Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862.Zweiter Brief. Jhre Antwort, geehrtester Freund, beseitigt nicht nur jedes Zweiter Brief. Jhre Antwort, geehrteſter Freund, beſeitigt nicht nur jedes <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0013" n="7"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Zweiter Brief.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Jhre Antwort, geehrteſter Freund, beſeitigt nicht nur jedes<lb/> Bedenken, was ich etwa haben könnte, mich gegen Sie weiter über<lb/> die Revivalfrage auszuſprechen, ſondern Sie nehmen mich ſo ſcharf<lb/> beim Wort, daß ich nicht zurücktreten kann, auch wenn ich möchte.<lb/> Zur Sache alſo laße ich zunächſt eine überſichtliche Charakteriſtik<lb/> der Hauptmomente jener Bewegung ſeit ihrem Beginne im nord-<lb/> öſtlichen Theile von Jrland (Ulſter) folgen, wobei ich mich gerade<lb/> über dieſe Anfänge um ſo kürzer faßen kann, da es darüber ſeiner<lb/> Zeit auch bei uns nicht an Berichten gefehlt hat. Auf das nord-<lb/> amerikaniſche Revival brauche ich aber gar nicht weiter einzugehen,<lb/> da der unmittelbare Einfluß desſelben auf die britiſche Welt nur<lb/> gering und ſporadiſch war, doch ſo, daß allerdings hier und da der<lb/> erſte Anſtoß durch Berichte über die in Amerika geſchehenen Dinge<lb/> gegeben wurde. Noch weniger iſt hier der Ort, auf die älteren<lb/><hi rendition="#aq">camp meetings</hi> in den Hinterwäldern einzugehen. Namentlich fand<lb/> eine ſolche Einwirkung auch bei einigen wenigen und nach Maaßſtab<lb/> und Urtheil der Welt ſehr unbedeutenden Perſonen ſtatt, welche in<lb/> Jrland durch Gebetsverſammlungen und gelegentliche Anſprachen<lb/> oder Privatgeſpräche in den kleinſten Dimenſionen die erſten Funken<lb/> des Feuers entzündeten, welches dann in wenig Wochen ſich über<lb/> jene ganze Gegend verbreitete und in Verſammlungen von Tauſen-<lb/> den und Zehntauſenden unter freiem Himmel zu gewaltiger Lohe<lb/> ausbrach, alle Kirchen füllte, die Stätten des Trunks, der Hurerei<lb/> und anderer weltlicher und ſündlicher Luſt entleerte, die Wohnungen<lb/> der Gottloſen oder Gedankenloſen, der Sünder und Zöllner in<lb/> Bethäuſer verwandelte. Dinge, die für den Augenblick wenigſtens<lb/> diejenigen zu rechtfertigen ſchienen, welche in alle Dem den Anfang<lb/> einer „neuen Aera‟ des Reiches Gottes auf Erden, einer neuen<lb/> Ausgießung des Heiligen Geiſtes ſehen wollten, während allerdings<lb/> beſonnenere oder ängſtlichere, oder in entgegengeſetztem Sinne befan-<lb/> gene, kritiſchere Beobachter in demſelben Maaße Grund zu mehr<lb/> oder weniger gewichtigen Bedenken fanden. Namentlich gaben die<lb/> bekannten, am meiſten in die Augen fallenden und von andern<lb/> Seiten als entſcheidendes Moment und Zeugniß der Wirkung des<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0013]
Zweiter Brief.
Jhre Antwort, geehrteſter Freund, beſeitigt nicht nur jedes
Bedenken, was ich etwa haben könnte, mich gegen Sie weiter über
die Revivalfrage auszuſprechen, ſondern Sie nehmen mich ſo ſcharf
beim Wort, daß ich nicht zurücktreten kann, auch wenn ich möchte.
Zur Sache alſo laße ich zunächſt eine überſichtliche Charakteriſtik
der Hauptmomente jener Bewegung ſeit ihrem Beginne im nord-
öſtlichen Theile von Jrland (Ulſter) folgen, wobei ich mich gerade
über dieſe Anfänge um ſo kürzer faßen kann, da es darüber ſeiner
Zeit auch bei uns nicht an Berichten gefehlt hat. Auf das nord-
amerikaniſche Revival brauche ich aber gar nicht weiter einzugehen,
da der unmittelbare Einfluß desſelben auf die britiſche Welt nur
gering und ſporadiſch war, doch ſo, daß allerdings hier und da der
erſte Anſtoß durch Berichte über die in Amerika geſchehenen Dinge
gegeben wurde. Noch weniger iſt hier der Ort, auf die älteren
camp meetings in den Hinterwäldern einzugehen. Namentlich fand
eine ſolche Einwirkung auch bei einigen wenigen und nach Maaßſtab
und Urtheil der Welt ſehr unbedeutenden Perſonen ſtatt, welche in
Jrland durch Gebetsverſammlungen und gelegentliche Anſprachen
oder Privatgeſpräche in den kleinſten Dimenſionen die erſten Funken
des Feuers entzündeten, welches dann in wenig Wochen ſich über
jene ganze Gegend verbreitete und in Verſammlungen von Tauſen-
den und Zehntauſenden unter freiem Himmel zu gewaltiger Lohe
ausbrach, alle Kirchen füllte, die Stätten des Trunks, der Hurerei
und anderer weltlicher und ſündlicher Luſt entleerte, die Wohnungen
der Gottloſen oder Gedankenloſen, der Sünder und Zöllner in
Bethäuſer verwandelte. Dinge, die für den Augenblick wenigſtens
diejenigen zu rechtfertigen ſchienen, welche in alle Dem den Anfang
einer „neuen Aera‟ des Reiches Gottes auf Erden, einer neuen
Ausgießung des Heiligen Geiſtes ſehen wollten, während allerdings
beſonnenere oder ängſtlichere, oder in entgegengeſetztem Sinne befan-
gene, kritiſchere Beobachter in demſelben Maaße Grund zu mehr
oder weniger gewichtigen Bedenken fanden. Namentlich gaben die
bekannten, am meiſten in die Augen fallenden und von andern
Seiten als entſcheidendes Moment und Zeugniß der Wirkung des
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/huber_revival_1862 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/huber_revival_1862/13 |
Zitationshilfe: | Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_revival_1862/13>, abgerufen am 16.08.2022. |