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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Hochzeit-Gedichte.
Ich meyne eine frau. Nichts ist so allgemein/
Als eine nacht vermählt/ und schon geqvälet seyn.
Der aussatz findet sich auch an dem schönsten leibe/
Und Socrates hat recht/ daß mancher nur beym weibe
Zwey gute tage hat: den einen/ da er freyt/
Den andern/ da er sie mit erden überstreut.
Heut aber hat dich GOtt hierinnen auch erhöret;
Dein sohn ist wohl beweibt/ dein hauß ist wohl vermehret/
Und nimmt ein solches kind zu seiner tochter an/
Das himmel und vernunfft nicht besser bilden kan/
Und man hier künfftig auch wird ohne namen kennen;
Denn wer sie nennen will/ darff nur die schönste nennen.
Und nun begreiff ich erst/ was mancher nicht bedenckt/
Warum dir die natur nur einen sohn geschenckt.
Sie wuste dich so wohl in stücke nicht zu fassen/
Drum wolte sie dich gantz und nicht gestümpelt lassen.
O hocherhobner mann! dein lob-lied ist zu schwer;
Wo nähm' ich doch papier/ wo dint' und federn her?
Die worte würden eh'/ als deine thaten fehlen;
So kan ich mich auch nicht in diesen orden zehlen/
Der mit der schnellen post zum Musen-berge reist/
Der verße/ wie ein brunn das wasser/ von sich geußt/
Und zehen bogen kunst aus einem ermel schüttelt.
Die sorgen haben mir die kräffte schon verrüttelt;
Und ich empfinde zwar zum reimen einen sinn/
Doch auch bey weitem nicht/ daß ich ein tichter bin.
Wiewohl du fragest nichts nach tichtern und poeten;
Denn dein erleuchter ruhm hat keinen glantz von nöthen.
Wer schreibt/ was du gethan/ und saget/ wer du bist/
Hat so viel wahres schon/ daß er der kunst vergist.
Drum laß ich andere bey diesem feste singen/
Und weil dein wohlseyn doch nicht höher ist zu bringen/
So wünsch ich/ wie vormahls Philippus hat gedacht/
Als man ihm einen tag vier gute posten bracht:
Der himmel möge doch/ dafern er ja will plagen/
Auff dieses glücke nur mit kleinen ruthen schlagen.



An
H 3

Hochzeit-Gedichte.
Ich meyne eine frau. Nichts iſt ſo allgemein/
Als eine nacht vermaͤhlt/ und ſchon geqvaͤlet ſeyn.
Der auſſatz findet ſich auch an dem ſchoͤnſten leibe/
Und Socrates hat recht/ daß mancher nur beym weibe
Zwey gute tage hat: den einen/ da er freyt/
Den andern/ da er ſie mit erden uͤberſtreut.
Heut aber hat dich GOtt hierinnen auch erhoͤret;
Dein ſohn iſt wohl beweibt/ dein hauß iſt wohl vermehret/
Und nimmt ein ſolches kind zu ſeiner tochter an/
Das himmel und vernunfft nicht beſſer bilden kan/
Und man hier kuͤnfftig auch wird ohne namen kennen;
Denn wer ſie nennen will/ darff nur die ſchoͤnſte nennen.
Und nun begreiff ich erſt/ was mancher nicht bedenckt/
Warum dir die natur nur einen ſohn geſchenckt.
Sie wuſte dich ſo wohl in ſtuͤcke nicht zu faſſen/
Drum wolte ſie dich gantz und nicht geſtuͤmpelt laſſen.
O hocherhobner mann! dein lob-lied iſt zu ſchwer;
Wo naͤhm’ ich doch papier/ wo dint’ und federn her?
Die worte wuͤrden eh’/ als deine thaten fehlen;
So kan ich mich auch nicht in dieſen orden zehlen/
Der mit der ſchnellen poſt zum Muſen-berge reiſt/
Der verße/ wie ein brunn das waſſer/ von ſich geußt/
Und zehen bogen kunſt aus einem ermel ſchuͤttelt.
Die ſorgen haben mir die kraͤffte ſchon verruͤttelt;
Und ich empfinde zwar zum reimen einen ſinn/
Doch auch bey weitem nicht/ daß ich ein tichter bin.
Wiewohl du frageſt nichts nach tichtern und poeten;
Denn dein erleuchter ruhm hat keinen glantz von noͤthen.
Wer ſchreibt/ was du gethan/ und ſaget/ wer du biſt/
Hat ſo viel wahres ſchon/ daß er der kunſt vergiſt.
Drum laß ich andere bey dieſem feſte ſingen/
Und weil dein wohlſeyn doch nicht hoͤher iſt zu bringen/
So wuͤnſch ich/ wie vormahls Philippus hat gedacht/
Als man ihm einen tag vier gute poſten bracht:
Der himmel moͤge doch/ dafern er ja will plagen/
Auff dieſes gluͤcke nur mit kleinen ruthen ſchlagen.



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[117/0161] Hochzeit-Gedichte. Ich meyne eine frau. Nichts iſt ſo allgemein/ Als eine nacht vermaͤhlt/ und ſchon geqvaͤlet ſeyn. Der auſſatz findet ſich auch an dem ſchoͤnſten leibe/ Und Socrates hat recht/ daß mancher nur beym weibe Zwey gute tage hat: den einen/ da er freyt/ Den andern/ da er ſie mit erden uͤberſtreut. Heut aber hat dich GOtt hierinnen auch erhoͤret; Dein ſohn iſt wohl beweibt/ dein hauß iſt wohl vermehret/ Und nimmt ein ſolches kind zu ſeiner tochter an/ Das himmel und vernunfft nicht beſſer bilden kan/ Und man hier kuͤnfftig auch wird ohne namen kennen; Denn wer ſie nennen will/ darff nur die ſchoͤnſte nennen. Und nun begreiff ich erſt/ was mancher nicht bedenckt/ Warum dir die natur nur einen ſohn geſchenckt. Sie wuſte dich ſo wohl in ſtuͤcke nicht zu faſſen/ Drum wolte ſie dich gantz und nicht geſtuͤmpelt laſſen. O hocherhobner mann! dein lob-lied iſt zu ſchwer; Wo naͤhm’ ich doch papier/ wo dint’ und federn her? Die worte wuͤrden eh’/ als deine thaten fehlen; So kan ich mich auch nicht in dieſen orden zehlen/ Der mit der ſchnellen poſt zum Muſen-berge reiſt/ Der verße/ wie ein brunn das waſſer/ von ſich geußt/ Und zehen bogen kunſt aus einem ermel ſchuͤttelt. Die ſorgen haben mir die kraͤffte ſchon verruͤttelt; Und ich empfinde zwar zum reimen einen ſinn/ Doch auch bey weitem nicht/ daß ich ein tichter bin. Wiewohl du frageſt nichts nach tichtern und poeten; Denn dein erleuchter ruhm hat keinen glantz von noͤthen. Wer ſchreibt/ was du gethan/ und ſaget/ wer du biſt/ Hat ſo viel wahres ſchon/ daß er der kunſt vergiſt. Drum laß ich andere bey dieſem feſte ſingen/ Und weil dein wohlſeyn doch nicht hoͤher iſt zu bringen/ So wuͤnſch ich/ wie vormahls Philippus hat gedacht/ Als man ihm einen tag vier gute poſten bracht: Der himmel moͤge doch/ dafern er ja will plagen/ Auff dieſes gluͤcke nur mit kleinen ruthen ſchlagen. An H 3

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/161>, abgerufen am 28.04.2024.