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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
51.
Heilsamer köcher/ gewünschete pfeile!
Flieget/ hie habt ihr mein hertze zum ziel/
Kräncket es doch/ daß die kranckheit es heile/
Treffet/ hier trifft/ wer gleich treffen nicht will;
Denn der begierde bezauberte schmertzen
Ziehen die küssende pfeile zum hertzen.
52.
Wie der magnet sich nach norden hinkehret/
Wie sich die flamme zur flammen-qvell glimmt.
Gleich wie der schwaade der erden zufähret/
Wie das geträncke der dürstige nimmt;
Also fühl ihr hertz und lippen auch lechsen
Nach dem ambrosenen lippen-gewächsen.
53.
Weigerstu dich denn im glase des mundes
Mir zu gewähren das küssende gifft?
Heischet doch diß das gesetze des bundes/
Welcher mit uns hat die lippen gestifft;
Thu's/ Roselinde/ mein engel/ ich sterbe.
Sterben ist lieblich/ und loben ist herbe.
54.
Thu's/ Roselinde/ mein kind/ aus erbarmen/
Mache mein schwindendes hertze gesund/
Labe mich matten/ beschencke mich armen/
Träncke den fast halb erdürsteten mund.
Küsse mich. Weistu? die küsse die haben
Kräffte zu heilen/ zu träncken/ zu laben.
55.
Küsse mich/ hertze mich/ liebste/ von hertzen/
Treibe das friedsame kämpffen fein scharff/
Gönne/ daß ich diß erqvickende schertzen
Allemahl zehnmahl vergelten dir darff.
Billig verwechselt man süsse für süsse/
Zucker für zucker/ und küsse für küsse.
Wirstu
Vermiſchte Gedichte.
51.
Heilſamer koͤcher/ gewuͤnſchete pfeile!
Flieget/ hie habt ihr mein hertze zum ziel/
Kraͤncket es doch/ daß die kranckheit es heile/
Treffet/ hier trifft/ wer gleich treffen nicht will;
Denn der begierde bezauberte ſchmertzen
Ziehen die kuͤſſende pfeile zum hertzen.
52.
Wie der magnet ſich nach norden hinkehret/
Wie ſich die flamme zur flammen-qvell glimmt.
Gleich wie der ſchwaade der erden zufaͤhret/
Wie das getraͤncke der duͤrſtige nimmt;
Alſo fuͤhl ihr hertz und lippen auch lechſen
Nach dem ambroſenen lippen-gewaͤchſen.
53.
Weigerſtu dich denn im glaſe des mundes
Mir zu gewaͤhren das kuͤſſende gifft?
Heiſchet doch diß das geſetze des bundes/
Welcher mit uns hat die lippen geſtifft;
Thu’s/ Roſelinde/ mein engel/ ich ſterbe.
Sterben iſt lieblich/ und loben iſt herbe.
54.
Thu’s/ Roſelinde/ mein kind/ aus erbarmen/
Mache mein ſchwindendes hertze geſund/
Labe mich matten/ beſchencke mich armen/
Traͤncke den faſt halb erduͤrſteten mund.
Kuͤſſe mich. Weiſtu? die kuͤſſe die haben
Kraͤffte zu heilen/ zu traͤncken/ zu laben.
55.
Kuͤſſe mich/ hertze mich/ liebſte/ von hertzen/
Treibe das friedſame kaͤmpffen fein ſcharff/
Goͤnne/ daß ich diß erqvickende ſchertzen
Allemahl zehnmahl vergelten dir darff.
Billig verwechſelt man ſuͤſſe fuͤr ſuͤſſe/
Zucker fuͤr zucker/ und kuͤſſe fuͤr kuͤſſe.
Wirſtu
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[283/0327] Vermiſchte Gedichte. 51. Heilſamer koͤcher/ gewuͤnſchete pfeile! Flieget/ hie habt ihr mein hertze zum ziel/ Kraͤncket es doch/ daß die kranckheit es heile/ Treffet/ hier trifft/ wer gleich treffen nicht will; Denn der begierde bezauberte ſchmertzen Ziehen die kuͤſſende pfeile zum hertzen. 52. Wie der magnet ſich nach norden hinkehret/ Wie ſich die flamme zur flammen-qvell glimmt. Gleich wie der ſchwaade der erden zufaͤhret/ Wie das getraͤncke der duͤrſtige nimmt; Alſo fuͤhl ihr hertz und lippen auch lechſen Nach dem ambroſenen lippen-gewaͤchſen. 53. Weigerſtu dich denn im glaſe des mundes Mir zu gewaͤhren das kuͤſſende gifft? Heiſchet doch diß das geſetze des bundes/ Welcher mit uns hat die lippen geſtifft; Thu’s/ Roſelinde/ mein engel/ ich ſterbe. Sterben iſt lieblich/ und loben iſt herbe. 54. Thu’s/ Roſelinde/ mein kind/ aus erbarmen/ Mache mein ſchwindendes hertze geſund/ Labe mich matten/ beſchencke mich armen/ Traͤncke den faſt halb erduͤrſteten mund. Kuͤſſe mich. Weiſtu? die kuͤſſe die haben Kraͤffte zu heilen/ zu traͤncken/ zu laben. 55. Kuͤſſe mich/ hertze mich/ liebſte/ von hertzen/ Treibe das friedſame kaͤmpffen fein ſcharff/ Goͤnne/ daß ich diß erqvickende ſchertzen Allemahl zehnmahl vergelten dir darff. Billig verwechſelt man ſuͤſſe fuͤr ſuͤſſe/ Zucker fuͤr zucker/ und kuͤſſe fuͤr kuͤſſe. Wirſtu

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/327>, abgerufen am 21.05.2024.