Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

Galante und
Denn andre steine sind nicht unsres nahmens wehrt/
Sie melde noch daß wir die welt regieret haben/
So weit der sonnen licht mit seinen strahlen fährt
Und noch beherrscher seyn: die Säulen könnens sagen
Die unsrer klugheit sind zu ehren aufgebaut/
Was unser thron der welt vor früchte hat getragen/
Und wie man öffters uns verwundernd angeschaut/
Wenn wir Athen und Rom mit reden überwunden/
Die tugenden erhöht die laster abgeschafft;
Der friedenstörer arm durch einen spruch gebunden;
Ja offters auch wohl gar zum tode hingerafft;
Uns hindert keine nacht mit ihrem schwartzen zügel/
Die blicke hemmt er zwar doch unsre stimme nicht/
Die hat in ihr vielmehr noch weit geschwindre flügel
Weil kein geräusche nicht derselben kräffte bricht.
Es wil die Mißgunst hier zwar unsern scharlach schwärtzen/
Als wären wir ein sitz der geilen buhlerey/
Und liessen uns/ so gar ohn alles weigern/ hertzen
Da doch ein kuß vielmehr der keuschheit schandfleck sey.
Wir lachen nur hierzu/ und wissen dieses besser/
Wozu der rosen-stock um unsre gegend wächst
Wozu der athem weht/ und daß nach dem gewässer
Das unsre Qvelle führt/ ein geist mit rechte lechst.
Doch wenn die geilheit hier wil unsre blumen brechen/
So fehlts an waffen nicht/ und kommt sie nur zu nah/
So wissen wir sie schon aus eifer so zu stechen/
Als stünden nesselsträuch' und dörnerpüsche da.
Ein tugendhaffter kuß bleibt dennoch unser leben/
Wann aber dieser wird auf seiner bahre stehn
So werden wir uns auch bald von der erde heben
Zun hügeln/ wo erst recht das küssen wird angehn.

Abbil-

Galante und
Denn andre ſteine ſind nicht unſres nahmens wehrt/
Sie melde noch daß wir die welt regieret haben/
So weit der ſonnen licht mit ſeinen ſtrahlen faͤhrt
Und noch beherrſcher ſeyn: die Saͤulen koͤnnens ſagen
Die unſrer klugheit ſind zu ehren aufgebaut/
Was unſer thron der welt vor fruͤchte hat getragen/
Und wie man oͤffters uns verwundernd angeſchaut/
Wenn wir Athen und Rom mit reden uͤberwunden/
Die tugenden erhoͤht die laſter abgeſchafft;
Der friedenſtoͤrer arm durch einen ſpruch gebunden;
Ja offters auch wohl gar zum tode hingerafft;
Uns hindert keine nacht mit ihrem ſchwartzen zuͤgel/
Die blicke hemmt er zwar doch unſre ſtimme nicht/
Die hat in ihr vielmehr noch weit geſchwindre fluͤgel
Weil kein geraͤuſche nicht derſelben kraͤffte bricht.
Es wil die Mißgunſt hier zwar unſern ſcharlach ſchwaͤrtzen/
Als waͤren wir ein ſitz der geilen buhlerey/
Und lieſſen uns/ ſo gar ohn alles weigern/ hertzen
Da doch ein kuß vielmehr der keuſchheit ſchandfleck ſey.
Wir lachen nur hierzu/ und wiſſen dieſes beſſer/
Wozu der roſen-ſtock um unſre gegend waͤchſt
Wozu der athem weht/ und daß nach dem gewaͤſſer
Das unſre Qvelle fuͤhrt/ ein geiſt mit rechte lechſt.
Doch wenn die geilheit hier wil unſre blumen brechen/
So fehlts an waffen nicht/ und kommt ſie nur zu nah/
So wiſſen wir ſie ſchon aus eifer ſo zu ſtechen/
Als ſtuͤnden neſſelſtraͤuch’ und doͤrnerpuͤſche da.
Ein tugendhaffter kuß bleibt dennoch unſer leben/
Wann aber dieſer wird auf ſeiner bahre ſtehn
So werden wir uns auch bald von der erde heben
Zun huͤgeln/ wo erſt recht das kuͤſſen wird angehn.

