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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Rose.
Beut iemand meinen ruhm itzt einen wettstreit an/
Darff eine blume sich wohl wider mich erheben?
Nein bunte tulipan; ich muß dir widerstreben.
Ich/ als die königin in ieden garten plan.
Mein himmlischer geruch/ was hat er nicht gethan?
Gibt er nicht sterbenden ein frisch beseeltes leben?
Ich muß dem jungfer-volck die schönsten kräntze geben:
Die Götter streuen selbst mit rosen ihre bahn.
Mein thron ist grüner sammt/ mein scepter ist ein ast/
Den hat der scharffe dorn in treue wacht gefast.
Die purpur-mäntel sind den rothen blättern rein/
Und die smaragdne schooß haucht süsse liebes-winde/
So steckt der krone gold in gelben zeserlein/
Wer saget/ daß er wo dergleichen hochzeit finde?
Lilie.
Mir weissen lilie gebühret kron und thron/
Mein silber das ist weiß und rein von aller fchmincke/
Die rosen ähnlich sieht/ die tulipan versincke/
Und lege sich ins grab/ das sag ich dir zu hohn.
Man hat sonst weiter nichts als augen-lust davon/
Wenn ich den perlen thau aus meinen kelche trincke/
So seht ihr blumen erst in was vor zierd ich blincke/
Mir dient der westen wind des lentzens liebster sohn/
Für geile hertzen ist der rose milch und blut.
Ich bin die keuscheit blum und unbefleckt an zierde.
Ihr andern alle seyd beschmutzet von begierde.
Und mag noch eine seyn die mir den einspruch thut?
Weg ros' und tulipan/ weg nelck ich hab erreichet/
Daß keine blume sich mit meiner würde gleichet.
Cypreß.
Der rosen lieblich blut/ der liljen silber-schein/
Der nelcken bunte zier wächst nicht auff meinen zweigen/
Ich kan sonst weiter nichts als grüne bleichheit zeigen/
Und zu dem leichen schmuck nur eintzig dienlich seyn.
Doch wenn des winters frost reist saam und buntwerck ein/
So sieht ein wundernd aug aus meinen stengel steigen/
Verneute lebens-krafft. Mir bleibt solch wachsthum eigen/
Das sonst bey reiff und schnee den blumen ungemein.
Aus
Vermiſchte Gedichte.
Roſe.
Beut iemand meinen ruhm itzt einen wettſtreit an/
Darff eine blume ſich wohl wider mich erheben?
Nein bunte tulipan; ich muß dir widerſtreben.
Ich/ als die koͤnigin in ieden garten plan.
Mein himmliſcher geruch/ was hat er nicht gethan?
Gibt er nicht ſterbenden ein friſch beſeeltes leben?
Ich muß dem jungfer-volck die ſchoͤnſten kraͤntze geben:
Die Goͤtter ſtreuen ſelbſt mit roſen ihre bahn.
Mein thron iſt gruͤner ſammt/ mein ſcepter iſt ein aſt/
Den hat der ſcharffe dorn in treue wacht gefaſt.
Die purpur-maͤntel ſind den rothen blaͤttern rein/
Und die ſmaragdne ſchooß haucht ſuͤſſe liebes-winde/
So ſteckt der krone gold in gelben zeſerlein/
Wer ſaget/ daß er wo dergleichen hochzeit finde?
Lilie.
Mir weiſſen lilie gebuͤhret kron und thron/
Mein ſilber das iſt weiß und rein von aller fchmincke/
Die roſen aͤhnlich ſieht/ die tulipan verſincke/
Und lege ſich ins grab/ das ſag ich dir zu hohn.
Man hat ſonſt weiter nichts als augen-luſt davon/
Wenn ich den perlen thau aus meinen kelche trincke/
So ſeht ihr blumen erſt in was vor zierd ich blincke/
Mir dient der weſten wind des lentzens liebſter ſohn/
Fuͤr geile hertzen iſt der roſe milch und blut.
Ich bin die keuſcheit blum und unbefleckt an zierde.
Ihr andern alle ſeyd beſchmutzet von begierde.
Und mag noch eine ſeyn die mir den einſpruch thut?
Weg roſ’ und tulipan/ weg nelck ich hab erreichet/
Daß keine blume ſich mit meiner wuͤrde gleichet.
Cypreß.
Der roſen lieblich blut/ der liljen ſilber-ſchein/
Der nelcken bunte zier waͤchſt nicht auff meinen zweigen/
Ich kan ſonſt weiter nichts als gruͤne bleichheit zeigen/
Und zu dem leichen ſchmuck nur eintzig dienlich ſeyn.
Doch wenn des winters froſt reiſt ſaam und buntwerck ein/
So ſieht ein wundernd aug aus meinen ſtengel ſteigen/
Verneute lebens-krafft. Mir bleibt ſolch wachsthum eigen/
Das ſonſt bey reiff und ſchnee den blumen ungemein.
Aus
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[224/0268] Vermiſchte Gedichte. Roſe. Beut iemand meinen ruhm itzt einen wettſtreit an/ Darff eine blume ſich wohl wider mich erheben? Nein bunte tulipan; ich muß dir widerſtreben. Ich/ als die koͤnigin in ieden garten plan. Mein himmliſcher geruch/ was hat er nicht gethan? Gibt er nicht ſterbenden ein friſch beſeeltes leben? Ich muß dem jungfer-volck die ſchoͤnſten kraͤntze geben: Die Goͤtter ſtreuen ſelbſt mit roſen ihre bahn. Mein thron iſt gruͤner ſammt/ mein ſcepter iſt ein aſt/ Den hat der ſcharffe dorn in treue wacht gefaſt. Die purpur-maͤntel ſind den rothen blaͤttern rein/ Und die ſmaragdne ſchooß haucht ſuͤſſe liebes-winde/ So ſteckt der krone gold in gelben zeſerlein/ Wer ſaget/ daß er wo dergleichen hochzeit finde? Lilie. Mir weiſſen lilie gebuͤhret kron und thron/ Mein ſilber das iſt weiß und rein von aller fchmincke/ Die roſen aͤhnlich ſieht/ die tulipan verſincke/ Und lege ſich ins grab/ das ſag ich dir zu hohn. Man hat ſonſt weiter nichts als augen-luſt davon/ Wenn ich den perlen thau aus meinen kelche trincke/ So ſeht ihr blumen erſt in was vor zierd ich blincke/ Mir dient der weſten wind des lentzens liebſter ſohn/ Fuͤr geile hertzen iſt der roſe milch und blut. Ich bin die keuſcheit blum und unbefleckt an zierde. Ihr andern alle ſeyd beſchmutzet von begierde. Und mag noch eine ſeyn die mir den einſpruch thut? Weg roſ’ und tulipan/ weg nelck ich hab erreichet/ Daß keine blume ſich mit meiner wuͤrde gleichet. Cypreß. Der roſen lieblich blut/ der liljen ſilber-ſchein/ Der nelcken bunte zier waͤchſt nicht auff meinen zweigen/ Ich kan ſonſt weiter nichts als gruͤne bleichheit zeigen/ Und zu dem leichen ſchmuck nur eintzig dienlich ſeyn. Doch wenn des winters froſt reiſt ſaam und buntwerck ein/ So ſieht ein wundernd aug aus meinen ſtengel ſteigen/ Verneute lebens-krafft. Mir bleibt ſolch wachsthum eigen/ Das ſonſt bey reiff und ſchnee den blumen ungemein. Aus

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/268>, abgerufen am 19.04.2024.