Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

"all die schöne Waare näher betrachten, willst du nicht
"das neue Reitpferd, den hübschen Fuchs hier ver¬
"suchen?"

"Ein herrliches Pferd," sprach Peregrinus, das
aufgezäumte Steckenpferd mit Freudenthränen in den
Augen betrachtend, "ein herrliches Pferd, ächt ara¬
"bische Race." Er bestieg denn auch sogleich das
edle stolze Roß; mochte Peregrinus aber sonst auch
ein vortrefflicher Reuter seyn, er mußte es diesmal
in irgend etwas verfehlt haben, denn der wilde Pon¬
tifex (so war das Pferd geheißen) bäumte sich schnau¬
bend und warf ihn ab, daß er kläglich die Beine in
die Höhe streckte. Noch ehe indessen die zum Tode
erschrockene Aline ihm zu Hülfe springen konnte, hatte
Peregrinus sich schon emporgerafft und den Zügel des
Pferdes ergriffen, das eben hinten ausschlagend, durch¬
gehen wollte. Aufs neue schwang sich Peregrinus nun
auf und brachte, alle Reiterkünste aufbietend und mit
Kraft und Geschick anwendend, den wilden Hengst so
zur Vernunft, daß er zitterte, keuchte, stöhnte, in
Peregrinus seinen mächtigen Zwangherrn erkannte. --
Aline führte, als Peregrinus abgesessen, den Gebeug¬
ten in den Stall.

Die etwas stürmische Reiterei, die im Zimmer,
vielleicht im ganzen Hause einen unbilligen Lärm ver¬

»all die ſchöne Waare näher betrachten, willſt du nicht
»das neue Reitpferd, den hübſchen Fuchs hier ver¬
»ſuchen?»

»Ein herrliches Pferd,» ſprach Peregrinus, das
aufgezäumte Steckenpferd mit Freudenthränen in den
Augen betrachtend, »ein herrliches Pferd, ächt ara¬
»biſche Race.» Er beſtieg denn auch ſogleich das
edle ſtolze Roß; mochte Peregrinus aber ſonſt auch
ein vortrefflicher Reuter ſeyn, er mußte es diesmal
in irgend etwas verfehlt haben, denn der wilde Pon¬
tifex (ſo war das Pferd geheißen) bäumte ſich ſchnau¬
bend und warf ihn ab, daß er kläglich die Beine in
die Höhe ſtreckte. Noch ehe indeſſen die zum Tode
erſchrockene Aline ihm zu Hülfe ſpringen konnte, hatte
Peregrinus ſich ſchon emporgerafft und den Zügel des
Pferdes ergriffen, das eben hinten ausſchlagend, durch¬
gehen wollte. Aufs neue ſchwang ſich Peregrinus nun
auf und brachte, alle Reiterkünſte aufbietend und mit
Kraft und Geſchick anwendend, den wilden Hengſt ſo
zur Vernunft, daß er zitterte, keuchte, ſtöhnte, in
Peregrinus ſeinen mächtigen Zwangherrn erkannte. —
Aline führte, als Peregrinus abgeſeſſen, den Gebeug¬
ten in den Stall.

Die etwas ſtürmiſche Reiterei, die im Zimmer,
vielleicht im ganzen Hauſe einen unbilligen Lärm ver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0011" n="6"/>
»all die &#x017F;chöne Waare näher betrachten, will&#x017F;t du nicht<lb/>
»das neue Reitpferd, den hüb&#x017F;chen Fuchs hier ver¬<lb/>
»&#x017F;uchen?»</p><lb/>
            <p>»Ein herrliches Pferd,» &#x017F;prach Peregrinus, das<lb/>
aufgezäumte Steckenpferd mit Freudenthränen in den<lb/>
Augen betrachtend, »ein herrliches Pferd, ächt ara¬<lb/>
»bi&#x017F;che Race.» Er be&#x017F;tieg denn auch &#x017F;ogleich das<lb/>
edle &#x017F;tolze Roß; mochte Peregrinus aber &#x017F;on&#x017F;t auch<lb/>
ein vortrefflicher Reuter &#x017F;eyn, er mußte es diesmal<lb/>
in irgend etwas verfehlt haben, denn der wilde Pon¬<lb/>
tifex (&#x017F;o war das Pferd geheißen) bäumte &#x017F;ich &#x017F;chnau¬<lb/>
bend und warf ihn ab, daß er kläglich die Beine in<lb/>
die Höhe &#x017F;treckte. Noch ehe inde&#x017F;&#x017F;en die zum Tode<lb/>
er&#x017F;chrockene Aline ihm zu Hülfe &#x017F;pringen konnte, hatte<lb/>
Peregrinus &#x017F;ich &#x017F;chon emporgerafft und den Zügel des<lb/>
Pferdes ergriffen, das eben hinten aus&#x017F;chlagend, durch¬<lb/>
gehen wollte. Aufs neue &#x017F;chwang &#x017F;ich Peregrinus nun<lb/>
auf und brachte, alle Reiterkün&#x017F;te aufbietend und mit<lb/>
Kraft und Ge&#x017F;chick anwendend, den wilden Heng&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
zur Vernunft, daß er zitterte, keuchte, &#x017F;töhnte, in<lb/>
Peregrinus &#x017F;einen mächtigen Zwangherrn erkannte. &#x2014;<lb/>
Aline führte, als Peregrinus abge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en, den Gebeug¬<lb/>
ten in den Stall.</p><lb/>
            <p>Die etwas &#x017F;türmi&#x017F;che Reiterei, die im Zimmer,<lb/>
vielleicht im ganzen Hau&#x017F;e einen unbilligen Lärm ver¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0011] »all die ſchöne Waare näher betrachten, willſt du nicht »das neue Reitpferd, den hübſchen Fuchs hier ver¬ »ſuchen?» »Ein herrliches Pferd,» ſprach Peregrinus, das aufgezäumte Steckenpferd mit Freudenthränen in den Augen betrachtend, »ein herrliches Pferd, ächt ara¬ »biſche Race.» Er beſtieg denn auch ſogleich das edle ſtolze Roß; mochte Peregrinus aber ſonſt auch ein vortrefflicher Reuter ſeyn, er mußte es diesmal in irgend etwas verfehlt haben, denn der wilde Pon¬ tifex (ſo war das Pferd geheißen) bäumte ſich ſchnau¬ bend und warf ihn ab, daß er kläglich die Beine in die Höhe ſtreckte. Noch ehe indeſſen die zum Tode erſchrockene Aline ihm zu Hülfe ſpringen konnte, hatte Peregrinus ſich ſchon emporgerafft und den Zügel des Pferdes ergriffen, das eben hinten ausſchlagend, durch¬ gehen wollte. Aufs neue ſchwang ſich Peregrinus nun auf und brachte, alle Reiterkünſte aufbietend und mit Kraft und Geſchick anwendend, den wilden Hengſt ſo zur Vernunft, daß er zitterte, keuchte, ſtöhnte, in Peregrinus ſeinen mächtigen Zwangherrn erkannte. — Aline führte, als Peregrinus abgeſeſſen, den Gebeug¬ ten in den Stall. Die etwas ſtürmiſche Reiterei, die im Zimmer, vielleicht im ganzen Hauſe einen unbilligen Lärm ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/11
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/11>, abgerufen am 03.10.2024.