Abbil-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg>
            <pb facs="#f0012" n="10"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Galante und</hi> </fw><lb/>
            <l>Denn andre &#x017F;teine &#x017F;ind nicht un&#x017F;res nahmens wehrt/</l><lb/>
            <l>Sie melde noch daß wir die welt regieret haben/</l><lb/>
            <l>So weit der &#x017F;onnen licht mit &#x017F;einen &#x017F;trahlen fa&#x0364;hrt</l><lb/>
            <l>Und noch beherr&#x017F;cher &#x017F;eyn: die Sa&#x0364;ulen ko&#x0364;nnens &#x017F;agen</l><lb/>
            <l>Die un&#x017F;rer klugheit &#x017F;ind zu ehren aufgebaut/</l><lb/>
            <l>Was un&#x017F;er thron der welt vor fru&#x0364;chte hat getragen/</l><lb/>
            <l>Und wie man o&#x0364;ffters uns verwundernd ange&#x017F;chaut/</l><lb/>
            <l>Wenn wir Athen und Rom mit reden u&#x0364;berwunden/</l><lb/>
            <l>Die tugenden erho&#x0364;ht die la&#x017F;ter abge&#x017F;chafft;</l><lb/>
            <l>Der frieden&#x017F;to&#x0364;rer arm durch einen &#x017F;pruch gebunden;</l><lb/>
            <l>Ja offters auch wohl gar zum tode hingerafft;</l><lb/>
            <l>Uns hindert keine nacht mit ihrem &#x017F;chwartzen zu&#x0364;gel/</l><lb/>
            <l>Die blicke hemmt er zwar doch un&#x017F;re &#x017F;timme nicht/</l><lb/>
            <l>Die hat in ihr vielmehr noch weit ge&#x017F;chwindre flu&#x0364;gel</l><lb/>
            <l>Weil kein gera&#x0364;u&#x017F;che nicht der&#x017F;elben kra&#x0364;ffte bricht.</l><lb/>
            <l>Es wil die Mißgun&#x017F;t hier zwar un&#x017F;ern &#x017F;charlach &#x017F;chwa&#x0364;rtzen/</l><lb/>
            <l>Als wa&#x0364;ren wir ein &#x017F;itz der geilen buhlerey/</l><lb/>
            <l>Und lie&#x017F;&#x017F;en uns/ &#x017F;o gar ohn alles weigern/ hertzen</l><lb/>
            <l>Da doch ein kuß vielmehr der keu&#x017F;chheit &#x017F;chandfleck &#x017F;ey.</l><lb/>
            <l>Wir lachen nur hierzu/ und wi&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;es be&#x017F;&#x017F;er/</l><lb/>
            <l>Wozu der ro&#x017F;en-&#x017F;tock um un&#x017F;re gegend wa&#x0364;ch&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Wozu der athem weht/ und daß nach dem gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er</l><lb/>
            <l>Das un&#x017F;re Qvelle fu&#x0364;hrt/ ein gei&#x017F;t mit rechte lech&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Doch wenn die geilheit hier wil un&#x017F;re blumen brechen/</l><lb/>
            <l>So fehlts an waffen nicht/ und kommt &#x017F;ie nur zu nah/</l><lb/>
            <l>So wi&#x017F;&#x017F;en wir &#x017F;ie &#x017F;chon aus eifer &#x017F;o zu &#x017F;techen/</l><lb/>
            <l>Als &#x017F;tu&#x0364;nden ne&#x017F;&#x017F;el&#x017F;tra&#x0364;uch&#x2019; und do&#x0364;rnerpu&#x0364;&#x017F;che da.</l><lb/>
            <l>Ein tugendhaffter kuß bleibt dennoch un&#x017F;er leben/</l><lb/>
            <l>Wann aber die&#x017F;er wird auf &#x017F;einer bahre &#x017F;tehn</l><lb/>
            <l>So werden wir uns auch bald von der erde heben</l><lb/>
            <l>Zun hu&#x0364;geln/ wo er&#x017F;t recht das ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wird angehn.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Abbil-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0012] Galante und Denn andre ſteine ſind nicht unſres nahmens wehrt/ Sie melde noch daß wir die welt regieret haben/ So weit der ſonnen licht mit ſeinen ſtrahlen faͤhrt Und noch beherrſcher ſeyn: die Saͤulen koͤnnens ſagen Die unſrer klugheit ſind zu ehren aufgebaut/ Was unſer thron der welt vor fruͤchte hat getragen/ Und wie man oͤffters uns verwundernd angeſchaut/ Wenn wir Athen und Rom mit reden uͤberwunden/ Die tugenden erhoͤht die laſter abgeſchafft; Der friedenſtoͤrer arm durch einen ſpruch gebunden; Ja offters auch wohl gar zum tode hingerafft; Uns hindert keine nacht mit ihrem ſchwartzen zuͤgel/ Die blicke hemmt er zwar doch unſre ſtimme nicht/ Die hat in ihr vielmehr noch weit geſchwindre fluͤgel Weil kein geraͤuſche nicht derſelben kraͤffte bricht. Es wil die Mißgunſt hier zwar unſern ſcharlach ſchwaͤrtzen/ Als waͤren wir ein ſitz der geilen buhlerey/ Und lieſſen uns/ ſo gar ohn alles weigern/ hertzen Da doch ein kuß vielmehr der keuſchheit ſchandfleck ſey. Wir lachen nur hierzu/ und wiſſen dieſes beſſer/ Wozu der roſen-ſtock um unſre gegend waͤchſt Wozu der athem weht/ und daß nach dem gewaͤſſer Das unſre Qvelle fuͤhrt/ ein geiſt mit rechte lechſt. Doch wenn die geilheit hier wil unſre blumen brechen/ So fehlts an waffen nicht/ und kommt ſie nur zu nah/ So wiſſen wir ſie ſchon aus eifer ſo zu ſtechen/ Als ſtuͤnden neſſelſtraͤuch’ und doͤrnerpuͤſche da. Ein tugendhaffter kuß bleibt dennoch unſer leben/ Wann aber dieſer wird auf ſeiner bahre ſtehn So werden wir uns auch bald von der erde heben Zun huͤgeln/ wo erſt recht das kuͤſſen wird angehn. Abbil-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/12
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/12>, abgerufen am 20.04.2024.