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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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heim. Er war die halbe Welt durchrei-
set, hatte aus allen Orten und Enden
Rezepte und Wundermittel zusammen-
getragen, und besonders, was damals
noch selten war, in den Bergwerken
Kenntniss und Behandlung der Metalle
studirt. Er fing seine Laufbahn damit
an, alles niederzureissen, was bisher
gelehrt worden war, alle hohen Schulen
mit der grössten Verachtung zu behan-
deln, sich als den ersten Philosophen
und Arzt der Welt zu präsentiren, und
heilig zu versichern, das keine Krank-
heit sey, die er nicht heilen, kein Leben,
das er nicht verlängern könnte. Zur
Probe seiner Insolenz und des Tons, in
dem die Charlatans des 15ten Jahrhun-
derts ihr Publicum anredeten, will ich
nur den Anfang seines Hauptwerks an-
führen: "Ihr müsset mir nach, ich nicht
"euch, ihr mir nach, Avicenna, Rhases,
"Galen, Mesue, mir nach und nicht ich
"euch, ihr von Paris, ihr von Montpel-
"lier, ihr von Schwaben, ihr von Meis-
"sen, ihr von Köln, ihr von Wien, und

heim. Er war die halbe Welt durchrei-
ſet, hatte aus allen Orten und Enden
Rezepte und Wundermittel zuſammen-
getragen, und beſonders, was damals
noch ſelten war, in den Bergwerken
Kenntniſs und Behandlung der Metalle
ſtudirt. Er fing ſeine Laufbahn damit
an, alles niederzureiſsen, was bisher
gelehrt worden war, alle hohen Schulen
mit der gröſsten Verachtung zu behan-
deln, ſich als den erſten Philoſophen
und Arzt der Welt zu präſentiren, und
heilig zu verſichern, das keine Krank-
heit ſey, die er nicht heilen, kein Leben,
das er nicht verlängern könnte. Zur
Probe ſeiner Inſolenz und des Tons, in
dem die Charlatans des 15ten Jahrhun-
derts ihr Publicum anredeten, will ich
nur den Anfang ſeines Hauptwerks an-
führen: „Ihr müſſet mir nach, ich nicht
„euch, ihr mir nach, Avicenna, Rhaſes,
„Galen, Meſue, mir nach und nicht ich
„euch, ihr von Paris, ihr von Montpel-
„lier, ihr von Schwaben, ihr von Meiſ-
„ſen, ihr von Köln, ihr von Wien, und

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[15/0043] heim. Er war die halbe Welt durchrei- ſet, hatte aus allen Orten und Enden Rezepte und Wundermittel zuſammen- getragen, und beſonders, was damals noch ſelten war, in den Bergwerken Kenntniſs und Behandlung der Metalle ſtudirt. Er fing ſeine Laufbahn damit an, alles niederzureiſsen, was bisher gelehrt worden war, alle hohen Schulen mit der gröſsten Verachtung zu behan- deln, ſich als den erſten Philoſophen und Arzt der Welt zu präſentiren, und heilig zu verſichern, das keine Krank- heit ſey, die er nicht heilen, kein Leben, das er nicht verlängern könnte. Zur Probe ſeiner Inſolenz und des Tons, in dem die Charlatans des 15ten Jahrhun- derts ihr Publicum anredeten, will ich nur den Anfang ſeines Hauptwerks an- führen: „Ihr müſſet mir nach, ich nicht „euch, ihr mir nach, Avicenna, Rhaſes, „Galen, Meſue, mir nach und nicht ich „euch, ihr von Paris, ihr von Montpel- „lier, ihr von Schwaben, ihr von Meiſ- „ſen, ihr von Köln, ihr von Wien, und

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/43>, abgerufen am 16.04.2024.