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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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Dreizehnter Abschnitt.

Es war schon tiefe Nacht, wie wir in der Nähe
vom Haag an dem Hause im Busch anlangten,
wo sonst eine Durchfahrt über den Schloßhof ge-
stattet war, um auf einem nähern Weg in die
Stadt zu gelangen. Jetzt war das äußere Thor
verschlossen, und die Schildwache erklärte sehr höf-
lich, daß niemand mehr durchfahren könnte. Ich
hörte nachmalen dieses Verbot als einen Eingrif
in die Nationalrechte verurtheilen. Da das Haus
im Busch ein ganz isokirtes, nur zu dem Privat-
gebrauch der Königlichen Familie eingerichtetes
Gebäude ist, und der Weg dicht vor den Wohn-
zimmern vorbei über das Pflaster führt, konnte ich
keinen Despotismus darin finden, daß der Fürst
diese Durchfahrt als ein Privatrecht behandelt und
den Reisenden die wohlunterhaltene große Straße
angewiesen hatte. Ich dachte an einen einzigen
kleinen Spruch des Evangeliums, der alle Ansprü-


Dreizehnter Abſchnitt.

Es war ſchon tiefe Nacht, wie wir in der Naͤhe
vom Haag an dem Hauſe im Buſch anlangten,
wo ſonſt eine Durchfahrt uͤber den Schloßhof ge-
ſtattet war, um auf einem naͤhern Weg in die
Stadt zu gelangen. Jetzt war das aͤußere Thor
verſchloſſen, und die Schildwache erklaͤrte ſehr hoͤf-
lich, daß niemand mehr durchfahren koͤnnte. Ich
hoͤrte nachmalen dieſes Verbot als einen Eingrif
in die Nationalrechte verurtheilen. Da das Haus
im Buſch ein ganz iſokirtes, nur zu dem Privat-
gebrauch der Koͤniglichen Familie eingerichtetes
Gebaͤude iſt, und der Weg dicht vor den Wohn-
zimmern vorbei uͤber das Pflaſter fuͤhrt, konnte ich
keinen Despotismus darin finden, daß der Fuͤrſt
dieſe Durchfahrt als ein Privatrecht behandelt und
den Reiſenden die wohlunterhaltene große Straße
angewieſen hatte. Ich dachte an einen einzigen
kleinen Spruch des Evangeliums, der alle Anſpruͤ-

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[318/0332] Dreizehnter Abſchnitt. Es war ſchon tiefe Nacht, wie wir in der Naͤhe vom Haag an dem Hauſe im Buſch anlangten, wo ſonſt eine Durchfahrt uͤber den Schloßhof ge- ſtattet war, um auf einem naͤhern Weg in die Stadt zu gelangen. Jetzt war das aͤußere Thor verſchloſſen, und die Schildwache erklaͤrte ſehr hoͤf- lich, daß niemand mehr durchfahren koͤnnte. Ich hoͤrte nachmalen dieſes Verbot als einen Eingrif in die Nationalrechte verurtheilen. Da das Haus im Buſch ein ganz iſokirtes, nur zu dem Privat- gebrauch der Koͤniglichen Familie eingerichtetes Gebaͤude iſt, und der Weg dicht vor den Wohn- zimmern vorbei uͤber das Pflaſter fuͤhrt, konnte ich keinen Despotismus darin finden, daß der Fuͤrſt dieſe Durchfahrt als ein Privatrecht behandelt und den Reiſenden die wohlunterhaltene große Straße angewieſen hatte. Ich dachte an einen einzigen kleinen Spruch des Evangeliums, der alle Anſpruͤ-

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/332>, abgerufen am 19.04.2024.