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Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862.

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Revival hat, worin sie auch solche Mittel nicht verschmäht, die weit
über die Gränzen der früheren hochkirchlichen Routine hinausgehen.
Dahin gehören die Schwester- und Bruderschaften mancher Art
(wie die Guild of St. Alban) und ist sogar die Feldpredigt nicht
ausgeschloßen, womit manche der ausgezeichnetsten Vertreter dieser
Richtung, wie der edle Wilberforce (Bischof von Oxford), ge-
legentlich auftraten, der, wenn zu irgend einer Partei, jedenfalls
zu jener zu rechnen ist. Derselbe Grund kirchlicher Exclusivität, der
hier die Betheiligung an jener Bewegung eben wegen der allge-
meinen Betheiligung aller anderen Denominationen und der Ver-
mischung von Laien und Geistlichen hinderte, wirkte natürlich in
noch höherem Grade in der römischen Kirche, die überdies durch
die in den irischen Verhältnissen bedingte positiv und oft propagan-
distisch feindselige Haltung der ersten Revivals zu um so schrofferem
Gegensatz gedrängt wurde. Am thätigsten haben die Methodisten,
schon um ihrer eigenen Antecedentien willen, dann auch die Baptisten
und Presbyterianer sich bei dem Revival betheiligt. Die schottische
Freikirche (wenn ich nicht irre, später auch die presbyterianische
Staatskirche) hat dasselbe officiell als ein Werk des Heiligen Geistes
anerkannt und empfohlen. Jn der That ist es einer der bedeutungs-
vollsten und eigenthümlichsten Züge der Sache, daß schwerlich bei
irgend einer anderen Gelegenheit, auf irgend einem anderen Gebiete
sich in so großem Maaßstabe zu so bedeutender Thätigkeit Vertreter
so vieler verschiedener christlicher Gemeinschaften verbunden haben.
Wie man diese Erscheinung auch von diesem oder jenem Stand-
punkte aus beurtheilen möge -- übersehen darf man sie von keiner
Seite. Und wenn man nicht überhaupt und unbedingt eine evan-
gelische Allianz verwirft, so dürfte gegen diese Arbeitsgenoßenschaft
auf dem Felde des Unglaubens und des Abfalls wenig einzuwenden
sein -- wenn sie dabei stehen bleibt. So weit, geehrtester Freund,
für diesmal, da ich erst hören möchte, was Sie über die bisher
verhandelten Punkte etwa für Bedenken haben, um sie bei der Fort-
setzung zu berücksichtigen, die uns zunächst zu den Mitteln und dann
zu den Wirkungen des Revivals führen würde. Also u. s. w.



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Revival hat, worin ſie auch ſolche Mittel nicht verſchmäht, die weit
über die Gränzen der früheren hochkirchlichen Routine hinausgehen.
Dahin gehören die Schweſter- und Bruderſchaften mancher Art
(wie die Guild of St. Alban) und iſt ſogar die Feldpredigt nicht
ausgeſchloßen, womit manche der ausgezeichnetſten Vertreter dieſer
Richtung, wie der edle Wilberforce (Biſchof von Oxford), ge-
legentlich auftraten, der, wenn zu irgend einer Partei, jedenfalls
zu jener zu rechnen iſt. Derſelbe Grund kirchlicher Excluſivität, der
hier die Betheiligung an jener Bewegung eben wegen der allge-
meinen Betheiligung aller anderen Denominationen und der Ver-
miſchung von Laien und Geiſtlichen hinderte, wirkte natürlich in
noch höherem Grade in der römiſchen Kirche, die überdies durch
die in den iriſchen Verhältniſſen bedingte poſitiv und oft propagan-
diſtiſch feindſelige Haltung der erſten Revivals zu um ſo ſchrofferem
Gegenſatz gedrängt wurde. Am thätigſten haben die Methodiſten,
ſchon um ihrer eigenen Antecedentien willen, dann auch die Baptiſten
und Presbyterianer ſich bei dem Revival betheiligt. Die ſchottiſche
Freikirche (wenn ich nicht irre, ſpäter auch die presbyterianiſche
Staatskirche) hat dasſelbe officiell als ein Werk des Heiligen Geiſtes
anerkannt und empfohlen. Jn der That iſt es einer der bedeutungs-
vollſten und eigenthümlichſten Züge der Sache, daß ſchwerlich bei
irgend einer anderen Gelegenheit, auf irgend einem anderen Gebiete
ſich in ſo großem Maaßſtabe zu ſo bedeutender Thätigkeit Vertreter
ſo vieler verſchiedener chriſtlicher Gemeinſchaften verbunden haben.
Wie man dieſe Erſcheinung auch von dieſem oder jenem Stand-
punkte aus beurtheilen möge — überſehen darf man ſie von keiner
Seite. Und wenn man nicht überhaupt und unbedingt eine evan-
geliſche Allianz verwirft, ſo dürfte gegen dieſe Arbeitsgenoßenſchaft
auf dem Felde des Unglaubens und des Abfalls wenig einzuwenden
ſein — wenn ſie dabei ſtehen bleibt. So weit, geehrteſter Freund,
für diesmal, da ich erſt hören möchte, was Sie über die bisher
verhandelten Punkte etwa für Bedenken haben, um ſie bei der Fort-
ſetzung zu berückſichtigen, die uns zunächſt zu den Mitteln und dann
zu den Wirkungen des Revivals führen würde. Alſo u. ſ. w.



