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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Wenn man sich alle Planeten in eine Kugel geballt denkt, so hat die Sonne
doch 560 mal mehr Masse und 824 mal mehr Volumen. Ihr Durchmesser be-
trägt 1093/4 Durchmesser der Erde. Da die mittlere Entfernung des Mon-
des von der Erde 51000 Meilen ist, so könnte er seinen Umlauf beinahe
zweimal innerhalb des Sonnenkörpers vollenden.

Obgleich dergleichen numerische Spielereien eben nicht nach meinem
Geschmacke sind, so dienen sie doch oft dazu, eine Sache zu versinn-
lichen. Ich will daher noch anführen, daß eine Kanonenkugel,
welche mit einer Wurfkraft von 1500' in einer Sekunde abge-
schossen wird, von Berlin bis Wien 9 Minuten brauchen würde,
von der Erde bis zum Monde 9 Tage, und bis zur Sonne etwas ü-
ber 9 Jahre.

Wir wissen durch Fernröhre weniger von der Sonne, als vom Mon-
de, nicht wegen der größern Entfernung, sondern wegen der leuch-
tenden Atmoshphäre, welche die Sonne umgibt.

Die merkwürdigste Erscheinung auf der Sonne sind die Sonnenfle-
cken
; man bemerkt sie zuerst an dem östlichen Rande, sieht, wie
sie von Osten nach Westen sich bewegen und nach 13 Tagen ver-
schwinden: Daraus hat man die Rotation der Sonne auf 25,12
Tage berechnet.

Es ist möglich, diese Flecken mit blossen Augen zu sehen. Die äl-
teste Erwähnung derselben findet sich in chinesischen Annalen 321
vor Chr. G. Arabische Schriftsteller bemerken, daß 626 nach dem
Tode Mahomeds die halbe Sonnenscheibe verfinstert worden; sie
nennen diese Erscheinung aber nicht Sonnenflecke, sondern haben
die schwarze Mercurscheibe vor der Sonne zu sehen geglaubt;
dieß wäre aber gar nicht möglich wegen der Kleinheit des
Mercurs, den man überdieß mit blossen Augen nicht zu sehen ver-

Weñ man sich alle Planeten in eine Kugel geballt denkt, so hat die Sonne
doch 560 mal mehr Masse und 824 mal mehr Volumen. Ihr Durchmesser be-
trägt 109¾ Durchmesser der Erde. Da die mittlere Entfernung des Mon-
des von der Erde 51000 Meilen ist, so könnte er seinen Umlauf beinahe
zweimal innerhalb des Sonnenkörpers vollenden.

Obgleich dergleichen numerische Spielereien eben nicht nach meinem
Geschmacke sind, so dienen sie doch oft dazu, eine Sache zu versinn-
lichen. Ich will daher noch anführen, daß eine Kanonenkugel,
welche mit einer Wurfkraft von 1500′ in einer Sekunde abge-
schossen wird, von Berlin bis Wien 9 Minuten brauchen würde,
von der Erde bis zum Monde 9 Tage, und bis zur Sonne etwas ü-
ber 9 Jahre.

Wir wissen durch Fernröhre weniger von der Sonne, als vom Mon-
de, nicht wegen der größern Entfernung, sondern wegen der leuch-
tenden Atmoshphäre, welche die Sonne umgibt.

Die merkwürdigste Erscheinung auf der Sonne sind die Sonnenfle-
cken
; man bemerkt sie zuerst an dem östlichen Rande, sieht, wie
sie von Osten nach Westen sich bewegen und nach 13 Tagen ver-
schwinden: Daraus hat man die Rotation der Sonne auf 25,12
Tage berechnet.

Es ist möglich, diese Flecken mit blossen Augen zu sehen. Die äl-
teste Erwähnung derselben findet sich in chinesischen Annalen 321
vor Chr. G. Arabische Schriftsteller bemerken, daß 626 nach dem
Tode Mahomeds die halbe Soñenscheibe verfinstert worden; sie
nennen diese Erscheinung aber nicht Sonnenflecke, sondern haben
die schwarze Mercurscheibe vor der Sonne zu sehen geglaubt;
dieß wäre aber gar nicht möglich wegen der Kleinheit des
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[146/0150] Weñ man sich alle Planeten in eine Kugel geballt denkt, so hat die Sonne doch 560 mal mehr Masse und 824 mal mehr Volumen. Ihr Durchmesser be- trägt 109¾ Durchmesser der Erde. Da die mittlere Entfernung des Mon- des von der Erde 51000 Meilen ist, so könnte er seinen Umlauf beinahe zweimal innerhalb des Sonnenkörpers vollenden. Obgleich dergleichen numerische Spielereien eben nicht nach meinem Geschmacke sind, so dienen sie doch oft dazu, eine Sache zu versinn- lichen. Ich will daher noch anführen, daß eine Kanonenkugel, welche mit einer Wurfkraft von 1500′ in einer Sekunde abge- schossen wird, von Berlin bis Wien 9 Minuten brauchen würde, von der Erde bis zum Monde 9 Tage, und bis zur Sonne etwas ü- ber 9 Jahre. Wir wissen durch Fernröhre weniger von der Sonne, als vom Mon- de, nicht wegen der größern Entfernung, sondern wegen der leuch- tenden Atmoshphäre, welche die Sonne umgibt. Die merkwürdigste Erscheinung auf der Sonne sind die Sonnenfle- cken; man bemerkt sie zuerst an dem östlichen Rande, sieht, wie sie von Osten nach Westen sich bewegen und nach 13 Tagen ver- schwinden: Daraus hat man die Rotation der Sonne auf 25,12 Tage berechnet. Es ist möglich, diese Flecken mit blossen Augen zu sehen. Die äl- teste Erwähnung derselben findet sich in chinesischen Annalen 321 vor Chr. G. Arabische Schriftsteller bemerken, daß 626 nach dem Tode Mahomeds die halbe Soñenscheibe verfinstert worden; sie nennen diese Erscheinung aber nicht Sonnenflecke, sondern haben die schwarze Mercurscheibe vor der Sonne zu sehen geglaubt; dieß wäre aber gar nicht möglich wegen der Kleinheit des Mercurs, den man überdieß mit blossen Augen nicht zu sehen ver-

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Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/150>, abgerufen am 29.03.2024.