Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Lärm, das ganze Haus lief zusammen, die halbe
Stadt, man holte Gerichtsdiener und das Ende vom
Liede war eine Vorladung der Behörde, die mir
eröffnete, daß die Herren so und so -- die Kanaillen
führten gar keine Namen, -- ihre eigenen Herren
seien und das Recht besäßen, sich für eigene Rech-
nung zur Schau zu stellen. Nach meinen fünfhun-
dert Dukaten fragte Niemand. Die drei Schurken
trennten sich von mir und nahmen obenein eine dicke
Küchenmagd aus dem Gasthause mit, die sie später-
hin schwarz anstrichen und als äthiopische Negerin
figuriren ließen. Jch war sehr herunter. Jn der
Noth wurde ich wiederum Riese, streckte mich soviel
mein Gram gestatten wollte und verband mich mit
einem Kakerlaken, einem faden Patron, der sich
"Albinos Dundos" nannte, mir zuerst imponirte, auf
die Länge jedoch unter andern ehrlichen Menschen
nichts weiter war, als was eine rothäugige, weisse,
matte Maus unter den grauen Mäusen ist. Unser
Kompagnie-Geschäft ging schlecht. Nachdem ich mir
wieder ein paar Goldstücke auf die Seite gelegt,
macht' ich mich los von ihm und führte ein Quartett
steirischer Alpensänger nach London. Die guten Leute
-- bei Lichte besehen, Choristen von einem Wiener

Laͤrm, das ganze Haus lief zuſammen, die halbe
Stadt, man holte Gerichtsdiener und das Ende vom
Liede war eine Vorladung der Behoͤrde, die mir
eroͤffnete, daß die Herren ſo und ſo — die Kanaillen
fuͤhrten gar keine Namen, — ihre eigenen Herren
ſeien und das Recht beſaͤßen, ſich fuͤr eigene Rech-
nung zur Schau zu ſtellen. Nach meinen fuͤnfhun-
dert Dukaten fragte Niemand. Die drei Schurken
trennten ſich von mir und nahmen obenein eine dicke
Kuͤchenmagd aus dem Gaſthauſe mit, die ſie ſpaͤter-
hin ſchwarz anſtrichen und als aͤthiopiſche Negerin
figuriren ließen. Jch war ſehr herunter. Jn der
Noth wurde ich wiederum Rieſe, ſtreckte mich ſoviel
mein Gram geſtatten wollte und verband mich mit
einem Kakerlaken, einem faden Patron, der ſich
„Albinos Dundos“ nannte, mir zuerſt imponirte, auf
die Laͤnge jedoch unter andern ehrlichen Menſchen
nichts weiter war, als was eine rothaͤugige, weiſſe,
matte Maus unter den grauen Maͤuſen iſt. Unſer
Kompagnie-Geſchaͤft ging ſchlecht. Nachdem ich mir
wieder ein paar Goldſtuͤcke auf die Seite gelegt,
macht’ ich mich los von ihm und fuͤhrte ein Quartett
ſteiriſcher Alpenſaͤnger nach London. Die guten Leute
— bei Lichte beſehen, Choriſten von einem Wiener

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0157" n="155"/>
La&#x0364;rm, das ganze Haus lief zu&#x017F;ammen, die halbe<lb/>
Stadt, man holte Gerichtsdiener und das Ende vom<lb/>
Liede war eine Vorladung der Beho&#x0364;rde, die mir<lb/>
ero&#x0364;ffnete, daß die Herren &#x017F;o und &#x017F;o &#x2014; die Kanaillen<lb/>
fu&#x0364;hrten gar keine Namen, &#x2014; ihre <hi rendition="#g">eigenen</hi> Herren<lb/>
&#x017F;eien und das Recht be&#x017F;a&#x0364;ßen, &#x017F;ich fu&#x0364;r eigene Rech-<lb/>
nung zur Schau zu &#x017F;tellen. Nach meinen fu&#x0364;nfhun-<lb/>
dert Dukaten fragte Niemand. Die drei Schurken<lb/>
trennten &#x017F;ich von mir und nahmen obenein eine dicke<lb/>
Ku&#x0364;chenmagd aus dem Ga&#x017F;thau&#x017F;e mit, die &#x017F;ie &#x017F;pa&#x0364;ter-<lb/>
hin &#x017F;chwarz an&#x017F;trichen und als a&#x0364;thiopi&#x017F;che Negerin<lb/>
figuriren ließen. Jch war &#x017F;ehr herunter. Jn der<lb/>
Noth wurde ich wiederum Rie&#x017F;e, &#x017F;treckte mich &#x017F;oviel<lb/>
mein Gram ge&#x017F;tatten wollte und verband mich mit<lb/>
einem Kakerlaken, einem faden Patron, der &#x017F;ich<lb/>
&#x201E;Albinos Dundos&#x201C; nannte, mir zuer&#x017F;t imponirte, auf<lb/>
die La&#x0364;nge jedoch unter andern ehrlichen Men&#x017F;chen<lb/>
nichts weiter war, als was eine rotha&#x0364;ugige, wei&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
matte Maus unter den grauen Ma&#x0364;u&#x017F;en i&#x017F;t. Un&#x017F;er<lb/>
Kompagnie-Ge&#x017F;cha&#x0364;ft ging &#x017F;chlecht. Nachdem ich mir<lb/>
wieder ein paar Gold&#x017F;tu&#x0364;cke auf die Seite gelegt,<lb/>
macht&#x2019; ich mich los von ihm und fu&#x0364;hrte ein Quartett<lb/>
&#x017F;teiri&#x017F;cher Alpen&#x017F;a&#x0364;nger nach London. Die guten Leute<lb/>
&#x2014; bei Lichte be&#x017F;ehen, Chori&#x017F;ten von einem Wiener<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0157] Laͤrm, das ganze Haus lief zuſammen, die halbe Stadt, man holte Gerichtsdiener und das Ende vom Liede war eine Vorladung der Behoͤrde, die mir eroͤffnete, daß die Herren ſo und ſo — die Kanaillen fuͤhrten gar keine Namen, — ihre eigenen Herren ſeien und das Recht beſaͤßen, ſich fuͤr eigene Rech- nung zur Schau zu ſtellen. Nach meinen fuͤnfhun- dert Dukaten fragte Niemand. Die drei Schurken trennten ſich von mir und nahmen obenein eine dicke Kuͤchenmagd aus dem Gaſthauſe mit, die ſie ſpaͤter- hin ſchwarz anſtrichen und als aͤthiopiſche Negerin figuriren ließen. Jch war ſehr herunter. Jn der Noth wurde ich wiederum Rieſe, ſtreckte mich ſoviel mein Gram geſtatten wollte und verband mich mit einem Kakerlaken, einem faden Patron, der ſich „Albinos Dundos“ nannte, mir zuerſt imponirte, auf die Laͤnge jedoch unter andern ehrlichen Menſchen nichts weiter war, als was eine rothaͤugige, weiſſe, matte Maus unter den grauen Maͤuſen iſt. Unſer Kompagnie-Geſchaͤft ging ſchlecht. Nachdem ich mir wieder ein paar Goldſtuͤcke auf die Seite gelegt, macht’ ich mich los von ihm und fuͤhrte ein Quartett ſteiriſcher Alpenſaͤnger nach London. Die guten Leute — bei Lichte beſehen, Choriſten von einem Wiener

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/157
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/157>, abgerufen am 18.04.2024.