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[17/0023] Revival hat, worin ſie auch ſolche Mittel nicht verſchmäht, die weit über die Gränzen der früheren hochkirchlichen Routine hinausgehen. Dahin gehören die Schweſter- und Bruderſchaften mancher Art (wie die Guild of St. Alban) und iſt ſogar die Feldpredigt nicht ausgeſchloßen, womit manche der ausgezeichnetſten Vertreter dieſer Richtung, wie der edle Wilberforce (Biſchof von Oxford), ge- legentlich auftraten, der, wenn zu irgend einer Partei, jedenfalls zu jener zu rechnen iſt. Derſelbe Grund kirchlicher Excluſivität, der hier die Betheiligung an jener Bewegung eben wegen der allge- meinen Betheiligung aller anderen Denominationen und der Ver- miſchung von Laien und Geiſtlichen hinderte, wirkte natürlich in noch höherem Grade in der römiſchen Kirche, die überdies durch die in den iriſchen Verhältniſſen bedingte poſitiv und oft propagan- diſtiſch feindſelige Haltung der erſten Revivals zu um ſo ſchrofferem Gegenſatz gedrängt wurde. Am thätigſten haben die Methodiſten, ſchon um ihrer eigenen Antecedentien willen, dann auch die Baptiſten und Presbyterianer ſich bei dem Revival betheiligt. Die ſchottiſche Freikirche (wenn ich nicht irre, ſpäter auch die presbyterianiſche Staatskirche) hat dasſelbe officiell als ein Werk des Heiligen Geiſtes anerkannt und empfohlen. Jn der That iſt es einer der bedeutungs- vollſten und eigenthümlichſten Züge der Sache, daß ſchwerlich bei irgend einer anderen Gelegenheit, auf irgend einem anderen Gebiete ſich in ſo großem Maaßſtabe zu ſo bedeutender Thätigkeit Vertreter ſo vieler verſchiedener chriſtlicher Gemeinſchaften verbunden haben. Wie man dieſe Erſcheinung auch von dieſem oder jenem Stand- punkte aus beurtheilen möge — überſehen darf man ſie von keiner Seite. Und wenn man nicht überhaupt und unbedingt eine evan- geliſche Allianz verwirft, ſo dürfte gegen dieſe Arbeitsgenoßenſchaft auf dem Felde des Unglaubens und des Abfalls wenig einzuwenden ſein — wenn ſie dabei ſtehen bleibt. So weit, geehrteſter Freund, für diesmal, da ich erſt hören möchte, was Sie über die bisher verhandelten Punkte etwa für Bedenken haben, um ſie bei der Fort- ſetzung zu berückſichtigen, die uns zunächſt zu den Mitteln und dann zu den Wirkungen des Revivals führen würde. Alſo u. ſ. w. 2

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Zitationshilfe: Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_revival_1862/23>, abgerufen am 28.03.2024.