So wie Peregrinus dieß vernahm, griff er ha¬ stig nach den saubern Maroquinbänden, als müsse er sich des Heiligthums bemächtigen, ehe ein feindlicher Zufall es ihm raube. Lämmerhirt hielt das für ein Zeichen, daß Peregrinus fort wolle und bat ihn, es sich noch einige Augenblicke in der Familie gefallen zu lassen. Eben dieß erinnerte aber den Peregrinus, daß er doch endlich sich losreißen müsse. Er zahlte schnell die Rechnung und Lämmerhirt reichte ihm wie gewöhnlich die Hand zum Abschiede, die Frau that dasselbe und auch Röschen! -- Die Jungen standen in der offnen Thüre und damit der Liebesthorheit ihr Recht geschehe, riß Peregrinus im Hinausschreiten dem Jüngsten das Restchen Butterstolle aus der Hand, an dem er eben kaute und rannte wie gehetzt die Treppe hinab.
"Nun nun," sprach der Kleine ganz verdutzt, "was ist denn das? Hätt' es mir ja sagen können, "der Herr Tyß, wenn er hungrig war, hätt' ihm "ja gern meine ganze Stolle gegeben!" --
Schritt vor Schritt ging Herr Peregrinus Tyß nach Hause, die schweren Quartanten mühsam unter dem Arm fortschleppend und mit verklärtem Blick ei¬ nen Bissen des Butterstollen Restes nach dem andern
So wie Peregrinus dieß vernahm, griff er ha¬ ſtig nach den ſaubern Maroquinbänden, als müſſe er ſich des Heiligthums bemächtigen, ehe ein feindlicher Zufall es ihm raube. Lämmerhirt hielt das für ein Zeichen, daß Peregrinus fort wolle und bat ihn, es ſich noch einige Augenblicke in der Familie gefallen zu laſſen. Eben dieß erinnerte aber den Peregrinus, daß er doch endlich ſich losreißen müſſe. Er zahlte ſchnell die Rechnung und Lämmerhirt reichte ihm wie gewöhnlich die Hand zum Abſchiede, die Frau that daſſelbe und auch Röschen! — Die Jungen ſtanden in der offnen Thüre und damit der Liebesthorheit ihr Recht geſchehe, riß Peregrinus im Hinausſchreiten dem Jüngſten das Reſtchen Butterſtolle aus der Hand, an dem er eben kaute und rannte wie gehetzt die Treppe hinab.
»Nun nun,» ſprach der Kleine ganz verdutzt, »was iſt denn das? Hätt' es mir ja ſagen können, »der Herr Tyß, wenn er hungrig war, hätt' ihm »ja gern meine ganze Stolle gegeben!» —
Schritt vor Schritt ging Herr Peregrinus Tyß nach Hauſe, die ſchweren Quartanten mühſam unter dem Arm fortſchleppend und mit verklärtem Blick ei¬ nen Biſſen des Butterſtollen Reſtes nach dem andern
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So wie Peregrinus dieß vernahm, griff er ha¬
ſtig nach den ſaubern Maroquinbänden, als müſſe er
ſich des Heiligthums bemächtigen, ehe ein feindlicher
Zufall es ihm raube. Lämmerhirt hielt das für ein
Zeichen, daß Peregrinus fort wolle und bat ihn, es
ſich noch einige Augenblicke in der Familie gefallen zu
laſſen. Eben dieß erinnerte aber den Peregrinus,
daß er doch endlich ſich losreißen müſſe. Er zahlte
ſchnell die Rechnung und Lämmerhirt reichte ihm wie
gewöhnlich die Hand zum Abſchiede, die Frau that
daſſelbe und auch Röschen! — Die Jungen ſtanden
in der offnen Thüre und damit der Liebesthorheit ihr
Recht geſchehe, riß Peregrinus im Hinausſchreiten
dem Jüngſten das Reſtchen Butterſtolle aus der Hand,
an dem er eben kaute und rannte wie gehetzt die Treppe
hinab.
»Nun nun,» ſprach der Kleine ganz verdutzt,
»was iſt denn das? Hätt' es mir ja ſagen können,
»der Herr Tyß, wenn er hungrig war, hätt' ihm
»ja gern meine ganze Stolle gegeben!» —
Schritt vor Schritt ging Herr Peregrinus Tyß
nach Hauſe, die ſchweren Quartanten mühſam unter
dem Arm fortſchleppend und mit verklärtem Blick ei¬
nen Biſſen des Butterſtollen Reſtes nach dem andern
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/241>, abgerufen am 24.05.2022.
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