Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Begräbniß-Gedichte. Die an dem begräbniß-tage/ ihres gros- sen Friedrich Wilhelms/ wehklagende Durch- lauchtigste Dorothee. OUnerbittliches verhängniß meiner jahre! Du stiffter meiner noth und dieser todten-bahre! Vollbringest du nunmehr den allerletzten neid; Und was noch übrig war an meiner traurigkeit? Mein Friedrich Wilhelm starb! du hast ihn mir entrissen; War es dir nicht genug/ daß ichs erleben müssen? Hast du/ sein grab zu sehn/ mich leider auch bestimmt! Das/ wie du lebendig/ mir ihn gestorben nimmt. Ach nein! ach nein! zu viel der kläglichen beschwerde! Zu viel/ daß zweymahl ich durch ihn zur wittben werde! Durch seinen tod zuvor/ und nun durch diesen stein; Der seiner aschen auch verbeut bey mir zu seyn! In meiner finsterniß/ da ich bißher gesessen/ Da ohnmacht/ hertzeleid und angst mich abgefressen/ War dieses noch mein trost/ bey meinem ungemach/ Daß es mir meinen todt auff diesen tag versprach. Glückselig mein geschick/ wenn du es vollenzogen! Wenn meine hoffnung nicht mißgünstig mich betrogen; Die meinen welcken leib/ zu der verlangten nacht/ Zum schatten und geripp/ zur leiche nicht gemacht! Ich muß mich in mir selbst der trägen schwachheit schämen/ Daß ich nicht starck genug zu tode mich zu grämen/ Daß ich vor blossem schmertz nicht leicht ersterben kan; Nach dem du solchen riß an meiner brust gethan. Armselge Dorothee! worzu bist du erkohren? Du weist/ was Brandenburg/ doch mehr was du verlohren; Ein vaters gleicher sohn ersetzt ihm den verlust; Nur dir stirbt gantz und gar was du deweinen must. Ich klage nicht die macht/ die hoheit und das glücke/ Daß alles läst mein fürst mit Friedrich mir zurücke. Ich klage meinen herrn; nicht seinen fürsten-saal; Nicht das gekrönte haupt; nur bloß mein eh-gemahl. Mein werthes eh-gemahl/ des treue mich erlesen; Der auch so liebreich war/ als groß er ist gewesen. Erwe- H 5
Begraͤbniß-Gedichte. Die an dem begraͤbniß-tage/ ihres groſ- ſen Friedrich Wilhelms/ wehklagende Durch- lauchtigſte Dorothee. OUnerbittliches verhaͤngniß meiner jahre! Du ſtiffter meiner noth und dieſer todten-bahre! Vollbringeſt du nunmehr den allerletzten neid; Und was noch uͤbrig war an meiner traurigkeit? Mein Friedrich Wilhelm ſtarb! du haſt ihn mir entriſſen; War es dir nicht genug/ daß ichs erleben muͤſſen? Haſt du/ ſein grab zu ſehn/ mich leider auch beſtimmt! Das/ wie du lebendig/ mir ihn geſtorben nimmt. Ach nein! ach nein! zu viel der klaͤglichen beſchwerde! Zu viel/ daß zweymahl ich durch ihn zur wittben werde! Durch ſeinen tod zuvor/ und nun durch dieſen ſtein; Der ſeiner aſchen auch verbeut bey mir zu ſeyn! In meiner finſterniß/ da ich bißher geſeſſen/ Da ohnmacht/ hertzeleid und angſt mich abgefreſſen/ War dieſes noch mein troſt/ bey meinem ungemach/ Daß es mir meinen todt auff dieſen tag verſprach. Gluͤckſelig mein geſchick/ wenn du es vollenzogen! Wenn meine hoffnung nicht mißguͤnſtig mich betrogen; Die meinen welcken leib/ zu der verlangten nacht/ Zum ſchatten und geripp/ zur leiche nicht gemacht! Ich muß mich in mir ſelbſt der traͤgen ſchwachheit ſchaͤmen/ Daß ich nicht ſtarck genug zu tode mich zu graͤmen/ Daß ich vor bloſſem ſchmertz nicht leicht erſterben kan; Nach dem du ſolchen riß an meiner bruſt gethan. Armſelge Dorothee! worzu biſt du erkohren? Du weiſt/ was Brandenburg/ doch mehr was du verlohren; Ein vaters gleicher ſohn erſetzt ihm den verluſt; Nur dir ſtirbt gantz und gar was du deweinen muſt. Ich klage nicht die macht/ die hoheit und das gluͤcke/ Daß alles laͤſt mein fuͤrſt mit Friedrich mir zuruͤcke. Ich klage meinen herrn; nicht ſeinen fuͤrſten-ſaal; Nicht das gekroͤnte haupt; nur bloß mein eh-gemahl. Mein werthes eh-gemahl/ des treue mich erleſen; Der auch ſo liebreich war/ als groß er iſt geweſen. Erwe- H 5
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Begraͤbniß-Gedichte.
Die an dem begraͤbniß-tage/ ihres groſ-
ſen Friedrich Wilhelms/ wehklagende Durch-
lauchtigſte Dorothee.
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OUnerbittliches verhaͤngniß meiner jahre!
Du ſtiffter meiner noth und dieſer todten-bahre!
Vollbringeſt du nunmehr den allerletzten neid;
Und was noch uͤbrig war an meiner traurigkeit?
Mein Friedrich Wilhelm ſtarb! du haſt ihn mir entriſſen;
War es dir nicht genug/ daß ichs erleben muͤſſen?
Haſt du/ ſein grab zu ſehn/ mich leider auch beſtimmt!
Das/ wie du lebendig/ mir ihn geſtorben nimmt.
Ach nein! ach nein! zu viel der klaͤglichen beſchwerde!
Zu viel/ daß zweymahl ich durch ihn zur wittben werde!
Durch ſeinen tod zuvor/ und nun durch dieſen ſtein;
Der ſeiner aſchen auch verbeut bey mir zu ſeyn!
In meiner finſterniß/ da ich bißher geſeſſen/
Da ohnmacht/ hertzeleid und angſt mich abgefreſſen/
War dieſes noch mein troſt/ bey meinem ungemach/
Daß es mir meinen todt auff dieſen tag verſprach.
Gluͤckſelig mein geſchick/ wenn du es vollenzogen!
Wenn meine hoffnung nicht mißguͤnſtig mich betrogen;
Die meinen welcken leib/ zu der verlangten nacht/
Zum ſchatten und geripp/ zur leiche nicht gemacht!
Ich muß mich in mir ſelbſt der traͤgen ſchwachheit ſchaͤmen/
Daß ich nicht ſtarck genug zu tode mich zu graͤmen/
Daß ich vor bloſſem ſchmertz nicht leicht erſterben kan;
Nach dem du ſolchen riß an meiner bruſt gethan.
Armſelge Dorothee! worzu biſt du erkohren?
Du weiſt/ was Brandenburg/ doch mehr was du verlohren;
Ein vaters gleicher ſohn erſetzt ihm den verluſt;
Nur dir ſtirbt gantz und gar was du deweinen muſt.
Ich klage nicht die macht/ die hoheit und das gluͤcke/
Daß alles laͤſt mein fuͤrſt mit Friedrich mir zuruͤcke.
Ich klage meinen herrn; nicht ſeinen fuͤrſten-ſaal;
Nicht das gekroͤnte haupt; nur bloß mein eh-gemahl.
Mein werthes eh-gemahl/ des treue mich erleſen;
Der auch ſo liebreich war/ als groß er iſt geweſen.
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