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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Verliebte und
3.
Dein himmel ist umzogen,
Jtzt seh ich nichts als nur cometen stehn;
Was hat dich nun bewogen,
Melinde! daß dein knecht soll untergehn?
Jch bin kein holtz, auch nicht ein harter stein,
Mein hertze muß in blut und regung wallen.
Selbst engel können nicht ohn fehler seyn,
Du weist, wie sie vor dem auch eben sind gefallen.
4.
Doch sinck ich dir zu füssen,
Melind'! allhier liegt dein entseelter knecht;
Er will die fehler büssen,
Ach! laß erbarmung gehn vor strenges recht,
Nicht schaue mich mit harten blicken an!
Kein schwaches auge kan den hellen blitz ertragen,
Du weist, wie leicht es um uns ist gethan,
Wenn uns der donner will mit scharffen keilen schlagen.
5.
Laß deine sonn aufgehen,
So zeigt mein himmel auch sein freuden-licht.
Wer kan vor dir bestehen,
Wenn rach und zorn aus deinen augen bricht?
Drüm falle nicht der strengen meynung bey:
Daß liebes-sünden nur sind durch den tod gehoben.
Die hölle lehret uns, was grausam sey,
Den himmel hört man stets von gnad und güte loben.



Als er die Lesbia sich entkleiden sehen.
Sonnet.
DJe saubre Lesbia saß mit geschrenckten füssen,
Jhr netter finger war um schuh und strümpff bemüht.
Hier konnt' ich, was sie doch sonst jedem aug entzieht,
Durch einen kühnen blick in stiller lust geniessen.
Die
Verliebte und
3.
Dein himmel iſt umzogen,
Jtzt ſeh ich nichts als nur cometen ſtehn;
Was hat dich nun bewogen,
Melinde! daß dein knecht ſoll untergehn?
Jch bin kein holtz, auch nicht ein harter ſtein,
Mein hertze muß in blut und regung wallen.
Selbſt engel koͤnnen nicht ohn fehler ſeyn,
Du weiſt, wie ſie vor dem auch eben ſind gefallen.
4.
Doch ſinck ich dir zu fuͤſſen,
Melind’! allhier liegt dein entſeelter knecht;
Er will die fehler buͤſſen,
Ach! laß erbarmung gehn vor ſtrenges recht,
Nicht ſchaue mich mit harten blicken an!
Kein ſchwaches auge kan den hellen blitz ertragen,
Du weiſt, wie leicht es um uns iſt gethan,
Wenn uns der donner will mit ſcharffen keilen ſchlagen.
5.
Laß deine ſonn aufgehen,
So zeigt mein himmel auch ſein freuden-licht.
Wer kan vor dir beſtehen,
Wenn rach und zorn aus deinen augen bricht?
Druͤm falle nicht der ſtrengen meynung bey:
Daß liebes-ſuͤnden nur ſind durch den tod gehoben.
Die hoͤlle lehret uns, was grauſam ſey,
Den himmel hoͤrt man ſtets von gnad und guͤte loben.



Als er die Lesbia ſich entkleiden ſehen.
Sonnet.
DJe ſaubre Lesbia ſaß mit geſchrenckten fuͤſſen,
Jhr netter finger war um ſchuh und ſtruͤmpff bemuͤht.
Hier konnt’ ich, was ſie doch ſonſt jedem aug entzieht,
Durch einen kuͤhnen blick in ſtiller luſt genieſſen.
Die
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[2/0026] Verliebte und 3. Dein himmel iſt umzogen, Jtzt ſeh ich nichts als nur cometen ſtehn; Was hat dich nun bewogen, Melinde! daß dein knecht ſoll untergehn? Jch bin kein holtz, auch nicht ein harter ſtein, Mein hertze muß in blut und regung wallen. Selbſt engel koͤnnen nicht ohn fehler ſeyn, Du weiſt, wie ſie vor dem auch eben ſind gefallen. 4. Doch ſinck ich dir zu fuͤſſen, Melind’! allhier liegt dein entſeelter knecht; Er will die fehler buͤſſen, Ach! laß erbarmung gehn vor ſtrenges recht, Nicht ſchaue mich mit harten blicken an! Kein ſchwaches auge kan den hellen blitz ertragen, Du weiſt, wie leicht es um uns iſt gethan, Wenn uns der donner will mit ſcharffen keilen ſchlagen. 5. Laß deine ſonn aufgehen, So zeigt mein himmel auch ſein freuden-licht. Wer kan vor dir beſtehen, Wenn rach und zorn aus deinen augen bricht? Druͤm falle nicht der ſtrengen meynung bey: Daß liebes-ſuͤnden nur ſind durch den tod gehoben. Die hoͤlle lehret uns, was grauſam ſey, Den himmel hoͤrt man ſtets von gnad und guͤte loben. Als er die Lesbia ſich entkleiden ſehen. Sonnet. DJe ſaubre Lesbia ſaß mit geſchrenckten fuͤſſen, Jhr netter finger war um ſchuh und ſtruͤmpff bemuͤht. Hier konnt’ ich, was ſie doch ſonſt jedem aug entzieht, Durch einen kuͤhnen blick in ſtiller luſt genieſſen. Die

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/26>, abgerufen am 28.03.2024.