Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite
Galante Getichte.
Dein bloses ebenbild kan meine brust beseelen,
Das treuer liebe faust nächsthin hinein gesetzt;
Wer so begeistert wird, denckt an weit andre hölen,
Als in das kalte grab, da keine lieb' ergetzt.
Jndessen, liebster schatz! obgleich Mirtillus lebet,
Weil deine feder ihm itzt einen kuß verschreibt;
Obgleich dein schatten stets vor seinen augen schwebet,
Und selbst im hertzen ihn an statt der seele bleibt;
So kan dein etwas doch noch nicht dem gantzen gleichen:
Das wesen gehet auch dem schönsten schatten vor.
Die gegenwart allein läßt mich den port erreichen,
Die werthe gegenwart, die ich nächsthin verlohr.
Empfindlicher verlust! drum komm, ach komm geschwinde!
Getreue Flavia! sonst bleibt er unersetzt.
Ob ich das leben gleich in deinem bilde finde;
So werd' ich doch durch nichts, als deinen kuß, ergetzt.


Als sie ihn nicht wieder liebte.
Tal.
SO bin ich zwar entzündet;
Jedoch weil meine gluth
Die kühlung nicht nach ihrem wunsche findet,
So kräncket sich ja billig geist und muth,
Biß daß es wird verzehrt durch solche wuth.
2.
Was hab ich doch verbrochen,
Daß ich verbrannt soll seyn?
Den zaubrern wird diß urthel sonst gesprochen;
Die unschuld fällt hier in die gluth hinein,
Und wird zur asch durch zweyer augen schein.
3.
Nun wohl, ich will verbrennen,
Weil dir es so gefällt.
Man wird die treu noch aus der asche kennen,
Die mein geschick zu deinen füssen stellt,
Weil's meinen staub auch vor dein eigen hält.
Sinn-
Galante Getichte.
Dein bloſes ebenbild kan meine bruſt beſeelen,
Das treuer liebe fauſt naͤchſthin hinein geſetzt;
Wer ſo begeiſtert wird, denckt an weit andre hoͤlen,
Als in das kalte grab, da keine lieb’ ergetzt.
Jndeſſen, liebſter ſchatz! obgleich Mirtillus lebet,
Weil deine feder ihm itzt einen kuß verſchreibt;
Obgleich dein ſchatten ſtets vor ſeinen augen ſchwebet,
Und ſelbſt im hertzen ihn an ſtatt der ſeele bleibt;
So kan dein etwas doch noch nicht dem gantzen gleichen:
Das weſen gehet auch dem ſchoͤnſten ſchatten vor.
Die gegenwart allein laͤßt mich den port erreichen,
Die werthe gegenwart, die ich naͤchſthin verlohr.
Empfindlicher verluſt! drum komm, ach komm geſchwinde!
Getreue Flavia! ſonſt bleibt er unerſetzt.
Ob ich das leben gleich in deinem bilde finde;
So werd’ ich doch durch nichts, als deinen kuß, ergetzt.


Als ſie ihn nicht wieder liebte.
Tal.
SO bin ich zwar entzuͤndet;
Jedoch weil meine gluth
Die kuͤhlung nicht nach ihrem wunſche findet,
So kraͤncket ſich ja billig geiſt und muth,
Biß daß es wird verzehrt durch ſolche wuth.
2.
Was hab ich doch verbrochen,
Daß ich verbrannt ſoll ſeyn?
Den zaubrern wird diß urthel ſonſt geſprochen;
Die unſchuld faͤllt hier in die gluth hinein,
Und wird zur aſch durch zweyer augen ſchein.
3.
Nun wohl, ich will verbrennen,
Weil dir es ſo gefaͤllt.
Man wird die treu noch aus der aſche kennen,
Die mein geſchick zu deinen fuͤſſen ſtellt,
Weil’s meinen ſtaub auch vor dein eigen haͤlt.
