Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

innerer Angst und Unruhe gequält, konnte ich
kein Auge zuthun. Der verhaßte abscheuliche
Coppelius stand vor mir mit funkelnden Augen
und lachte mich hämisch an, vergebens trachtete
ich sein Bild los zu werden. Es mochte wohl
schon Mitternacht seyn, als ein entsetzlicher Schlag
geschah, wie wenn ein Geschütz losgefeiert würde.
Das ganze Haus erdröhnte, es rasselte und rauschte
bei meiner Thüre vorüber, die Hausthüre wurde
klirrend zugeworfen. "Das ist Coppelius" rief
ich entsetzt und sprang aus dem Bette. Da
kreischte es auf in schneidendem trostlosen Jam¬
mer, fort stürzte ich nach des Vaters Zimmer,
die Thüre stand offen, erstickender Dampf quoll
mir entgegen, das Dienstmädchen schrie: Ach, der
Herr! -- der Herr! -- Vor dem dampfenden
Heerde auf dem Boden lag mein Vater todt mit
schwarz verbranntem gräßlich verzerrtem Gesicht,
um ihn herum heulten und winselten die Schwe¬
stern -- die Mutter ohnmächtig daneben! --
"Coppelius, verruchter Satan, du hast den
Vater erschlagen!" -- So schrie ich auf; mir ver¬

innerer Angſt und Unruhe gequaͤlt, konnte ich
kein Auge zuthun. Der verhaßte abſcheuliche
Coppelius ſtand vor mir mit funkelnden Augen
und lachte mich haͤmiſch an, vergebens trachtete
ich ſein Bild los zu werden. Es mochte wohl
ſchon Mitternacht ſeyn, als ein entſetzlicher Schlag
geſchah, wie wenn ein Geſchuͤtz losgefeiert wuͤrde.
Das ganze Haus erdroͤhnte, es raſſelte und rauſchte
bei meiner Thuͤre voruͤber, die Hausthuͤre wurde
klirrend zugeworfen. „Das iſt Coppelius“ rief
ich entſetzt und ſprang aus dem Bette. Da
kreiſchte es auf in ſchneidendem troſtloſen Jam¬
mer, fort ſtuͤrzte ich nach des Vaters Zimmer,
die Thuͤre ſtand offen, erſtickender Dampf quoll
mir entgegen, das Dienſtmaͤdchen ſchrie: Ach, der
Herr! — der Herr! — Vor dem dampfenden
Heerde auf dem Boden lag mein Vater todt mit
ſchwarz verbranntem graͤßlich verzerrtem Geſicht,
um ihn herum heulten und winſelten die Schwe¬
ſtern — die Mutter ohnmaͤchtig daneben! —
Coppelius, verruchter Satan, du haſt den
Vater erſchlagen!“ — So ſchrie ich auf; mir ver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0026" n="18"/>
innerer Ang&#x017F;t und Unruhe gequa&#x0364;lt, konnte ich<lb/>
kein Auge zuthun. Der verhaßte ab&#x017F;cheuliche<lb/><hi rendition="#g">Coppelius</hi> &#x017F;tand vor mir mit funkelnden Augen<lb/>
und lachte mich ha&#x0364;mi&#x017F;ch an, vergebens trachtete<lb/>
ich &#x017F;ein Bild los zu werden. Es mochte wohl<lb/>
&#x017F;chon Mitternacht &#x017F;eyn, als ein ent&#x017F;etzlicher Schlag<lb/>
ge&#x017F;chah, wie wenn ein Ge&#x017F;chu&#x0364;tz losgefeiert wu&#x0364;rde.<lb/>
Das ganze Haus erdro&#x0364;hnte, es ra&#x017F;&#x017F;elte und rau&#x017F;chte<lb/>
bei meiner Thu&#x0364;re voru&#x0364;ber, die Hausthu&#x0364;re wurde<lb/>
klirrend zugeworfen. &#x201E;Das i&#x017F;t <hi rendition="#g">Coppelius</hi>&#x201C; rief<lb/>
ich ent&#x017F;etzt und &#x017F;prang aus dem Bette. Da<lb/>
krei&#x017F;chte es auf in &#x017F;chneidendem tro&#x017F;tlo&#x017F;en Jam¬<lb/>
mer, fort &#x017F;tu&#x0364;rzte ich nach des Vaters Zimmer,<lb/>
die Thu&#x0364;re &#x017F;tand offen, er&#x017F;tickender Dampf quoll<lb/>
mir entgegen, das Dien&#x017F;tma&#x0364;dchen &#x017F;chrie: Ach, der<lb/>
Herr! &#x2014; der Herr! &#x2014; Vor dem dampfenden<lb/>
Heerde auf dem Boden lag mein Vater todt mit<lb/>
&#x017F;chwarz verbranntem gra&#x0364;ßlich verzerrtem Ge&#x017F;icht,<lb/>
um ihn herum heulten und win&#x017F;elten die Schwe¬<lb/>
&#x017F;tern &#x2014; die Mutter ohnma&#x0364;chtig daneben! &#x2014;<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">Coppelius</hi>, verruchter Satan, du ha&#x017F;t den<lb/>
Vater er&#x017F;chlagen!&#x201C; &#x2014; So &#x017F;chrie ich auf; mir ver¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0026] innerer Angſt und Unruhe gequaͤlt, konnte ich kein Auge zuthun. Der verhaßte abſcheuliche Coppelius ſtand vor mir mit funkelnden Augen und lachte mich haͤmiſch an, vergebens trachtete ich ſein Bild los zu werden. Es mochte wohl ſchon Mitternacht ſeyn, als ein entſetzlicher Schlag geſchah, wie wenn ein Geſchuͤtz losgefeiert wuͤrde. Das ganze Haus erdroͤhnte, es raſſelte und rauſchte bei meiner Thuͤre voruͤber, die Hausthuͤre wurde klirrend zugeworfen. „Das iſt Coppelius“ rief ich entſetzt und ſprang aus dem Bette. Da kreiſchte es auf in ſchneidendem troſtloſen Jam¬ mer, fort ſtuͤrzte ich nach des Vaters Zimmer, die Thuͤre ſtand offen, erſtickender Dampf quoll mir entgegen, das Dienſtmaͤdchen ſchrie: Ach, der Herr! — der Herr! — Vor dem dampfenden Heerde auf dem Boden lag mein Vater todt mit ſchwarz verbranntem graͤßlich verzerrtem Geſicht, um ihn herum heulten und winſelten die Schwe¬ ſtern — die Mutter ohnmaͤchtig daneben! — „Coppelius, verruchter Satan, du haſt den Vater erſchlagen!“ — So ſchrie ich auf; mir ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/26
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/26>, abgerufen am 28.03.2024.