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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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neuen Gefühle der Verehrung und dieses wendet sich
nicht gegen etwas, das man nicht sehen, nicht hören,
nicht greifen kann - sonst wäre das für die Erziehung
wie werthlos - sondern gegen erhabene Personen, welche
die Stelle des Gottmenschen vertreten.

In dieser Zeit, wo die Großen sich selbst erniedrigen
und ihre Sendungen von Oben vergessen, wo so viele
Throne in wenigen Augenblicken einstürzen, um die
meisten ihrer Herren für immer zu begraben, in dieser
Zeit, wo alles wackelt und nichts fest dasteht, wo über Nacht
das mächtigste Reich zusammenstürzen kann - in dieser
Zeit, wo Gemeinheit und Niedertracht vielfach zur vollen
Herrschaft gelangt sind: In dieser Zeit führt die katho-
lische Schule und Erziehung die Jugend hinweg über
diesen traurigen Anblick von Kriegsheeren und Kanonen,
von Ruinen und Trümmern, von Hunger und Elend,
von Schlachten und Gemetzel, führt sie hinweg über
Jammerfiguren des Unglaubens, der Sittenlosigkeit, der
Habsucht, des Eigennutzes - und zeigt ihr dafür eine
hehre Gestalt, einen 80 jährigen Greis: Auch dieser hat
Land und Volk verloren, sucht wie Noa's Taube eine
trockene sichere Stelle und findet sie nicht; aber nur desto
großartiger erhebt sich diese Majestät wie einst Noa's
Arche über die Fluth und wie unsere Alpenfirnen über
ein herbstliches Nebelmeer: Vor dieser Majestät beugt
sich die katholische Welt voll Ehrfurcht - beugt sich selbst
der Ungläubige, der Heide, der Türke, der noch einen
Sinn für das Erhabene und Große in der geistigen
Welt bewahrt hat.

Aber nur wenige haben das Glück, denjenigen zu
sehen, gegen welchen die Pforten der Hölle zur Ohn-
macht verdammt sind - die wenigsten haben das Glück,
am Ostertage oder am Feste der Fürstapostel auf dem
Petersplatze mit 100,000 Menschen zu knieen und in

neuen Gefühle der Verehrung und dieses wendet sich
nicht gegen etwas, das man nicht sehen, nicht hören,
nicht greifen kann – sonst wäre das für die Erziehung
wie werthlos – sondern gegen erhabene Personen, welche
die Stelle des Gottmenschen vertreten.

In dieser Zeit, wo die Großen sich selbst erniedrigen
und ihre Sendungen von Oben vergessen, wo so viele
Throne in wenigen Augenblicken einstürzen, um die
meisten ihrer Herren für immer zu begraben, in dieser
Zeit, wo alles wackelt und nichts fest dasteht, wo über Nacht
das mächtigste Reich zusammenstürzen kann – in dieser
Zeit, wo Gemeinheit und Niedertracht vielfach zur vollen
Herrschaft gelangt sind: In dieser Zeit führt die katho-
lische Schule und Erziehung die Jugend hinweg über
diesen traurigen Anblick von Kriegsheeren und Kanonen,
von Ruinen und Trümmern, von Hunger und Elend,
von Schlachten und Gemetzel, führt sie hinweg über
Jammerfiguren des Unglaubens, der Sittenlosigkeit, der
Habsucht, des Eigennutzes – und zeigt ihr dafür eine
hehre Gestalt, einen 80 jährigen Greis: Auch dieser hat
Land und Volk verloren, sucht wie Noa's Taube eine
trockene sichere Stelle und findet sie nicht; aber nur desto
großartiger erhebt sich diese Majestät wie einst Noa's
Arche über die Fluth und wie unsere Alpenfirnen über
ein herbstliches Nebelmeer: Vor dieser Majestät beugt
sich die katholische Welt voll Ehrfurcht – beugt sich selbst
der Ungläubige, der Heide, der Türke, der noch einen
Sinn für das Erhabene und Große in der geistigen
Welt bewahrt hat.

Aber nur wenige haben das Glück, denjenigen zu
sehen, gegen welchen die Pforten der Hölle zur Ohn-
macht verdammt sind – die wenigsten haben das Glück,
am Ostertage oder am Feste der Fürstapostel auf dem
Petersplatze mit 100,000 Menschen zu knieen und in

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[233/0245] neuen Gefühle der Verehrung und dieses wendet sich nicht gegen etwas, das man nicht sehen, nicht hören, nicht greifen kann – sonst wäre das für die Erziehung wie werthlos – sondern gegen erhabene Personen, welche die Stelle des Gottmenschen vertreten. In dieser Zeit, wo die Großen sich selbst erniedrigen und ihre Sendungen von Oben vergessen, wo so viele Throne in wenigen Augenblicken einstürzen, um die meisten ihrer Herren für immer zu begraben, in dieser Zeit, wo alles wackelt und nichts fest dasteht, wo über Nacht das mächtigste Reich zusammenstürzen kann – in dieser Zeit, wo Gemeinheit und Niedertracht vielfach zur vollen Herrschaft gelangt sind: In dieser Zeit führt die katho- lische Schule und Erziehung die Jugend hinweg über diesen traurigen Anblick von Kriegsheeren und Kanonen, von Ruinen und Trümmern, von Hunger und Elend, von Schlachten und Gemetzel, führt sie hinweg über Jammerfiguren des Unglaubens, der Sittenlosigkeit, der Habsucht, des Eigennutzes – und zeigt ihr dafür eine hehre Gestalt, einen 80 jährigen Greis: Auch dieser hat Land und Volk verloren, sucht wie Noa's Taube eine trockene sichere Stelle und findet sie nicht; aber nur desto großartiger erhebt sich diese Majestät wie einst Noa's Arche über die Fluth und wie unsere Alpenfirnen über ein herbstliches Nebelmeer: Vor dieser Majestät beugt sich die katholische Welt voll Ehrfurcht – beugt sich selbst der Ungläubige, der Heide, der Türke, der noch einen Sinn für das Erhabene und Große in der geistigen Welt bewahrt hat. Aber nur wenige haben das Glück, denjenigen zu sehen, gegen welchen die Pforten der Hölle zur Ohn- macht verdammt sind – die wenigsten haben das Glück, am Ostertage oder am Feste der Fürstapostel auf dem Petersplatze mit 100,000 Menschen zu knieen und in

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/245>, abgerufen am 29.03.2024.