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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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worfen habe.*) Dabei ist noch zu bemerken, daß die
allen Heiden von einer konfessionslosen Bildung und Er-
ziehung nichts wußten - für solche Kindersprüche war
ihr Verstand noch nicht verdunkelt oder verkrüppelt genug
- sie kannten nur den wahren Gott nicht und damit
das Vorbild eines menschenwürdigen Daseins und Lebens.

Damit aber nicht das ganze Menschengeschlecht in
seiner Bildung verwildere, wählte sich Gott das Juden-
volk aus, sich ihm zu offenbaren und den Samen für eine
bessere Zukunft aufzubewahren. Diesem rief er vom Berge
Sinai: "Ihr sollet mir sein ein heilig Volk." Um diesen
Zweck zu erreichen, gab er die Gebote, verhieß den Erlöser,
sandte von Zeit zu Zeit große Propheten. Aber bei all'
diesen Erziehungsmitteln blieben die Juden so sinnlich,
wurden oft so schlecht, so verdorben, so gottlos, daß Gott
der Herr oft die Ruthe gebrauchte. So seufzten die Aus-
erwählten: "Thauet ihr Himmel den Gerechten und die
Erde sprosse den Erlöser."
Den Gerechten selbst kam es
fast unmöglich vor, das Ebenbild Gottes in sich wieder
herzustellen; nur die Hoffnung auf den Erlöser ließ sie
nicht muthlos werden. Diese Hoffnung ist längst erfüllt:
"denn das Wort ist Fleisch geworden, hat unter uns gewohnt
und wir haben seine Herrlichkeit gesehen voll der Gnade
und der Wahrheit, die Herrlichkeit des Eingebornen vom
Vater."

Das ist nun das Vorbild, auf das ihr hinschauen
sollet, wollet ihr nicht bloß Menschen erziehen, welche
nur zu oft Scheusale werden, sondern Christen, welche
das Ebenbild Gottes in sich tragen. Ob dieser wahre
und ewige Sohn Gottes, aus der Jungfrau Menschensohn
geworden, wirklich das Vorbild sei, dürfen wir wahrhaft
keinen Augenblick bezweifeln. Oder warum ist er ein
Kind geworden? Warum ging er mit Maria und Joseph

*) Glaube und Vernunft S. 55.

worfen habe.*) Dabei ist noch zu bemerken, daß die
allen Heiden von einer konfessionslosen Bildung und Er-
ziehung nichts wußten – für solche Kindersprüche war
ihr Verstand noch nicht verdunkelt oder verkrüppelt genug
– sie kannten nur den wahren Gott nicht und damit
das Vorbild eines menschenwürdigen Daseins und Lebens.

Damit aber nicht das ganze Menschengeschlecht in
seiner Bildung verwildere, wählte sich Gott das Juden-
volk aus, sich ihm zu offenbaren und den Samen für eine
bessere Zukunft aufzubewahren. Diesem rief er vom Berge
Sinai: „Ihr sollet mir sein ein heilig Volk.“ Um diesen
Zweck zu erreichen, gab er die Gebote, verhieß den Erlöser,
sandte von Zeit zu Zeit große Propheten. Aber bei all'
diesen Erziehungsmitteln blieben die Juden so sinnlich,
wurden oft so schlecht, so verdorben, so gottlos, daß Gott
der Herr oft die Ruthe gebrauchte. So seufzten die Aus-
erwählten: „Thauet ihr Himmel den Gerechten und die
Erde sprosse den Erlöser.“
Den Gerechten selbst kam es
fast unmöglich vor, das Ebenbild Gottes in sich wieder
herzustellen; nur die Hoffnung auf den Erlöser ließ sie
nicht muthlos werden. Diese Hoffnung ist längst erfüllt:
„denn das Wort ist Fleisch geworden, hat unter uns gewohnt
und wir haben seine Herrlichkeit gesehen voll der Gnade
und der Wahrheit, die Herrlichkeit des Eingebornen vom
Vater.“

Das ist nun das Vorbild, auf das ihr hinschauen
sollet, wollet ihr nicht bloß Menschen erziehen, welche
nur zu oft Scheusale werden, sondern Christen, welche
das Ebenbild Gottes in sich tragen. Ob dieser wahre
und ewige Sohn Gottes, aus der Jungfrau Menschensohn
geworden, wirklich das Vorbild sei, dürfen wir wahrhaft
keinen Augenblick bezweifeln. Oder warum ist er ein
Kind geworden? Warum ging er mit Maria und Joseph

*) Glaube und Vernunft S. 55.
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[179/0191] worfen habe. *) Dabei ist noch zu bemerken, daß die allen Heiden von einer konfessionslosen Bildung und Er- ziehung nichts wußten – für solche Kindersprüche war ihr Verstand noch nicht verdunkelt oder verkrüppelt genug – sie kannten nur den wahren Gott nicht und damit das Vorbild eines menschenwürdigen Daseins und Lebens. Damit aber nicht das ganze Menschengeschlecht in seiner Bildung verwildere, wählte sich Gott das Juden- volk aus, sich ihm zu offenbaren und den Samen für eine bessere Zukunft aufzubewahren. Diesem rief er vom Berge Sinai: „Ihr sollet mir sein ein heilig Volk.“ Um diesen Zweck zu erreichen, gab er die Gebote, verhieß den Erlöser, sandte von Zeit zu Zeit große Propheten. Aber bei all' diesen Erziehungsmitteln blieben die Juden so sinnlich, wurden oft so schlecht, so verdorben, so gottlos, daß Gott der Herr oft die Ruthe gebrauchte. So seufzten die Aus- erwählten: „Thauet ihr Himmel den Gerechten und die Erde sprosse den Erlöser.“ Den Gerechten selbst kam es fast unmöglich vor, das Ebenbild Gottes in sich wieder herzustellen; nur die Hoffnung auf den Erlöser ließ sie nicht muthlos werden. Diese Hoffnung ist längst erfüllt: „denn das Wort ist Fleisch geworden, hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen voll der Gnade und der Wahrheit, die Herrlichkeit des Eingebornen vom Vater.“ Das ist nun das Vorbild, auf das ihr hinschauen sollet, wollet ihr nicht bloß Menschen erziehen, welche nur zu oft Scheusale werden, sondern Christen, welche das Ebenbild Gottes in sich tragen. Ob dieser wahre und ewige Sohn Gottes, aus der Jungfrau Menschensohn geworden, wirklich das Vorbild sei, dürfen wir wahrhaft keinen Augenblick bezweifeln. Oder warum ist er ein Kind geworden? Warum ging er mit Maria und Joseph *) Glaube und Vernunft S. 55.

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/191>, abgerufen am 24.04.2024.