Sinn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0071" n="47"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Galante Getichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Dein blo&#x017F;es ebenbild kan meine bru&#x017F;t be&#x017F;eelen,</l><lb/>
            <l>Das treuer liebe fau&#x017F;t na&#x0364;ch&#x017F;thin hinein ge&#x017F;etzt;</l><lb/>
            <l>Wer &#x017F;o begei&#x017F;tert wird, denckt an weit andre ho&#x0364;len,</l><lb/>
            <l>Als in das kalte grab, da keine lieb&#x2019; ergetzt.</l><lb/>
            <l>Jnde&#x017F;&#x017F;en, lieb&#x017F;ter &#x017F;chatz! obgleich Mirtillus lebet,</l><lb/>
            <l>Weil deine feder ihm itzt einen kuß ver&#x017F;chreibt;</l><lb/>
            <l>Obgleich dein &#x017F;chatten &#x017F;tets vor &#x017F;einen augen &#x017F;chwebet,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;elb&#x017F;t im hertzen ihn an &#x017F;tatt der &#x017F;eele bleibt;</l><lb/>
            <l>So kan dein etwas doch noch nicht dem gantzen gleichen:</l><lb/>
            <l>Das we&#x017F;en gehet auch dem &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten &#x017F;chatten vor.</l><lb/>
            <l>Die gegenwart allein la&#x0364;ßt mich den port erreichen,</l><lb/>
            <l>Die werthe gegenwart, die ich na&#x0364;ch&#x017F;thin verlohr.</l><lb/>
            <l>Empfindlicher verlu&#x017F;t! drum komm, ach komm ge&#x017F;chwinde!</l><lb/>
            <l>Getreue Flavia! &#x017F;on&#x017F;t bleibt er uner&#x017F;etzt.</l><lb/>
            <l>Ob ich das leben gleich in deinem bilde finde;</l><lb/>
            <l>So werd&#x2019; ich doch durch nichts, als deinen kuß, ergetzt.</l>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Als &#x017F;ie ihn nicht wieder liebte.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Tal.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">S</hi>O bin ich zwar entzu&#x0364;ndet;</l><lb/>
              <l>Jedoch weil meine gluth</l><lb/>
              <l>Die ku&#x0364;hlung nicht nach ihrem wun&#x017F;che findet,</l><lb/>
              <l>So kra&#x0364;ncket &#x017F;ich ja billig gei&#x017F;t und muth,</l><lb/>
              <l>Biß daß es wird verzehrt durch &#x017F;olche wuth.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <head>2.</head><lb/>
              <l>Was hab ich doch verbrochen,</l><lb/>
              <l>Daß ich verbrannt &#x017F;oll &#x017F;eyn?</l><lb/>
              <l>Den zaubrern wird diß urthel &#x017F;on&#x017F;t ge&#x017F;prochen;</l><lb/>
              <l>Die un&#x017F;chuld fa&#x0364;llt hier in die gluth hinein,</l><lb/>
              <l>Und wird zur a&#x017F;ch durch zweyer augen &#x017F;chein.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <head>3.</head><lb/>
              <l>Nun wohl, ich will verbrennen,</l><lb/>
              <l>Weil dir es &#x017F;o gefa&#x0364;llt.</l><lb/>
              <l>Man wird die treu noch aus der a&#x017F;che kennen,</l><lb/>
              <l>Die mein ge&#x017F;chick zu deinen fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tellt,</l><lb/>
              <l>Weil&#x2019;s meinen &#x017F;taub auch vor dein eigen ha&#x0364;lt.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Sinn-</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0071] Galante Getichte. Dein bloſes ebenbild kan meine bruſt beſeelen, Das treuer liebe fauſt naͤchſthin hinein geſetzt; Wer ſo begeiſtert wird, denckt an weit andre hoͤlen, Als in das kalte grab, da keine lieb’ ergetzt. Jndeſſen, liebſter ſchatz! obgleich Mirtillus lebet, Weil deine feder ihm itzt einen kuß verſchreibt; Obgleich dein ſchatten ſtets vor ſeinen augen ſchwebet, Und ſelbſt im hertzen ihn an ſtatt der ſeele bleibt; So kan dein etwas doch noch nicht dem gantzen gleichen: Das weſen gehet auch dem ſchoͤnſten ſchatten vor. Die gegenwart allein laͤßt mich den port erreichen, Die werthe gegenwart, die ich naͤchſthin verlohr. Empfindlicher verluſt! drum komm, ach komm geſchwinde! Getreue Flavia! ſonſt bleibt er unerſetzt. Ob ich das leben gleich in deinem bilde finde; So werd’ ich doch durch nichts, als deinen kuß, ergetzt. Als ſie ihn nicht wieder liebte. Tal. SO bin ich zwar entzuͤndet; Jedoch weil meine gluth Die kuͤhlung nicht nach ihrem wunſche findet, So kraͤncket ſich ja billig geiſt und muth, Biß daß es wird verzehrt durch ſolche wuth. 2. Was hab ich doch verbrochen, Daß ich verbrannt ſoll ſeyn? Den zaubrern wird diß urthel ſonſt geſprochen; Die unſchuld faͤllt hier in die gluth hinein, Und wird zur aſch durch zweyer augen ſchein. 3. Nun wohl, ich will verbrennen, Weil dir es ſo gefaͤllt. Man wird die treu noch aus der aſche kennen, Die mein geſchick zu deinen fuͤſſen ſtellt, Weil’s meinen ſtaub auch vor dein eigen haͤlt. Sinn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/71
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/71>, abgerufen am 19.04.2024.