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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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gegeben werde! Denn was will das sagen? Meine
Leidenschaft ist so groß, meine Sinnlichkeit so unbändig,
mein Wille so schwach, mein Glauben und mein katho-
lisches Leben so verlottert, daß wenn die Kirche mir nicht
erlaubt, was selbst die Natur verbietet, will ich von ihren
Gnaden und Sakramenten auch nichts mehr wissen; ich
will ohne Kirche leben und ohne sie in die Ewigkeit hin-
über. Heirathen will ich, alles andere hat für mich keine
Bedeutung. Das ist mehr oder weniger die Sprache der-
jenigen, welche Dispens der hl. Kirche abtrotzen. Handelt
es sich da um das Wohl der Völker, oder ausschließlich
um den Triumph des Fleisches oder den Sieg der Habsucht?

Wenn nun euch die Anwendungen fürs Leben aus
dem Gesagten klar sein sollen, will ich doch die wichtigsten
Punkte noch berühren. Für's erste fanget nie eine Bekannt-
schaft an und duldet keine zwischen Leuten, welche im
zweiten Grade blutsverwandt, oder im ersten Grade ver-
schwägert, oder mit andern Worten, zwischen Geschwister-
kindern und Schwager und Schwägerin. Den Anfängen
nämlich muß man widerstehen, sonst wird das Heilmittel
zu spät bereitet. Das ist die Aufgabe der Eltern wie der
Jugend, wenn ihr nicht erfahren wollet, wie unselig das
Wort: Man muß nur schlecht sein um Dis-
pens zu erhalten
! Aber wenn ihr etwa im dritten
Grade verwandt seid? Auch hier ist noch viele Vorsicht
nothwendig. Wenn nämlich die Natur hier nicht mehr so
traurig sich zu rächen pflegt, ist doch nicht jede Befürchtung
grundlos, wenn vielleicht weniger wegen der Ehe, doch
wegen der Sittlichkeit in den Familien. Was daher thun?
Fraget den Seelsorger um Rath, leget ihm euere Gründe
auseinander, und er wird euch die rechte Antwort geben,
und daran haltet euch. Aber er wird sagen: "Nein!"
Gut! wenn er auch wirklich abrathet, was dann? Erspart
er dir nicht ein Unglück? Wenn er aber einverstanden,

gegeben werde! Denn was will das sagen? Meine
Leidenschaft ist so groß, meine Sinnlichkeit so unbändig,
mein Wille so schwach, mein Glauben und mein katho-
lisches Leben so verlottert, daß wenn die Kirche mir nicht
erlaubt, was selbst die Natur verbietet, will ich von ihren
Gnaden und Sakramenten auch nichts mehr wissen; ich
will ohne Kirche leben und ohne sie in die Ewigkeit hin-
über. Heirathen will ich, alles andere hat für mich keine
Bedeutung. Das ist mehr oder weniger die Sprache der-
jenigen, welche Dispens der hl. Kirche abtrotzen. Handelt
es sich da um das Wohl der Völker, oder ausschließlich
um den Triumph des Fleisches oder den Sieg der Habsucht?

Wenn nun euch die Anwendungen fürs Leben aus
dem Gesagten klar sein sollen, will ich doch die wichtigsten
Punkte noch berühren. Für's erste fanget nie eine Bekannt-
schaft an und duldet keine zwischen Leuten, welche im
zweiten Grade blutsverwandt, oder im ersten Grade ver-
schwägert, oder mit andern Worten, zwischen Geschwister-
kindern und Schwager und Schwägerin. Den Anfängen
nämlich muß man widerstehen, sonst wird das Heilmittel
zu spät bereitet. Das ist die Aufgabe der Eltern wie der
Jugend, wenn ihr nicht erfahren wollet, wie unselig das
Wort: Man muß nur schlecht sein um Dis-
pens zu erhalten
! Aber wenn ihr etwa im dritten
Grade verwandt seid? Auch hier ist noch viele Vorsicht
nothwendig. Wenn nämlich die Natur hier nicht mehr so
traurig sich zu rächen pflegt, ist doch nicht jede Befürchtung
grundlos, wenn vielleicht weniger wegen der Ehe, doch
wegen der Sittlichkeit in den Familien. Was daher thun?
Fraget den Seelsorger um Rath, leget ihm euere Gründe
auseinander, und er wird euch die rechte Antwort geben,
und daran haltet euch. Aber er wird sagen: „Nein!“
Gut! wenn er auch wirklich abrathet, was dann? Erspart
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[144/0156] gegeben werde! Denn was will das sagen? Meine Leidenschaft ist so groß, meine Sinnlichkeit so unbändig, mein Wille so schwach, mein Glauben und mein katho- lisches Leben so verlottert, daß wenn die Kirche mir nicht erlaubt, was selbst die Natur verbietet, will ich von ihren Gnaden und Sakramenten auch nichts mehr wissen; ich will ohne Kirche leben und ohne sie in die Ewigkeit hin- über. Heirathen will ich, alles andere hat für mich keine Bedeutung. Das ist mehr oder weniger die Sprache der- jenigen, welche Dispens der hl. Kirche abtrotzen. Handelt es sich da um das Wohl der Völker, oder ausschließlich um den Triumph des Fleisches oder den Sieg der Habsucht? Wenn nun euch die Anwendungen fürs Leben aus dem Gesagten klar sein sollen, will ich doch die wichtigsten Punkte noch berühren. Für's erste fanget nie eine Bekannt- schaft an und duldet keine zwischen Leuten, welche im zweiten Grade blutsverwandt, oder im ersten Grade ver- schwägert, oder mit andern Worten, zwischen Geschwister- kindern und Schwager und Schwägerin. Den Anfängen nämlich muß man widerstehen, sonst wird das Heilmittel zu spät bereitet. Das ist die Aufgabe der Eltern wie der Jugend, wenn ihr nicht erfahren wollet, wie unselig das Wort: Man muß nur schlecht sein um Dis- pens zu erhalten! Aber wenn ihr etwa im dritten Grade verwandt seid? Auch hier ist noch viele Vorsicht nothwendig. Wenn nämlich die Natur hier nicht mehr so traurig sich zu rächen pflegt, ist doch nicht jede Befürchtung grundlos, wenn vielleicht weniger wegen der Ehe, doch wegen der Sittlichkeit in den Familien. Was daher thun? Fraget den Seelsorger um Rath, leget ihm euere Gründe auseinander, und er wird euch die rechte Antwort geben, und daran haltet euch. Aber er wird sagen: „Nein!“ Gut! wenn er auch wirklich abrathet, was dann? Erspart er dir nicht ein Unglück? Wenn er aber einverstanden,

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/156>, abgerufen am 29.03.2024.