licht leuchten zu lassen und ihnen einen an-
deren Schwung beizulegen? -- Wir haben für
unsere Gesellschaften noch keine Pflichtvor-
schriften; und doch führt man sich hier ohne
Gesetzbuch so exemplarisch, dass oft Ungezo-
gene, die der Staat aufgab, mit augenschein-
lichem Vortheile in diese Schule gingen, und
aus ihr als gebesserte Menschen zur Universi-
tät des Staates gebracht wurden. -- Ich ge-
traue mir (den Gegenbeweis unverschnitten)
ausser Zweifel zu setzen, dass in allen weib-
lichen Regierungen gewisse feine Züge des
Anstandes aufzuspüren seyn würden, welche
bei einem grossen Theile der Menschen mehr
bewirken, als ein wohlbestallter Codex voll
kunstgerechter Strafflüche. Dieser süsse Ge-
ruch der Empfehlung, dieses Gewürz des
Wohlgefallens -- wie liebenswürdig! Die Ge-
setzgebung der Grossen Katharina der
II. hat davon laute Spuren. -- Schon die
Gegenwart der Frau vom Hause, die doch das
Hausrecht gewiss nicht in aller Strenge hand-

ein andres Licht und Leben kommen würde,
wenn Weiber den Zutritt hätten, in ihnen ihr
Licht leuchten zu lassen und ihnen einen an-
deren Schwung beizulegen? — Wir haben für
unsere Gesellschaften noch keine Pflichtvor-
schriften; und doch führt man sich hier ohne
Gesetzbuch so exemplarisch, daſs oft Ungezo-
gene, die der Staat aufgab, mit augenschein-
lichem Vortheile in diese Schule gingen, und
aus ihr als gebesserte Menschen zur Universi-
tät des Staates gebracht wurden. — Ich ge-
traue mir (den Gegenbeweis unverschnitten)
auſser Zweifel zu setzen, daſs in allen weib-
lichen Regierungen gewisse feine Züge des
Anstandes aufzuspüren seyn würden, welche
bei einem groſsen Theile der Menschen mehr
bewirken, als ein wohlbestallter Codex voll
kunstgerechter Strafflüche. Dieser süſse Ge-
ruch der Empfehlung, dieses Gewürz des
Wohlgefallens — wie liebenswürdig! Die Ge-
setzgebung der Grossen Katharina der
II. hat davon laute Spuren. — Schon die
Gegenwart der Frau vom Hause, die doch das
Hausrecht gewiſs nicht in aller Strenge hand-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0034" n="26"/>
ein andres Licht und Leben kommen würde,<lb/>
wenn Weiber den Zutritt hätten, in ihnen ihr<lb/>
Licht leuchten zu lassen und ihnen einen an-<lb/>
deren Schwung beizulegen? &#x2014; Wir haben für<lb/>
unsere Gesellschaften noch keine Pflichtvor-<lb/>
schriften; und doch führt man sich hier ohne<lb/>
Gesetzbuch so exemplarisch, da&#x017F;s oft Ungezo-<lb/>
gene, die der Staat aufgab, mit augenschein-<lb/>
lichem Vortheile in diese Schule gingen, und<lb/>
aus ihr als gebesserte Menschen zur Universi-<lb/>
tät des Staates gebracht wurden. &#x2014; Ich ge-<lb/>
traue mir (den Gegenbeweis unverschnitten)<lb/>
au&#x017F;ser Zweifel zu setzen, da&#x017F;s in allen weib-<lb/>
lichen Regierungen gewisse feine Züge des<lb/>
Anstandes aufzuspüren seyn würden, welche<lb/>
bei einem gro&#x017F;sen Theile der Menschen mehr<lb/>
bewirken, als ein wohlbestallter Codex voll<lb/>
kunstgerechter Strafflüche. Dieser sü&#x017F;se Ge-<lb/>
ruch der Empfehlung, dieses Gewürz des<lb/>
Wohlgefallens &#x2014; wie liebenswürdig! Die Ge-<lb/>
setzgebung der <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Grossen Katharina der</hi></hi><lb/>
II. hat davon laute Spuren. &#x2014; Schon die<lb/>
Gegenwart der Frau vom Hause, die doch das<lb/>
Hausrecht gewi&#x017F;s nicht in aller Strenge hand-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0034] ein andres Licht und Leben kommen würde, wenn Weiber den Zutritt hätten, in ihnen ihr Licht leuchten zu lassen und ihnen einen an- deren Schwung beizulegen? — Wir haben für unsere Gesellschaften noch keine Pflichtvor- schriften; und doch führt man sich hier ohne Gesetzbuch so exemplarisch, daſs oft Ungezo- gene, die der Staat aufgab, mit augenschein- lichem Vortheile in diese Schule gingen, und aus ihr als gebesserte Menschen zur Universi- tät des Staates gebracht wurden. — Ich ge- traue mir (den Gegenbeweis unverschnitten) auſser Zweifel zu setzen, daſs in allen weib- lichen Regierungen gewisse feine Züge des Anstandes aufzuspüren seyn würden, welche bei einem groſsen Theile der Menschen mehr bewirken, als ein wohlbestallter Codex voll kunstgerechter Strafflüche. Dieser süſse Ge- ruch der Empfehlung, dieses Gewürz des Wohlgefallens — wie liebenswürdig! Die Ge- setzgebung der Grossen Katharina der II. hat davon laute Spuren. — Schon die Gegenwart der Frau vom Hause, die doch das Hausrecht gewiſs nicht in aller Strenge hand-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/34
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/34>, abgerufen am 13.10.2024.